Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 428 Schwieberdingen, ev. Pfarrkirche St. Georg 1591

Beschreibung

Grabdenkmal der Familie des Friedrich von Nippenburg und seiner zwei Frauen Benedicta geborene von Nippenburg und Kunigunda geb. Göler von Ravensburg. Im Chor an der Südwand.1 Aedikula aus graugelbem Sandstein, aus mehreren Teilen gefertigt; als Bekrönung vier Medaillons in Kartuschen: Rundmedaillon mit Relief der Auferstehung Christi, darüber und seitlich Ovalmedaillons mit Vollwappen; in der Gebälkzone die Grabschriften A, B, C nebeneinander; im Mittelfeld die Familie, vor Kleinkruzifix kniend, fast vollrund; über den Figuren Tafeln mit Bibelsprüchen D und E; am Sockel Rankenornament. Rechteckige Vertiefungen auf den Rahmenleisten und dem unteren Teil des Kreuzstammes deuten auf ehemals vorhandene Ahnenwappen in Metall. Schrift schwarz gefaßt.

Maße: H. ca. 400, B. 214, Bu. 1,8–2 cm.

Schriftart(en): Fraktur (A, B, C), Kapitalis (D, E).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/4]

  1. A

    Alls man zalt nach Christi vnsers Erlösers / geburt . 1591 . den 19. Augusti . hat Gott de(n) / Edlen vnnd vesten Friderichen von Nip=/penburg zu Hemingen vnnd schwieberdi(n)ge(n) / Des Firstentumbs Wirtemberg Erbschencke(n): / seines Allters Im . 70 . Jar . Auß disem / Zergänglichenn Jumerthal zu seinen / Göttlichen gnaden abgefordert . /

  2. B

    Vor Jme Jst die Edle vnnd Tugentsame / Frawen. Benedicta von Nippenburg Ge=/ borne von Nippenburg sein erste hausfraw / seelig in dem Herrn entschlaffen . Als man / zalt nach Christi vnsers Einigen See=/ligmachers geburt . 1562 . den / . 3 . tag Juny Jres Altters / Jm ⟨ ⟩ Jar . /

  3. C

    Inen folget nach die auch Edle Ehrn vnnd / Tugentreiche frawe(n) Kunigunda vo(n) Nippen=/ burg . geborne Gölerin vo(n) Rabenspurg . sei(n) let=/ stes Ehegemal . Jm Jar Christi vnsers Hei=/ landts gezelt . ⟨1598⟩ . den ⟨20 noue(m)bris⟩ / Jres Altters Jm . ⟨62⟩ Jar . Denen / Gott ein Fröliche Aufferstehung gnedig=/ lich verleihen wölle . Amen . /

  4. D

    ICH BIN MIT CHRISTO GECREITZ/IGET . ICH LEBE ABER : DOCH NV(N) / NICHT ICH : SONDER CHRISTVS / LEBET IN MIR . GALAT: 2 . CAP:2) /

  5. E

    DENN VNSER KEINER LEBT IM SELBER . VND KEI(N) / ER STIRBT IM SELBER . LEBEN WIR . SO / LEBE(N) WIR DEM HERRN . STERBEN WIR SO / STERBEN WIR DEM HERRN . DRVMB WIR / LEBEN ODER STERBEN SO SINND WIR / DES HERRN . ROMA: 14. CAP:3) /Titulus: · INR·I·/

Wappen:
Nippenburg (geviert)
Nippenburg (geviert)Göler von Ravensburg

Kommentar

Friedrich von Nippenburg war 1558 und von 1567 bis zu seinem Tod württembergischer Vasall von Haus aus, ferner Hofgerichtsassessor und Träger der Erbschenkenwürde.4 Um 1580 berief er Johannes Wild d. J. als evangelischen Pfarrer und unternahm den Umbau der Hemminger Kirche zu einem lutherischen Predigtraum; dort hat sich ein gemaltes Holz-Epitaph für Friedrichs Familie erhalten.5 Er kann als Auftraggeber des Grabmals für seinen 1578 verstorbenen Sohn Hans Ludwig, ausgeführt durch Jeremias Schwarz, angesehen werden.6 Seine erste Gemahlin entstammte dem Unterriexinger Zweig der Nippenburg7; die zweite Gemahlin war eine Tochter des Albrecht Göler von Ravensburg (gest. 1542) und der Dorothea von Liebenstein (gest. 1562).8 Die Kinder aus beiden Ehen sind auf dem Grabmal zusammen mit den Eltern dargestellt; ihre Namen werden in den Inschriften nicht genannt, auch wird zwischen verstorbenen und noch lebenden Personen nicht unterschieden. Zur Linken knien Hans Ludwig (gest. 1578) und Wilhelm (gest. 1609), in der Mitte vor ihrer Mutter kniet Margaretha (gest. 1603)9; zwei – wohl im Kindesalter verstorbene – Mädchen sind nicht benennbar.

Der Typus des Grabmals der unter dem Kruzifix knienden Familie war bereits in den 1570er Jahren für Angehörige des Nippenburger Geschlechts verwendet worden: für die Familie des Martin von Nippenburg zu Schöckingen.10 Auch das vorliegende Denkmal kann Jeremias Schwarz von Leonberg zugeschrieben werden. Da es die Züge seiner reifsten Werke aus den 1590er Jahren trägt, erfolgte die Vergabe des Auftrags wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Tod des Friedrich von Nippenburg um 1591, jedenfalls aber zu einer Zeit, in der die den Vater überlebenden Kinder bereits als Erwachsene dargestellt werden konnten.11

Die Schrift entspricht der von Schwarz seit seinem Aufenthalt in Heidelberg bevorzugten Fraktur, wobei auffällt, daß für A und B eine verspieltere und reichere Form gewählt ist als für C; die Versalien und Oberlängen von b, h, l und t sind bei den beiden linken Schrifttafeln meist von Zierstrichen und Schleifen begleitet. Für I und J kommt durchgängig nur eine Form vor, A hat dagegen zwei Varianten. Auch die Kapitalis E unterscheidet sich von D auf der linken Seite: E ist kleiner und dichter gedrängt geschrieben.12

Anmerkungen

  1. Ehemaliger Standort bis zur Renovierung der Kirche 1964 weiter östlich, die Sediliennische halb verdeckend.
  2. Gal. 2, 19–20.
  3. Röm. 14, 7–8.
  4. Pfeilsticker 1301, 1558.
  5. Vgl. nrr. 456, 489. – Zu Johannes Wild vgl. OABLeonberg 1930, 833f. Vorher war dessen Vater, Johannes Wild d. Ä. aus Speyer, in Hemmingen Pfarrer gewesen.
  6. Vgl. nr. 507 (1578 und 1603).
  7. Vgl. Stammtafel Nippenburg.
  8. Vgl. DI. XX (Karlsruhe) nr. 224.
  9. Vgl. nrr. 507, 536.
  10. Vgl. nr. 366 (1576/78).
  11. Geburtsdaten: Hans Ludwig 1550, Wilhelm 1553, Margaretha 1555.
  12. Ob das rechte Drittel des Denkmals einschließlich der gesamten Frauenseite – zur Einbeziehung der zweiten Gemahlin? – angestückt wurde, kann hier nicht diskutiert werden. Ein vergleichbarer Vorgang kann bei nrr. 466, 507, 660 – Werken derselben Werkstatt – beobachtet werden.

Nachweise

  1. OABLudwigsburg 1859, 314.
  2. Fleischhauer, Ludwigsburg 1968, 171.
  3. Fleischhauer, Renaissance 148 und Abb. 84.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 428 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0042803.