Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 234 Kalefeld-Weißenwasser, St. Jacobus d. Ä. 1612

Beschreibung

Portal. Stein. Rundbogiges Renaissanceportal an der Südseite mit seitlichen Pilastern; in den Zwickeln die vom Bogen unterbrochene Jahreszahl A. Darüber eine ädikulaartige Bekrönung mit der Bauinschrift B im Gebälk; der von drei Obelisken bekrönte Giebel mit schneckenartigen Voluten über dem Schräggesims. Die erhaben gehauene Inschrift mit Stegen zwischen den Zeilen ist stark verwittert und nur noch teilweise lesbar; weitere Abplatzungen drohen. Eine Ergänzung ermöglichen die um 1900 entstandenen Aufzeichnungen des örtlichen Pastors Heinrich Ludwig Albrecht (amt. 1874–1900), die von Ulfrid Müller für seine Wiedergabe der Inschrift genutzt wurden.1)

Inschrift ergänzt nach Müller.

Maße: H.: 417 cm (gesamt), 36 cm (Inschriftplatte); B.: 178 cm (gesamt), 168 cm (Inschriftplatte); Bu.: 8,5 cm (A), 3,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/2]

  1. A

    16 // 12

  2. B

    HAEC NOUA DE SOLID[O SURGUNT L]AQ[UEARIA S]A[XO] / AD LIQUIDAS FONTI[S C]ANDIDIORIS AQUAS / ERNEST[US FIDEI C]UM DOGMA SALUBRE SONARET / NO[MINA JOA]NNIS QUI SIBI IUNCTA GERIT / D[A PATER OMNIPOT]ENS [S]TABITa) DUM MACHINA M[UNDI] / [PRAESENTI VIGE]ANT [DOGMATA V . C …]b)

Übersetzung:

Diese neue Decke erhebt sich auf festem Gestein, an den fließenden Wassern der weißen Quelle, erbaut als Ernst hier die heilsame Lehre des Glaubens predigte, der zugleich den Namen Johannes führt. Gib, allmächtiger Vater, dass, solange der Weltbau steht, deine Lehren, so wie jetzt, stets erklingen mit Macht. (A)

Versmaß: Elegische Distichen, mit Chronogramm (1612) im letzten Pentameter.

Kommentar

Die mit einem breiten, wulstartigen Strich gehauene Inschrift B fällt in den erhaltenen Teilen durch die konsequente U-Schreibung und teils ungewöhnliche Ligaturen mit dem Buchstaben A auf; die Cauda des Q beginnt im Inneren des Buchstabens. In der dritten und vierten Zeile sind die Wortabstände vergrößert. Die 2 der Jahreszahl (A) ist Z-förmig.

Die heutige Friedhofskirche war die Kirche des um 1400 wüstgefallenen Dorfes Weißenwasser, blieb aber erhalten, weil sie bis in das späte 17. Jahrhundert als Hauptkirche Kalefelds diente, das bis zum Neubau von 1872 nur ein kleineres, aus einer Kapelle hervorgegangenes Gotteshaus besaß.2) In das im Kern hochmittelalterliche Kirchenschiff wurde 1587 das große, zweigeteilte Südfenster (A1 1587) und 1612 das Portal eingefügt; der Turm (1490) und die rechteckige Apsis sind spätmittelalterlich.3) Der aus Osterode stammende Ernst Johansen, der dort zunächst als Schulmeister wirkte, war von 1598 bis 1620 Pastor in Kalefeld.4) Er kommt in erster Linie als Verfasser der Inschrift infrage.

Textkritischer Apparat

  1. [S]TABIT] SATBIT Müller.
  2. Die Ergänzung endet bei Müller mit drei Punkten.

Anmerkungen

  1. Vgl. Müller, Kirchen und Kapellen, S. 67.
  2. Vgl. ebd., S. 39f.
  3. Vgl. ebd., S. 61–66.
  4. Vgl. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 4.

Nachweise

  1. Müller, Kirchen und Kapellen, S. 67.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 234 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0023403.