Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 214† Northeim, St. Sixti 1604

Beschreibung

Grabplatte (grabstein) für Georg (Jürgen) von Gladebeck. Das Grabdenkmal wies neben der kurzen Sterbenachricht A jeweils achtteilige Ahnenproben des Verstorbenen und seiner Frau mit den Beischriften B auf. Die Wappenbeschreibungen nach den (stark vereinfachten) Zeichnungen des Verfassers der „Grabschriften“. In den im Zuge der Renovierung von 1845/46 erstellten Aufzeichnungen des Senators Friese über das Kircheninnere wird die Grabplatte nicht mehr erwähnt; sie war zu diesem Zeitpunkt also bereits entfernt, umgedreht oder abgetreten.

Inschrift und Wappen nach Grabschriften.

  1. A

    A(nno) D(omini) 1604 den · 16 · Febr(uarii) starf der Edel und Ehrenuest Jürgen von Gladenbekh

  2. B
    Gladenbekh  Wense 
    Kniested  v(on) Löuinckh 
    Mengersen  Altena) 
    Mandeslo  Frese 
    Hardenberg  Brandt 
    Die v(on) Rumschottel  Die von der Borch 
    Oynhusen  Staffhorst 
    Die von S[alza]  Klenkhe 
Wappen:
Gladebeck1)Von der Wense9)
Kniestedt2)Lieth10)
Mengersen3)Assel11)
Mandelsloh4)Frese12)
Hardenberg5)Brandt13)
Rumschotel6)Borch14)
Oeynhausen7)Staffhorst15)
Salza8)Klencke16)

Kommentar

Laut der von Oeynhausen erstellten Genealogie des Georg von Gladebeck war dieser verheiratet mit Maria von der Wense, deren Abstammung die heraldisch linke Seite des Grabdenkmals zeigte. Demzufolge war Georg von Gladebecks Vater Hermann verheiratet mit Anna von Kniestedt, der Großvater Hans mit Agnes von Mengersen, deren Mutter eine geborene von Oeynhausen war. Der gleichnamige Vater des Hans von Gladebeck war mit einer geborenen von Hardenberg verbunden. Die Eltern der Anna von Kniestedt waren Arnd von Kniestedt (gest. 1553) und Anna von Assel17) – Oeynhausen zufolge liegt bei den Wappen eine Vertauschung von Mandelsloh und Assel vor. Ihre Großväter, Heinrich von Kniestedt und Giso von Assel, waren mit Angehörigen der Familie von Rumschotel bzw. der Familie von Salza verheiratet.18)

In der Genealogie der Maria von der Wense, Tochter des Celler Großvogtes Georg (Jürgen) von der Wense (1496–1572) und der Magdalena von der Lieth (gest. 1589),19) stehen die weiteren Wappen für die Großeltern Lucia von Mandelsloh (Tochter von Agnes Klencke und Bartold von Mandelsloh), verheiratet mit Heinrich von der Wense (dessen Mutter eine von Brandt war), Gertrud Frese (Tochter von Wilken Frese und Anna von Staffhorst), verheiratet mit Lüder/Ludolf von der Lieth, dessen Mutter eine von Borch war.20)

Georg von Gladebeck aus Harste21) war Gläubiger der Herzöge Erich II. und Julius sowie mehrerer Adeliger.22) Als herzoglicher Gläubiger war er zeitweise Pfandinhaber des Amtes Moringen,23) des Klosters Wülfinghausen (Ostern 1574–1582),24) der Großvogtei Calenberg (1582–1586)25) und des Amtes Greene (1584–1589?)26) sowie, laut Letzner, auch der Erichsburg.27) In den 1590er Jahren war er an dem Konflikt von Teilen des Adels mit Herzog Heinrich Julius beteiligt, unterwarf sich jedoch bis 1601.28) Georg von Gladebeck hatte aus seiner ersten Ehe mit Maria von der Wense drei Töchter: die jung verstorbene Anna, sodann Magdalena, die Caspar von Alten heiratete, und schließlich die mit Sievert von Steinberg d. J. verheiratete Johanna (gestorben 1634), die seine Allodialerbin wurde.29) Die zweite Ehe mit Margarethe, einer Tochter Platos von Hevensen, blieb kinderlos.30)

