Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 154 Northeim, St.-Blasius-Kapelle 1578

Beschreibung

Grabplatte für Philipp Rumann. Stein. Angebracht an der Südwand der als Sakristei der früheren Stiftskirche gebauten Kapelle, rechts neben der Grabplatte der zwei Monate später verstorbenen Ehefrau (Nr. 155). Umlaufend um die hochrechteckige Platte Inschrift A. Im Mittelfeld unter einem Fries mit renaissancetypischen Drolerien (in der Mitte ein Kopf, daneben Früchte) Inschrift B mit blattartigen Zeilenfüllern. Darunter ausgeschmückte Voluten und im unteren Drittel zwei Vollwappen. Die Wappen und Schmuckformen im Relief, die Inschriften erhaben in vertiefter Zeile. Die bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht erwähnte Platte wurde vermutlich bei Baumaßnahmen auf dem Gelände des ehemaligen Blasius-Klosters (möglicherweise im Kreuzgang) aufgefunden und am heutigen Platz aufgestellt.

Maße: H.: 151 cm; B.: 85,5 cm; Bu.: 6,5 cm (A), 6 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A), schrägliegende Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/1]

  1. A

    ANNO · 1578 · MENS(E) /a) IANUARY 20 · DIE FABI(ANI) SEBAS(TIANI) · H(ONORABILIS) · VIR / PHILIPS · RVMAN · AD / COELESTEM · PATRIAM · REVOCATVS ·

  2. B

    QVI · CREDIDERIT / ET · BABTISATVS · / FVERIT · SALVVS / ERIT · MARCI · C · 161)

Übersetzung:

Im Jahr 1578 am 20. Januar, am Fabians-Sebastianstag, ist der ehrenwerte Mann Philipp Rumann in das himmlische Vaterland abgerufen worden. (A) Wer glaubt und getauft wurde, der wird gerettet sein. Markus, Kapitel 16. (B)

Wappen:
Rumann2)Winkelmann3)

Kommentar

Die konische Verbreiterung der Schaft-, Balken- und Bogenenden ist bei der schrägliegenden Kapitalis von (B) deutlicher ausgeprägt als in Inschrift A. Alle N sind retrograd, der Mittelteil des konischen M endet über der Mittellinie. Die Schrifteigentümlichkeiten zeigen wie die ganze Gestaltung der Platte, dass diese zusammen mit der daneben angebrachten Platte für die Ehefrau aus der Familie Winkelmann angefertigt wurde; vgl. Nr. 155.

Die auch nach der Reformation noch häufig anzutreffende Datumsangabe nach dem Heiligenkalender ist vor allem in Northeim mehrfach belegt (Nr. 155, 187, 310). Sie beruht auf der Umdeutung der Heiligen als Vorbilder und Beispiele des Glaubens durch Flacius Illyricus u. a.; die Kenntnis ihrer Tage wird in protestantischen Gebieten durch Kalender erhalten. Luther und Melanchthon gaben zudem mit ihrer Datierung von Briefen ein Vorbild.4)

Philipp Rumann besaß laut dem Pfahlzinsregister von 1564 ein Haus in der Breiten Straße.5)

Textkritischer Apparat

  1. In den vier Ecken der Platte sind erhabene Schrägbalken ausgehauen.

Anmerkungen

  1. Mc. 16,16.
  2. Wappen Rumann (aus Gebüsch hervorspringender Hirsch). Vgl. Rumann, Familienwappen, S. 121.
  3. Wappen Winkelmann (drei Vögel, 2:1). Zur Identifikation vgl. Nr. 155.
  4. Vgl. Koch, Wittenberger Reformation, bes. S. 74f. (mit älterer Literatur). Jäger, Heiligenlegenden als Exempel, bes. S. 211–213 u. 216f.
  5. Vgl. Hueg, Pfahlzinsregister, S. 89 (Lips Ruhmann).

Nachweise

  1. Rumann, Familienwappen, S. 125 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 154 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0015401.