Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 590 Vahingen a. d. Enz, Oberamteigasse 1618

Beschreibung

Gedenkinschrift auf den Stadtbrand vom 1. November 1617. Am ehemaligen Städtischen Werkhaus, an der Straßenseite. Hochrechteckige Platte aus gelbem Sandstein; im Mittelfeld Inschrift (A) und das Stadtwappen in Hochrelief, zusammengefaßt durch Rahmung aus Roll- und Beschlagwerk; außen breiter Rand mit Umschrift (B). Ehemals unterhalb des Wappens Stz. nr. 59.1 Oberfläche durch Verwitterung angegriffen, vor allem im unteren Drittel (Buchstabenverlust); Reste farbiger Fassung.

Maße: H. 152, B. 101, Bu. 3 (A) und 4 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

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  2. B

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Wappen:
Stadt Vaihingen (neuere Form).

Kommentar

Die sehr ausführlich gehaltene Inschrift steht in der Tradition der seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts häufigen, meist wortreichen Gedenk- und Bauinschriften an herrschaftlichen oder städtischen Gebäuden.2 Sie beschreibt den beim ersten großen Stadtbrand des 17. Jahrhunderts entstandenen Schaden.3 Da der zweite große Stadtbrand vom 9. Oktober mit keinem Wort erwähnt wird, ist die Entstehung der Tafel vor diesem Datum anzusetzen, also etwa in der ersten Hälfte des Jahres 1618, in der der Wiederaufbau einsetzte. Nach Aussage der Tafel war nicht nur die Vaihinger Bürgerschaft durch den Verlust von 61 Häusern mit den dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden hart betroffen, sondern auch die württembergische Herrschaft durch die Zerstörung der Kellerei, zweier Kelterhäuser mit acht Kelterbäumen und der Fruchtkästen, darunter auch der des Klosters Herrenalb in der Marktstraße.4

Die Form des Stadtwappens, die bis heute gültig ist, geht auf die Wappenverleihung zurück, die anläßlich des Augsburger Reichstages 1530 erfolgte.5 Seitdem führt die Stadt unter einer liegenden Hirschstange einen auf einem Vierberg stehenden, gekrönten Löwen, der aus dem Wappen der Stadtgründer, der Grafen von Vaihingen, übernommen war.

Die Schrift ist uneinheitlich. Vereinzelt sind Buchstaben kursiven Charakters verwendet (A, D, O, Z); für A kommen mindestens vier verschiedene Formen vor. Das Schriftbild wirkt sehr dicht durch eng aneinander gerückte Wortstellung und wenig Zeilenabstand.

Textkritischer Apparat

  1. Auflösung „NOVEMBRIS“ in latinisierender Form wäre auch möglich.
  2. Die Ziffer 9 ist liegend wiedergegeben; ganz allgemein ist auffällig, daß die Schreibung der Zahlen willkürlich zwischen Ziffern und Ausschreibung der Zahlwörter wechselt.
  3. So für FRUCHT.
  4. So für „LIEF“.
  5. Bei der Umschrift (B) sind die Vers-Endungen durch Zeichen markiert, die an Paragraphenpunkte erinnern; diese werden hier als solche wiedergegeben.
  6. So für „GEMÜT“.
  7. Münzeinheit, entspricht dem Viertel eines Kreuzers; vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch VII Sp. 1352.

Anmerkungen

  1. Klemm, WürttBaumeister 1882, 190 nr. 532. – Heute nicht mehr sichtbar.
  2. Vgl. DI. XX (Karlsruhe) nrr. 207 (1554), 253 (1571), 262 (1574) u. ö.
  3. Zu dieser Katastrophe ausführlich Andreae, Memorialia 253ff.; Feil 79ff.
  4. Die Umfassungswände blieben erhalten; daran die Bauzahlen 1610 und 1760, sowie das Monogramm H. A. (= Herrenalb) mit dem Klosterwappen; vgl. Feil 236.
  5. Vgl. Feil 60f. – Zur alten Form des Wappens s. o. nr. 48 (1493); neue Form nr. 544.

Nachweise

  1. Klemm, Erinnerungen 1871, Nr. 47, S. 185ff.
  2. Klemm, in: Bes. lit. Beilage zum Staatsanzeiger für Württ. 1875, 59.
  3. Feil, 80f.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 590 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0059002.