Textkritischer Apparat

  1. Alten] Vermutlich liegt hier eine Verlesung aus Assel vor. Vgl. dazu Anm. 11.

Anmerkungen

  1. Wappen Gladebeck (geteilt, oben Löwe, unten Wellenbalken); der Löwe wird von dem Verfasser der Grabschriften regelmäßig durch einen längeren waagerechten und zwei senkrechte Striche wiedergegeben. Zum Wappen vgl. Meyermann, Göttinger Hausmarken, Nr. 167 u. 168.
  2. Wappen Kniestedt (Herzschild, umlaufend besteckt). Eigentlich ist der Herzschild mit Kleeblättern besteckt. Vgl. das Wappen oben links (heraldisch rechts) auf der Grabplatte des Arnd von Kniestedt in der früheren Kirche von Kniestedt (Stadt Salzgitter); de.wikipedia.org/wiki/Kniestedter_Kirche (15.10.2015; mit Abb.).
  3. Wappen Mengersen (Flug, dazwischen ein Ring). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 88; Bd. 2, Tafel 212.
  4. Wappen Mandelsloh (umwundenes Jagdhorn). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 253 u. Tafel 303.
  5. Wappen Hardenberg (Eberkopf). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 8 u. Tafel 9.
  6. Wappen Rumschotel (geflügelter Löwe). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 108; Bd. 2, Tafel 270.
  7. Wappen Oeynhausen (viersprossige Leiter). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 13 u. Tafel 15.
  8. Wappen Salza (zwei gestürzte Angelhaken); Wappenbeschreibung Oeynhausen, mit Abzeichnung aus Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 128v. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 344 u. Tafel 397; dort: quadriert, 1. u. 4. Lilie, 2. u. 3. zwei abgewendete aufgerichtete Angelhaken.
  9. Wappen von der Wense (Balken mit Weinrebe belegt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 17 u. Tafel 19.
  10. Wappen Lieth (Kranich mit ausgebreiteten Flügeln); Wappenbeschreibung Oeynhausen nach der Zeichnung in Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 128v. Eigentlich mit Stein in der rechten Klaue; vgl. vonderlieth-online.de (18.02.2015). Die von der überlieferten Beischrift abweichende Identifizierung des Wappens ergibt sich aus der von Oeynhausen aufgestellten Genealogie; vgl. den Kommentar.
  11. Wappen Assel (gestümmelter Ast, aus dem drei Blätter nach oben wachsen); Abzeichnung und Identifizierung bei Oeynhausen. Vgl. das Wappen unten rechts auf der Grabplatte des 1611 gestorbenen Arnd von Kniestedt in der Kniestedter Kirche; wie Anm. 2. Bei Spießen findet sich das Wappen Asseln IV (Rosenzweig mit drei Blüten 2:1); Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 5 u. Tafel 13.
  12. Wappen Frese (Helm mit drei Kugeln und drei Straußenfedern). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 56, Tafel 131.
  13. Wappen Brandt (drei senkrecht gestellte, gestümmelte Äste, nach oben brennend); über dem Wappen steht: brändtf(euer). Abzeichnung auch bei Oeynhausen, Grabinschriften. Es gibt eine sächsisch-thüringische Familie von Brandt, deren Wappen leicht abweicht: schrägliegender, an den drei stumpf abgehauenen Ästen (oben zwei, unten einer) brennender Stamm; vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 25f. u. Tafel 16; vgl. auch Bd. 2, Abt. 3, S. 22 u. Tafel 22.
