Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)
Nr. 296 Markgröningen, ev. Stadtkirche St. Bartholomäus 1553
Beschreibung
Epitaph des Bürgermeisters Burkhard (d. Ä.) Vimpelin (Wimpelin). In der Kapelle östlich vom nördlichen Seitenschiff, vierter Stein der Nordwand. Hochrechteckige Platte aus graugelbem Sandstein mit dunklen Verfärbungen; Umschrift zwischen zwei schmalen Rahmenleisten (A); im Feld oben Kartusche mit Inschrift (B), darunter die kniende Figur des Verstorbenen vor kleinem Kruzifix mit Schädel als Todessymbol, zu Häupten Spruchband (C), vor ihm Wappen mit Helm und Helmzier. Schräglaufender Bruch, Stoßschäden besonders im unteren Bereich, Wappenschild zerstört; Schrift schwarz nachgezogen.
Maße: H. 211,5, B. 105,5, Bu. 5,5 (A), 2,8–3,8 (B), 2,5 (C) cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B), Fraktur (C).
- A
Anno D(omi)ni 1553 den 29 Sept/embris an sant michels tag starb der ernhafft vnd [. . . .] / bvrck hart vimpelin dem / gned[ig go]t syea) /
- B
D(EO · O(PTIMO) · M(AXIMO) · S(ACRUM) /EPITAPH(IUM) : BVRCHAR(DI) · VIMPELIN A IO(ANN)EVIM(PELINO) / FILIO, PATRI CHAR(O): PIETATISE(ST) · P(OSITUM) ·/MORTVE TERRESTRI RECVBAS BVRCHARDE / SEPVLCHROSTAMINAb) DISRVPIT NOXIA PARCA TVA /CONSVL ERAS PRVDENS VRBIS SPES VNICA/NATISGLORIA COGNATIS LAVSQ(VE) DECVSQ(VE) TVIS /RELLIGIONIS AMANS VERAE VIRTVTIS / ALVMNVS /INTEGRA QVAE SEMPER POST TVA FATA / MANET, /FILIA TE PATREM VIRTVTE ET MORTE/ SECUTA /CONSPICIT AETHEREI REGNA BEATA DEI /OBIIT ANNO · M D · LIIIc) · DIE · XXVIIIIc) / VIIB(RIS)c) · DIE VENERIS IN IP/SO · S(ANCTI) · MICH(AELIS) · FESTO /
- C
Meine sind / Die Rewen mich · auff / Die gnad Gottes sterb / ich /Titulus:I · N · R · I /
Übersetzung:
Dem besten und höchsten Gott geweiht. Grabdenkmal des Burkhard Vimpelin, gesetzt durch Johann Vimpelin als Sohn dem teuren Vater zu frommem Gedenken. – Als Toter in der Erde ruhst du, Burkhard, im Grab / die Lebensfäden zerriß die Dir Verderben bringende Parze / Ein kluger Ratsherr warst du der Stadt, einzige Hoffnung für ihre Söhne / der Ruhm der Verwandtschaft und Lob und Zier der Deinen / ein Freund der Religion, ein Zögling der wahren Tugend / ungeschmälert bleibt (dein Verdienst) immerfort nach deinem Tod. / Die Tochter, die dir, Vater, in der Tugend und im Tode gefolgt ist, / schaut dich im glückseligen Reich des himmlischen Gottes. / – Er starb im Jahre 1553 am 29. Tag des September, an einem Freitag, am Festtag des hl. Michael.
Vimpelin |
Textkritischer Apparat
- Sinngemäß ergänzt.
- Kürzungszeichen unnötig.
- Jeweils Strich über den römisch geschriebenen Zahlen.
Anmerkungen
- Kurze Angaben zur Familie in: Markgröningen 779 bis 1979, 75. – Der Name der in der Grabschrift erwähnten Tochter ist nicht bekannt. – Zum Vimpelin-Haus vgl. nr. 644.
- Zur Ausbildung eines Grabmaltypus der Ehrbarkeit vgl. oben Einleitung S. XXXII.
- Fleischhauer, Renaissance 1971, 128 und Abb. 54; Fleischhauer, Ludwigsburg 1968, 170.
- Vgl. nrr. 294, 295, 298 und oben Einleitung S. XXXVIII.
Nachweise
- Roemer, Markgröningen II 26.
Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 296 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0029608.
Kommentar
Der Verstorbene ist das älteste Glied der Markgröninger Familie Vimpelin, das durch eine Inschrift belegbar ist. Das Stammhaus dieser zur städtischen Ehrbarkeit zählenden Sippe ist am Oberen Tor erhalten.1 Das Denkmal gehört zu den frühesten figürlichen Grabmälern für einen Bürgerlichen in Württemberg. Zugleich beweist das lateinische Epigramm in vier Distichen (B), daß im 16. Jahrhundert die Ratsfähigkeit der städtischen Geschlechter nicht allein vom Vermögen und sozialen Ansehen, sondern auch von der akademischen Bildung bestimmt war. Die Widmung eines solchen Epigramms an einen Ratsherrn ist um diese Zeit außerhalb des „gelehrten Milieus“ einer Universitätsstadt selten.2 Das Denkmal wurde von Fleischhauer als Werk des Joseph Schmid von Urach erkannt.3 Für die lateinischen Inschrifttexte hat man eine Renaissance-Kapitalis mit überhöhten Versalien (I mit i-Punkt, M mit schrägen Schenkeln, E mit überlangem Fußbalken etc.) gewählt. Dazu kontrastiert die Umschrift in deutscher Sprache in einer maniriert geformten gotischen Minuskel mit Sonderformen (e dem r angeglichen, c wie t geformt, Oberlängen gespalten, weitgehender Verzicht auf Versalien). Im Werk des Joseph Schmid kommen keine vergleichbaren Schriften vor, jedoch sprechen formale Eigenheiten – so die mit einem Blattfries belegte Profilleiste an der Innenseite des Bildfeldes oder die eingerollten Seitenkanten der Schrift-Kartusche – unbedingt für eine Fertigung in dieser Werkstatt, die im Bearbeitungsgebiet etwa gleichzeitig Denkmäler für die Nothaft und Kaltental geschaffen hat.4