Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 322 Vogelbeck, St. Georg 2. V. 17. Jh.

Beschreibung

Altaraufsatz. Leinwand, bemalt und auf Holz aufgezogen. Darstellung des Letzten Abendmahls, in einem schwarzen Holzrahmen mit goldener Innenleiste. Unten rechts die gemalte Inschrift, durch einen gemalten Rahmen abgegrenzt; eine weitere Zeile ist abgeschnitten oder durch den Rahmen verdeckt. Das Bild und die Inschrift sind restauriert, vor dem Rest des Nachnamens der Frau ist Platz für ein bis zwei weitere, übermalte Buchstaben. U wird durch zwei übergesetzte parallele Schrägstriche gekennzeichnet, I durch einen Punkt. Außerdem finden sich Interpunktionszeichen in der Inschrift.

Maße: H.: 86 cm; B.: 122,5 cm (ohne Rahmen); Bu.: 1,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/2]

  1. CHRISTOFFEL WITTEN VOGET / ZUM BRUNSTEIN, VNT MARGRETA / [. .R]DENS . HABEN DISES ZU GOTS / [– – –]

Übersetzung:

Christoph Witte, Vogt (des Amtes) Brunstein, und Margarethe ..rdens haben dieses (Bild) zur (Ehre) Gottes (gestiftet).

Kommentar

Die Schrift zeichnet sich durch keilförmige Verbreiterungen bzw. serifenartige Sporen an Bogen- und Schaftenden aus; die unteren Balken von E und L sind teilweise leicht schräg. Bemerkenswert ist das G mit unter die Grundlinie gezogener, nach links umgebogener Cauda sowie R mit geschwungener, ebenfalls unter die Grundlinie verlängerter Cauda. Das Z ist einmal (ZU) in der kapitalen Grundform mit drei durchgebogenen Elementen ausgeführt, im anderen Fall (ZUM) mit einem großen, nach links offenen Bogen und einem unteren, durchgebogenen Balken gestaltet. Der linke Schaft des M bei MARGRETA, dessen Mittelteil fast bis auf die Grundlinie reicht, ist rechtsschräg, der rechte senkrecht; beim verschränkten W ist es umgekehrt. Diese beiden Buchstaben, das erste Z und das etwas vergrößerte C in CHRISTOFFEL könnten als leicht hervorgehobene Versalien beabsichtigt sein.

Das Bild hat zwei sehr ähnliche Gegenstücke in der Nähe von Vogelbeck. In St. Jacobi in Einbeck gab es ein Abendmahlsbild, mit dem 1625 ein spätgotisches Retabel übermalt wurde; das Letztere wurde 1957/62 wieder freigelegt, wodurch das Abendmahlsbild zerstört wurde.1) Die noch erhaltene Inschrift auf der Predella weist in der Ausführung eine große Nähe zu der vorliegenden Inschrift auf; dies gilt besonders für R, G, U mit den schrägparallelen Strichen, W und M, wie auch für den Wechsel von V und U. Allerdings sind die serifenartigen Sporen (restaurierungsbedingt?) in Einbeck ausgeprägter. Das andere Gegenstück wurde 1656 durch den Einbecker Dietrich Raven in die Kapelle nach Hollenstedt gestiftet und befindet sich heute in der Kirche von Stöckheim.2) Neben dem ganzen Aufbau fällt als übereinstimmend vor allem die Bein- und Armhaltung der Figuren im Vordergrund auf wie auch die für ältere Abendmahlsbilder untypischen Stulpenstiefel der beiden vorderen Apostel (darunter des Judas). Bei beiden gegenüber dem Einbecker Bild verändert ist die Position des Johannes, der, wie üblich, aber in verschiedenen Haltungen, an Jesu Brust lehnt. Demgegenüber ist der Arm des Johannes in Vogelbeck, wie auch häufig zu beobachten, zum Beutel auf dem Rücken geführt, während er in Einbeck und Hollenstedt zum Lamm auf dem Tisch greift. Die Schrift auf dem Hollenstedter Bild weicht stärker von der auf den beiden anderen Objekten ab, so dass insgesamt eine Entstehung in zeitlicher Nähe zu dem Einbecker Abendmahlsbild von 1625, jedenfalls aber im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts anzunehmen ist.

1689 gab es in Vogelbeck einen Achtelmeier Henning Witten.3)

Anmerkungen

  1. Vgl. DI 42 (Stadt Einbeck), Nr. 153 (mit Abb. 43).
  2. Die Inschriften auf diesem werden zitiert in Nr. 293, Anm. 11. – Leider gehörte von den südniedersächsischen Landkreisen nur der Kreis Osterode zu Oertels Untersuchungsraum, so dass er alle drei Abendmahlsbilder nicht behandelt hat; vgl. Oertel, Abendmahlsbild, S. 260–264. Auch zur möglichen gemeinsamen Vorlage lässt sich nichts sagen, wenn auch das Abendmahlsbild in Meinbrexen von 1588/89 (das wiederum auf einen Stich von Giorgio Ghisi von 1551 zurückgeht) gewisse Parallelen zeigt. Diesem gegenüber liegen aber erhebliche Vereinfachungen vor. Zu Meinbrexen vgl. ebd., S. 235 sowie DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 109.
  3. Vgl. Kopfsteuerbeschreibung, Tl. 7, S. 12.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 322 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0032206.