Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 254 Kalefeld-Weißenwasser, St. Jacobus d. Ä. 1621

Beschreibung

Epitaph für Pastor Joachim Oppermann. Stein. Das dreiteilige Epitaph ist innen an der Nordwand der rechteckigen Apsis angebracht. Links davon ist die Grabplatte für den 1691 verstorbenen Pastor Gerhard Schaper aufgestellt. Die drei Teile werden von weit auskragenden Gesimsen getragen, von denen nur das mehrfach gestufte obere original sein dürfte. Der obere Stein des Aufsatzes zeigt unter einem flachen Rundbogen ein aus stilisierten Wellen aufsteigendes Brustbild Gottvaters, in der Linken eine Weltkugel mit Kreuz haltend, die Rechte segnend erhoben. Auf der mittleren Tafel vor einem schachbrettartigen Rautenmuster kniend die im Relief dargestellte Familie des Verstorbenen unter einem Kruzifix, links der Pastor mit einem Sohn hinter ihm, rechts seine Frau mit einer Tochter vor ihr. In den oberen Ecken der Tafel jeweils ein Puttenkopf. Die erhaben gehauene Inschrift A vor glattem Hintergrund über dem gerauteten Feld, unterbrochen von dem Kruzifix. Die Buchstaben sind zum Teil zerstört, aber als Schatten noch zu erkennen. Auf der unteren Tafel drei erhaben im vertieften Feld gehauene Inschriften. (B) und (C) durch einen Steg getrennt. Nach dem Ende von Inschrift C als Worttrenner ein Quadrangel mit nach rechts und links gerichteten Zierhäkchen; danach, durch einen rahmenartigen Steg abgesetzt, Inschrift D. Die I-Punkte konturiert auf dem Steg.

Maße: H.: 251 cm (gesamt), 68 cm (untere Tafel), 90 cm (Mitteltafel); B.: 100 cm (gesamt), 85,5 cm (Tafeln); Bu.: 5 cm (A), 2,5 cm (B, Fraktur), 3–3,5 cm (B u. C, Kapitalis), 2,5–3 cm (C, Fraktur), 3 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur mit Kapitalis (B, C), schrägliegende Kapitalis (D).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/3]

  1. A

    EGO VIVO ET // VOS V[IV]ETIS1)

  2. B

    Anno . 1621. Jst der Ehrwirdiger achtpar vndt : / wolgelarter . Herr MAGISTER . Jochimmvs . Opper:/man . hildesiensis2) . pastor Alhie do ehr . 33 . Jaher alt wor:/den . 4. Jaher . Jm Ehestande gelebett . vndt Fvnffte:/halba) Jaher Trewlich geprediget am Heiligen Oster:/abendt wahr der . 31. MARTii . Gottseliglich Jm : / Herrn . Entschlaffen Gott vorleihe Jhm eine : / Froligeb) avffersthevng vmb Christi willen

  3. C

    2. TIMOTH. 4. Jch habe einen gvten Kampff gekem:/ffet . Jch Habe den lavff volendet Jch Habe glavbe(n) / gehalten . Hinfort Jst mier Beigelegt die Krone / der gerechtigkeit . welche mier der Herr an : / Jennem Tage der gerechte richter geben : / wirtt .3)

  4. D

    HODIE MICHI CRAS TIBI :4)

Übersetzung:

Ich lebe, und ihr werdet leben. (A) Heute (geschieht es) mir, morgen dir. (D)

Kommentar

An der Kapitalis von Inschrift A ist vor allem das spitzovale O mit Bogenverstärkung bemerkenswert. Das obere Bogenende des G ist über das untere hinaus nach rechts verlängert, I ist mit Punkten versehen. Die 2 ist Z-förmig. Bemerkenswert an der „eckigen“ Fraktur ist das e mit kleinem Bogen, das verschränkte ff, sowie die Versalien G und Z. Der Aufbau, der starke Bogen in der Ausführung der Figuren und die Schrift (I-Punkte, die Merkmale der Fraktur mit Ausnahme des Z) zeigen eine große Nähe zu einem ein Jahr früher entstandenen Epitaph im nahe gelegenen Gandersheim sowie einem weiteren in Adenstedt (Lkr. Hildesheim); dazu siehe Nr. 251.

Joachim Oppermann aus Hildesheim, der zweimal in Helmstedt immatrikuliert wurde (1604 und 1612),5) war seit 1613/14 Konrektor in Helmstedt, seit 1616 amtierte er in Sebexen, bevor er Anfang 1620 ins benachbarte Kalefeld wechselte.6) Es dürfte sich um einen Verwandten des etwas älteren, 1573 geborenen Joachim Oppermann handeln, der, ein Neffe Joachim Brandis’ d. J., 1588 in Helmstedt immatrikuliert und um 1600 Ratsherr in seiner Heimatstadt Hildesheim wurde.7)

Textkritischer Apparat

  1. Fvnffte:/halb] Über v ein Halbbogen als diakritisches Zeichen.
  2. Frolige] o mit übergeschriebenem Kreis.

Anmerkungen

  1. Io. 14,19.
  2. D. h. aus Hildesheim.
  3. 2. Th. 4,7–8.
  4. Vgl. Walther, Proverbia, Bd. II/2, S. 343 (Nr. 11085a). Zajic, Grabdenkmäler, S. 306.
  5. Vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 172, Nr. 119 (18. April 1604); S. 220, Nr. 31 (12. März 1612).
  6. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 363 u. 4.
  7. Vgl. Brandis, Diarium, S. 120, 294, 477, 492 u. ö. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 70, Nr. 1 (22. Mai 1588).

Nachweise

  1. Müller, Kirchen und Kapellen, S. 68.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 254 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0025407.