Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 358 Bietigheim (Stadt Bietigheim-Bissingen), Hornmold-Haus 1575?

Beschreibung

Schrift-Bestandteile innerhalb des gemalten dekorativen Systems des Wand- und Deckenschmucks im Hinterhaus des Hornmold-Hauses, in der sog. „Sommerstube“ (I) und in dem zu ihr hinführenden Gang (II). Wegen der noch nicht abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten 1985 nicht zugänglich.1

I. Das Bemalungssystem – ausgeführt in Grisaille-Malerei – umfaßt einmal biblische Szenen ohne Beischriften, so auf der Tür die Figur des Samson, zum andern an der Decke zwischen den bemalten Balken Füllungen aus gemaltem Rankenwerk und Rundfüllungen. In jedem Deckenfeld sind zwei Rundfüllungen mit einem Dm. von ca. 70 cm angeordnet. Die meisten enthalten Darstellungen von unterschiedlichen Blüten-Rosetten. Vier Rundfüllungen tragen davon abweichende Darstellungen, nämlich einmal eine Blattmaske, einmal eine Darstellung des Agnus Dei mit Fahne. Schrift ist in zwei Rundfüllungen mit der Darstellung einer Medaille enthalten. Die Schrift läuft als Umschrift um die Darstellung des Papstes (A) und eines Kardinals (B) im Feld. Die im Profil wiedergegebenen Köpfe sind als Vexierbilder gemalt, d. h. je nach dem Standpunkt des Betrachters erscheint der Papst bzw. der Kardinal mit Tiara bzw. Kardinalshut oder mit Narrenkappe. Farben: schwarz auf hellem Grund, dazu rot und ocker.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    ET · STVLTI · ALIQVANDO · SAPITE · PSAL · XCII ·2)(im Bildfeld): 15 45

  2. B

    MALVS · CORVVS · MALVM · OVVM · 1575 ·

Übersetzung:

Und ihr Toren, wann wollt ihr klug werden (Luther)? - Ein böser Rabe (legt) ein böses Ei.

Diese Malereien gehören zum Thema der satirischen und kirchenpolitischen Kampfschriften der Reformationszeit.3 Hier ist eine Medaille von Hans Reinhart, datiert 1545, zugrundegelegt; A und B geben Vorderseite und Rückseite wieder.4 Die Jahreszahl 1545 in A ist in die Darstellung an der Decke übernommen worden; sie ist auf der Medaille genauso angeordnet. Das Entstehungsjahr der Ausmalung ist vielleicht durch die Jahreszahl in B bezeichnet. Da die Ausgestaltung frühestens 1549 – dem Jahr der Rehabilitierung Hornmolds nach der Zeit des Interims – entstanden sein kann, scheidet 1545 als Datierung der Dekoration aus. II. Im Verbindungsgang zur Sommerstube Inschriften-Fragment, in einer Fachwerk-Füllung auf den Putz gemalt. Erhaltungszustand schlecht und kaum zu entziffern.

Schriftart(en): Fraktur.

  1. Allein Gott alls [. . . . . . . . / . . . . . . . . .]

Kommentar

Sebastian Hornmold (1500–1581) erhielt 1535 Mai 6 das zwischen Schloß und Rathaus gelegene Anwesen der Johannes-Pfründe von Herzog Ulrich als Geschenk für seine treuen Dienste.5 Bentele konnte neuerdings überzeugend nachweisen, daß das Haus nicht 1526 erbaut wurde, sondern daß wir einen 1536 (Bauzahl) von Hornmold begonnen Neubau vor uns haben.6 Als letzter Bauabschnitt ist die Einrichtung und Ausschmückung der sog. Sommerstube in der ehemaligen Scheune anzusehen. Das Ensemble konnte 1977 vor dem drohenden Abriß gerettet werden und ist seit 1981 als eine der ganz wenigen Bürgerhaus-Anlagen Süddeutschlands mit einer vollständigen Ausmalung aus der Renaissancezeit wiederhergestellt worden.

Anmerkungen

  1. Restaurierungsbericht und ausführliche Darstellung der Baugeschichte bei G. Bentele, Das Bietigheimer Hornmold-Haus. Bietigheim 1979. – Zur Sommerstube stellte mir Herr Hartmut Gräf (Landesdenkmalamt Baden-Württemberg in Stuttgart) seinen Untersuchungsbericht von 1982 zur Verfügung, wofür ihm herzlich gedankt sei.
  2. Ps. 93, 8. – Bei Luther Ps. 92, 8.
  3. Vgl. dazu Konrad Hoffman, in: Martin Luther und die Reformation in Deutschland. Kat. d. Ausst. Nürnberg 1983, 219ff., bes. 229ff.
  4. Ein Exemplar in Nürnberg, GNM; vgl. Kat. d. Ausst.: Sebastian Hornmold und seine Zeit. Bietigheim 1981, nr. 156. – Zu dieser Medaille und ihrer Nachwirkung vgl. Martin Luther und die Reformation in Deutschland (wie Anm. 3) nr. 635–637 m. Abb.
  5. Zur Person Sebastians vgl. bei nr. 383. – Der Kaufbrief erhalten in Stuttgart HStA A 320 U 17; vgl. Kat. d. Ausst. (a. a. O.) nr. 57.
  6. G. Bentele, Zur Datierung des Hornmoldhauses. In: Bll. zur Stadtgeschichte Bietigheims 2 (1984) 53–56.

Nachweise

  1. Hassler 1859, 30.
  2. Roemer, Bietigheim 99, 115.
  3. Bentele (wie Anm. 1).
  4. Kat. d. Ausst. (wie Anm. 4).
  5. Bentele (wie Anm. 6).

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 358 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0035808.