Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 489 Hemmingen, ev. Pfarrkirche St. Laurentius (1582 und) 1600

Beschreibung

Bauinschriften der Portalvorhalle auf der Südseite des Langhauses. Material gelbgrauer Sandstein.

I. Querrechteckige Schrifttafel über dem Eingang. Inschrift in zwei Blöcken nebeneinander, zwei Wappen.

Maße: H. ca. 40, B. ca. 60, Bu. ca. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. FIRDERICH VO(N) / KVNIGVND VO(N) / 
    NIPPENBVRG / NIPPENBVRG GE / 
    DES FVRSTE(N)TVMS / BORNE GOLERIN / 
    WIRTEMBERG / VO(N) RABENSPVRG / 
    ERBSCHENCK / 1 · 5 · 8 · 2 · / 
Wappen:
Nippenburg (geviert); Göler von Ravensburg

II. Inschrift auf der Archivolte der rundbogigen Portalrahmung.

Maße: Bu. 2,7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. PSALMO / ICH WIL LIEBER DER THVR HVETEN IN MEINES GOTTES HAVSE // DENN LANGE WOHNEN IN DER GOTTLOSEN HVTTEN / LXXXIII /1)

III. Inschrift im Giebelfeld an der Stirnseite der Vorhalle.

Maße: H. ca. 100, B. ca. 120, Bu. ca. 2,7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. WILHELMVS / AB NIPPENBVRG / POSV/IT · / 1600 · / EPHES · II ·2) / IER SEYT BVRGER MIT DEN / HEYLIGEN VND GOTTES / HAVS GENOSSEN ERBAVWET AVFF DEN / GRVNDT DER APOSTELN VND PROPHETEN / DA IESVS CHRISTVS DER ECKSTEIN IST · /

IV. Inschrift in der Architrav-Zone, an den drei Seiten der Vorhalle umlaufend, abwechselnd durch Triglyphen und Wappenschilde unterbrochen.

  1. Z(V) W(ÜRTTEMBERG) / F(RIEDRICH) H(ERZOG) / Z(V) W(ÜRTTEMBERG) / W(ILHELM) V(ON) N(IPPENBVRG) E(RBSCHENK)a) / M(ARIA) V(ON) / N(IPPENBVRG) G(EBORENE) V(ON) F(LEHINGEN)b) /

 
Wappen:
Württemberg (geviert), Nippenburg (geviert), Flehingen

Kommentar

Die Pfarrkirche St. Laurentius ist schon in karolingischer Zeit als Besitztum des Klosters Weißenburg erwähnt3; seit dem 14. Jahrhundert wechselt das Patronat zwischen Württemberg und dem Ortsadel. Von einer hochgotischen Westturm-Anlage sind Reste im Chor und im Kernbau des Turmes erhalten; das Langhaus wurde dem wachseneden Raumbedürfnis durch vielfache Veränderungen angepaßt. Bauinschrift I belegt die Erweiterung der Südseite durch Friedrich von Nippenburg (gest. 1591).4 Zu dieser Bauphase scheint eine in Resten erhaltene Ausmalung5 sowie eine Neuausstattung des nunmehr evangelischen Kirchenraumes mit Kanzel (datiert 1583) und Emporen zu gehören. – Friedrichs Sohn Wilhelm (gest. 1609)6 stiftete die ungewöhnlich reich mit Bauskulpturen ausgestattete Vorhalle (vgl. II, III, IV). Auf der bekrönenden Laterne steht die Figur Christi mit Segensgestus, umlagert von den auf dem Kranzgesims sitzenden Evangelisten mit ihren Symbolen. Die beiden tragenden Säulen an der Stirnseite sind mit den lebensgroßen Figuren von Petrus und Paulus verbunden.7 Zugehörig scheint auch die Figur des Moses, welche vielleicht erst zu diesem Zeitpunkt einer reicheren Ausschmückung um 1600 der Kanzel zugefügt wurde.8 Eine Parallele zu dem im Bearbeitungsgebiet einzig dastehenden Bauwerk der Vorhalle könnte in einer nicht erhaltenen Vorhalle mit Prophetenfiguren in Sickingen (Gem. Oberderdingen Lkr. Karlsruhe) bestanden haben.9 Der Architekt ist unbekannt, der Bildhauer steht der Werkstatt des Jeremias Schwarz am nächsten.10

Textkritischer Apparat

  1. Befund: E und S ligiert; es handelt sich mit Sicherheit nicht um eine „Bildhauermarke“, wie in OABLeonberg 1930, 816 vermutet wurde.
  2. Befund: G, V und F ligiert.

Anmerkungen

  1. Ps. 84, 11. – Hier zugefügt das Wort LANGE.
  2. Eph. 2, 19–20.
  3. Zur Baugeschichte vgl. OABLeonberg 1930, 816, 832. – In der spätgotischen Sakristei angeblich das Meisterzeichen des Hans Wunderer (Stz. nr. 17).
  4. Vgl. nrr. 428, 456.
  5. Vgl. nr. 395.
  6. Vgl. nr. 536.
  7. Die Figuren sind seit 1965 durch Kopien ersetzt; sehr wahrscheinlich wurden zu diesem Zeitpunkt auch die Inschriften überarbeitet. – Die Portalanlage wurde 1785 bei der Umgestaltung des Langhauses in einen barocken Saalbau unverändert beibehalten. 1856 Restaurierung der Kirche durch F. Leins; damals Aufstellung der Grabmäler in der jetzigen Form. Letzte Restaurierung 1960ff.; vgl. dazu M. Otto, in: HgW 1979, 32.
  8. Vgl. nr. 498.
  9. Vgl. DI. XX (Karlsruhe) nr. 328.
  10. Zu diesem vgl. oben Einleitung S. XXXIX. – Fleischhauer vermutet in Christoph Jelin (tätig 1580–1610 in Stuttgart und Tübingen) den ausführenden Meister.

Nachweise

  1. OABLeonberg 1930, 816.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 489 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0048905.