  14. Wappen Borch (Pfähle); Wappenbeschreibung bei Oeynhausen nach der Zeichnung in Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 128v. Die Familie von der Borch (IV) aus der Grafschaft Mark in Westfalen führte fünf Pfähle im Wappen; vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 18, Tafel 42.
  15. Wappen Staffhorst (Balken mit drei Kleeblättern besetzt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 21 u. Tafel 23.
  16. Wappen Klencke (Kammrad). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 6, Tafel 4.
  17. Vgl. die Grabplatte des Arnd von Kniestedt in der früheren Kirche von Kniestedt (Stadt Salzgitter), mit den Wappen von Assel (unten links) und Rumschotel (unten rechts); wie Anm. 2.
  18. Oeynhausen, Grabinschriften, Bl. 4v. Vgl. Letzner, Hardessische Chronik, fol. 33v, 34v und den Stammbaum fol. 41. Oeynhausen verweist auf Letzner als eine Quelle seiner Informationen, ohne aber das Werk zu nennen.
  19. Ihre Grabplatten, ursprünglich in der Kirche St. Martin in Dorfmark, sind heute an der Kapelle von Osterheide (Heidekreis) angebracht.
  20. Oeynhausen, Grabinschriften, Bl. 4v. Vgl. The Pedigree of Franz Otto von der Wense (Bruder der Maria von der Wense); fabpedigree.com/s030/f484433.htm (18.02.2015).
  21. Zur Familie von Gladebeck und ihrem Sitz in Harste (Gladebeck war an die Edelherren von Plesse, später an die Herzöge von Braunschweig gefallen), vgl. Letzner, Hardessische Chronik, fol. 30v–35r.
  22. Vgl. z. B. HStAH Hann. 27 Hildesheim, Nr. 37/1 (zit. nach Findbuch).
  23. UB Wülfinghausen, Bd. 2, Nr. 754: Im Dezember 1573 verspricht Georg von Gladebeck, zu Ostern 1574 die bisherige Pfandsumme, für die er Moringen innehatte, auf 15.000 Taler aufzustocken, wofür er das Kloster Wülfinghausen erhalten soll.
  24. Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 3, S. 1571f. u. 1576 (U. Hager). Die Daten sind zu korrigieren nach UB Wülfinghausen, Bd. 2, Nr. 754, 757, 758, 765, 766, 769, 771. Unvollständig sind die Angaben bei Lücke, Gladebeck, S. 9.
  25. UB Wülfinghausen, Bd. 2, Nr. 778 (1582). Samse, Zentralverwaltung, S. 35, 41 u. 270. StAW 2 Alt Nr. 17161 (1585/86, zit. nach Findbuch).
  26. HStAH Cal. Or. 3, Nr. 131 (1584); Cal. Or. 3, Nr. 134 (Rückzahlung der Pfandsumme 1589); beide zit. nach Findbuch.
  27. Letzner, Hardessische Chronik, fol. 34v–35r.
  28. StAW 101 Alt, Nr. 883 (1598/1601); vgl. 1 Alt 30, Nr. 453 (1597/98): Verzeichnis der Güter des Georg von Gladebeck zu Harste, seiner Einnahmen und Ausgaben, und der Verkauf seiner Ernte durch den Amtmann zu Harste und den Oberamtmann des Landes Göttingen, Heinrich Wissel. Beide zit. nach Findbuch.
  29. Vgl. HStAH Hann. 27 Hildesheim, Nr. 412; Hann. 27 Hildesheim, Nr. 1513/1–2 (zit. nach Findbuch). Zu Sievert von Steinberg siehe Behrens, Steinberg, S. 63 (Nr. 156). Vgl. Nr. 220.
  30. Letzner, Hardessische Chronik, fol. 35r.

Nachweise

  1. Grabschriften (GWLB MS VIII, 648), Bl. 128v.
  2. Oeynhausen, Grabinschriften, Bl. 4 (nach Grabschriften).

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 214† (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0021409.