Inschriftenkatalog: Landkreis Northeim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 96: Lkr. Northeim (2016)

Nr. 112 Ahlshausen, St. Blasius 1. D. 16. Jh., 1660

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Der stufenartig ansteigende Sechspassfuß mit Standring verjüngt sich steil ansteigend zum sechsseitigen Schaft. Am Nodus mit eingraviertem, teilweise abgearbeitetem spätgotischen Muster auf den Laschen die auf die sechs Rotuli verteilte, teilweise überarbeitete Inschrift A, glatt vor grob vertieftem, ehemals mit blauem Schmelz ausgefüllten Hintergrund. Am sechsseitigen Schaftstück über dem Nodus die konturierte Inschrift B. Die Kuppa wird getragen von einem Kelchkorb mit floralem Muster. Auf dem Fuß auf zweieinhalb Laschen die gravierte, teilweise konturierte Inschrift C. Auf dem Standring ein Northeimer Beschauzeichen mit der Stadtmarke (S1) und ein Meisterzeichen (M8).1) Unter dem Fuß zwischen zwei im Halbrund gezogenen Linien die über zwei Laschen verlaufende, eingeritzte Inschrift D. Fuß, Kuppa und vermutlich auch die Schaftstücke wurden bei der inschriftlich bezeugten Stiftung im Jahr 1660 angefertigt.

Maße: H.: 26,5–27,2 cm; Dm.: 17,3–17,6 cm (Fuß), 14,3–14,8 cm (Kuppa); Bu.: 0,8 cm (A), 0,6 cm (B), 0,4 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Kapitalis mit Versal (B), Kapitalis mit Minuskeln bzw. Kursive (C, D).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Lara-Sophie Räuschel) [1/4]

  1. A

    I E H S U S

  2. B

    A/NNO / 1/6/6/0

  3. C

    DIESER / KELCH . IST / DER KIRCHEN IN / ALSHAUSEN // HERMANNUS / BRAUNS Super/Intendens

  4. D

    DIESeR KelCH WiegEt Miht DeR PATTEN 61 lot

Kommentar

Die Kapitalis-Buchstaben der Inschrift A weisen keilförmig verbreiterte Schaft-, Balken- und Bogenenden auf. Bei der Überarbeitung des Nodus im Jahr 1660, bei der H und E vertauscht wurden, entstand auch die heutige Form des U mit einem (leicht gebrochenen) Verbindungsbogen. Es entspricht in der Grundform dem U in Inschrift C.

Der Kelch wurde erneuert von dem Northeimer Goldschmied Johann (Hans) Grote (gest. vor Juli 1681),2) der 1662 auch den Kelch Nr. 107 für Elvershausen reparierte. Ebenfalls im Jahr 1660 fertigte Grote für Sülbeck einen Kelch an, bei dem Fuß und Kuppa (mit ähnlichem Kelchkorb!) weitgehend übereinstimmen.3) Bemerkenswert ist, dass der Goldschmied auch bei diesem Kelch einen vorhandenen spätgotischen Nodus komplett überarbeitete und dabei das Maßwerk auf den Laschen wegpolierte; die Buchstaben auf den Rotuli wurden mit schmalem Strich neu geschaffen (U dort mit Verbindungsbogen und unten rechts angesetztem Dreieck) und mit blauem Schmelz ausgelegt. Die Inschrift lautet wie auf dem vorliegenden Kelch durch Vertauschung zweier Buchstaben I E H S U S.

Hermann Brauns war von 1648 bis 1674 Superintendent in Ahlshausen.4)

Anmerkungen

  1. Meisterzeichen HG (M8) für Johann (Hans) Grote; ebenso auf dem Kelch in Sülbeck von 1660; vgl. Anm. 3. Zu Grote vgl. Scheffler, Goldschmiede, S. 977. Scheffler ordnet die Marke (nach Kdm. Kreis Gandersheim, Tafel XXI, Nr. 10) einem Meister „H S“ zu, erwägt aber auch die Lesung „H G“; ebd., S. 980.
  2. Scheffler, Goldschmiede, Bd. 2, S. 977.
  3. Der in der Kirche in Sülbeck vorhandene Kelch trägt auf einer Lasche des Fußes die Stifterinschrift Diesen . Kelch · hat / Der Anno 1660 · Im / Julio . Durch . Gottes : / Reiche . Gnade . bey : Sülbeck / Eröffneten Brunn · / GeGeben · . Unterhalb des Trinkrandes steht: MARCI . AM . XIV . Uersic(ulus) . 23 . UND . SIE . TRUNCKEN . ALLE : DARAVS : · (Mk. 14,23, Schluss).
  4. Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 1, S. 9.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 9f.

Zitierhinweis:
DI 96, Lkr. Northeim, Nr. 112 (Jörg H. Lampe, Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di096g017k0011207.