Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 351 Schwieberdingen, ev. Pfarrkirche St. Georg 1573

Beschreibung

Grabdenkmal der Rosa von Rüppurr (Rieppur) geborene von Gültlingen und ihrer Söhne Caspar, Sebastian, Philipp Jacob und Balthasar. Im Langhaus an der Nordwand. Aedikula, aus mehreren Werkstücken aus Alabaster (?) zusammengesetzt; halbkreisförmige Bekrönung mit Relief – Aufrichtung der ehernen Schlange1 – flankiert von zwei Putti; im Hauptfeld die knienden Verstorbenen vor dem Kruzifix, an dessen Fuß zwei Wappen mit Helm und Helmzier; in der Sockelzone Inschrifttafel, gestützt von Muschel-Konsole mit Rose und Volutenrand; an die mit Renaissance-Blattwerk belegte Figurennische sind seitlich pilasterartige Ausladungen mit jeweils vierfacher Ahnenprobe angefügt. Oberfläche bräunlich verfärbt, Schrifttafel links abgerieben, Buchstaben schwarz gefaßt.

Maße: H. ca. 240, B. 114, Bu. 1,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. Titulus:I · N · R · I / AN(N)O D(OMI)NI . 1572 . DEN . 28 . SEPTEMBRIS . IST DER EDEL VND VEST REIN=/HART VON VND ZV RIEPPVR . DER ZEIT OBERVOGT ZV LEWENBERG / MIT SEINER ERGELIEBTEN HAVSFRAWEN . DER AVCH EDLEN VND TVGENTSAM/EN ROSA VON RIEPPVR . GEBORNE VON GV̈LTLINGEN ZV PFEFFINGE(N) . ETc. / SAMPT IHREN VIER SÖNEN . MIT NAMEN CASPAR . SEBASTIAN . PHILIPPS / JACOB . VND BALTASARN . VON WEGEN EINGERISSENS STERBENS . ALHER / GEHN SCHWV̈EBERTINGEN GEWICHEN . VND BIS AVFF MITFASTEN DES . 73 . / JAR GLV̈CKLICH VND IN ALLER LEIBSGSVNDTHAIT VERHARRET . IN DEM AB/ER . HAT SICH AVS SONDERER SCHICKHVNG GOTTES ZVGETRAGEN . DAS / DIE FRAW MVTTER . SAMPT DEN DREIEN SÖHNEN . CASPARN . PHILIPPSIACOB . / VND BALDTASAR . SICH GELEGT . VND DIE MVTTEa) DEN 7 MARTY GEMELTS / IARS . DIE DREY SÖHN ABER . IN DREYE(N) TAGEN HERNACHER CHRISTLICH ENTSCHLA/FEN . DENEN DER ALMECHTIG GOT . EIN FRELICHE VRSTENDT VERLEIHE AMEN / DIE GERECHTE(N) WERDEN WEGGERAFFT . VIR DEM VNGLVCKH . VND DIE RICHTIG FVR. / SICH GWANDELT HABE(N) . DIE KOMEN ZVM FRID . VND RVHEN IN IHRE(N) KAMMERN . ESAIAE . 56 .2)

 
Wappen:
Rüppurr Gültlingen
       
Ahnenwappen mit Beischriften:
RIEPPVRR GILTLINGEN
SPETN GILTLINGEN
FLAMERSCHN3) TALHAIM
GISSEN4) [BV]RGRAF

Kommentar

Die Verstorbene enstammte dem seit 1527 in Pfäffingen (Gem. Ammerbuch Lkr. Tübingen) begüterten Zweig der Gültlingen, die seit 1495 württembergische Erbkämmerer mit Sitz in Berneck (Stadt Altensteig Lkr. Calw) waren.5 Ihr Gemahl Reinhart von Rüppurr (gest. 1586) war Obervogt zu Leonberg 1564–1586.6
Vorlage des Denkmals war vermutlich das Grabmal der Geschwister von Reinhart und Rosa in Berneck (Peter von Gültlingen und Elisabeth von Rüppurr, gest. 1570). Da dieses als Werk des Ludwig Baumhauer zu Tübingen gilt, wurde dessen Autorschaft auch für Schwieberdingen vorgeschlagen.7 Typus und Ikonographie stimmen überein, jedoch entspricht die Ausführung im einzelnen – Stil der Figuren, Gestaltung der Schrifttafel mit Schnurrand, dynamisch ausgeformte Kapitalis mit überhöhten Versalien – der Werkgruppe des Jeremias Schwarz aus den 1570er Jahren.8 Es ist naheliegend, daß Reinhart das Denkmal während seiner Amtszeit in Leonberg anfertigen ließ.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Präfiguration der Kreuzigung Christi; vgl. 4. Mose 21, 9 und Joh. 3, 14.
  2. Jes. 57, 1–2.
  3. Freimersheim; Wappenschild entspricht Wilch von Alzey.
  4. Güss von Güssenberg.
  5. Stammburg heute Stadt Wildberg Lkr. Calw; zur Genealogie vgl. Stammtafel Gültlingen.
  6. Vg. Pfeilsticker 2532 u. öfter; sein Grabstein in Leonberg (Lkr. Böblingen) erhalten. Zur Genealogie vgl. Stammtafel Rüppurr.
  7. Demmler 1910, 139, 156; Fleischhauer, Ludwigsburg 1968, 170; Fleischhauer, Renaissance 131f.
  8. Eng verwandt nr. 355; vgl. Einleitung S. XXXIX.

Nachweise

  1. OABLudwigsburg 1859, 314.
  2. Fleischhauer, Ludwigsburg 1968, 170 und Abb. S. 169.
  3. Fleischhauer, Renaissance 132.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 351 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0035102.