Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 591 Bietigheim (Stadt Bietigheim-Bissingen), ev. Stadtkirche U. L. Frauen 1619

Beschreibung

Grabdenkmal des Johann Leonhard Breitschwerdt und seiner beiden Frauen, Barbara geborene Kachel und Barbara geborene Schneider. Jetzt an der Ostwand im Chor; zu einer Art „Altar“ mit Retabel umgearbeitet; die Konsolzone des ehemals (1794) an der Chornordwand hängenden Denkmals jetzt abgetrennt und wie ein „Antependium“ einem steinernen Altar-Stipes vorgeblendet; bis zur letzten Renovierung 1972/74 an der Südwand des Chores oberhalb der Kanzeltreppe. Ursprünglich vierteiliges Wanddenkmal aus gelbgrauem Sandstein; als Bekrönung querovale Kartusche mit Relief des Weltgerichts, wohl ehemals flankiert von zwei Wappen, die verloren sind; in der Gebälkzone, durch Hermen-Pilaster gerahmt, die Reliefs der Aufrichtung der ehernen Schlange und des Jona mit dem Walfisch; im Hauptfeld zwei Muschelnischen mit den knienden Figuren der Verstorbenen unter dem Kruzifix; äußere Rahmung Hermen-Pilaster; die Konsole ist ebenfalls zweigeteilt in die Inschrift-Medaillons A1 und A2 mit Putti als Wappenhaltern und einem geflügelten Engelskopf als Träger. Schrift schwarz gefaßt, vorgeritzte Hilfslinien.

Maße: H. 277 (gesamt), B. 128, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A1

    Anno 1619 / den 4. Martij starb / der Ehrnuöst vnd Hoch / Achbar Herr Johan(n) / Lienhardt Braitschwe/rt, gewesner G(eistlicher) V(er)waltter / zu Bietigheim /

  2. A2

    Anno 1608 den / 20 Appr(ilis) starb die Tu= / ge(n)tsam Fraw Barbara H(errn) / Johan(n) Lienhart Braitschw(e)rt / erste Haußfraw seelig gebor(n)e / Kachlerin denen Gott ein / Fröliche vfferstehung v(er)/leihen wölle Amen /

Kommentar

Die Grabschrift erwähnt nur die erste Gemahlin Barbara Kachel (gest. 1608), deren Grabstein ebenfalls erhalten ist.1 Die zweite Gemahlin – hier neben der ersten kniend dargestellt – starb 1635; beide blieben kinderlos. Deshalb sah sich Johann Leonhard veranlaßt, 1596 ein Testament zu errichten, das über seinen umfangreichen Besitz Auskunft gibt.2 Er war ein Sohn des Herrenalber Pflegers zu Merklingen, Leonhard Breitschwerdt (gest. 1593), und der Lucia Dreher (gest. 1574), Tochter des Leonberger Vogtes Johann Dreher.3 Auch über seine Schwester Anna, verheiratet seit 1575 mit dem Leonberger Stadtschreiber Jacob Korn, bestanden enge Beziehungen zu Leonberg. So ist nicht verwunderlich, daß Johann Leonhard sein Grabdenkmal wohl noch zu Lebzeiten in der Leonberger Werkstatt des Jeremias Schwarz in Auftrag gab, welche bereits die Grabmäler seiner Eltern angefertigt hatte.4 Sein Grabmal variiert den Entwurf des Denkmals für Jakob Korn (gest. 1610) und Anna Breitschwerdts (gest. 1618) in Leonberg5; Komposition und Ikonographie stimmen überein. Doch geht aus der Ausführung von Dekor und Schrift hervor, daß mindestens ein Jahrzehnt zwischen beiden Denkmälern liegt und jüngere Kräfte in der Werkstatt zum Zuge kamen.

Anmerkungen

  1. Vgl. nr. 527; dort Todestag 19. April.
  2. Stadtarchiv Bietigheim; siehe auch E. L. Keller, Stuttgart WürttLB Cod. hist. F 724 pag. 35ff.
  3. Die Breitschwerdt stammten ursprünglich aus der Pforzheimer Ehrbarkeit; vgl. K. Ehmann, in: SüdwestdtBllFamilien- und Wappenkunde 14 (1973/74) 140–142. Nach ihrer Verbindung mit dem Leonberger und Stuttgarter Patriziat nahmen sie auch im Herzogtum Württemberg hohe Beamtenstellen ein; vgl. dazu Pfeilsticker, Registerband, ferner Bernhardt I 190.
  4. Beide in Merklingen (Stadt Weil der Stadt, Lkr. Böblingen); siehe auch oben Einleitung S. XXXIX, wo die Zuweisung dieser Werke aus der Frühzeit des Jeremias Schwarz an Leonhard Baumhauer von Tübingen revidiert wird.
  5. Die Zuschreibung dieses Denkmals an Jeremias Schwarz schon bei Fleischhauer, Renaissance 1971, 359.

Nachweise

  1. E. L. Keller (1794)(wie Anm. 2) p. 34.
  2. Roemer, in: BllWürttFamilienkunde 3 (1928) 28 nr. 1 (Wortlaut ungenau wiedergegeben).

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 591 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0059101.