Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 294 Aldingen (Gem. Remseck a. N.), ev. Pfarrkirche St. Margaretha 1546–1553

Beschreibung

Grabdenkmal des Wolf Philipp von Hirnheim. Im Chor links neben dem Nordostfenster des Polygons. Hoher Aufbau aus Sandstein, aus drei Teilstücken zusammengesetzt.1 Der Entwurf folgt dem Schema der spätgotischen Grabplatte mit Umschrift an vier Seiten und der auf einem Löwen stehenden Figur des Ritters im Feld, umgeben von vier Wappen in den Ecken. Der Charakter einer Renaissance-Aedikula wird erreicht durch Anfügen eines mehrfach profilierten Kranzgesimses und eines ebenso profilierten, zur Konsole gerundeten Sockels. Die Figur des Ritters steht vor einer Flachnische mit Muschelgiebel und Blattwerk-Leisten anstelle von korrekt gezeichneten Pfeilern. Das Denkmal hat ein – in allen Einzelheiten der Komposition übereinstimmendes – Gegenstück in dem Grabmal der Ehefrau des Verstorbenen2, ferner – ebenfalls in Aldingen – in einer schwächeren Wiederholung des Denkmals für den Schwager des Toten.3 Geringe Bruchschäden; es fehlen der obere Teil des in die Hüfte gestemmten Marschallstabes und der Schwertgriff.

Maße: H. 298, B. 130, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Fraktur; Wappenbeischriften in erhaben gearbeiteter Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Anno d(omi)ni · 1546 · / den · 29 · tag wintermonats starb der Edel vnd vest wolff philips von hirn haim zuo steten= / fels vnd dutenstain alß dan / Fürstlicher wirtenbergischer Marschalck dem Gott der her genedig sein wielle +

  
Wappen-Beischriften:
HIRNHEIMRECHBERG
KALTENTALELERBACH

Kommentar

Wolf Philipp war ein Sohn des Wolfgang von Hirnheim zu Duttenstein (bei Dischingen Lkr. Heidenheim) und der Beatrix von Rechberg-Hohenrechberg. Im Jahre 1526 stand er in württembergischen Diensten, war 1534/1535 Forstmeister zu Reichenberg (Gem. Oppenweiler, Rems-Murr-Kreis) und begegnet 1538–1543 als Obervogt zu Marbach am Neckar. Ab 1543 war er württembergischer Marschall.4 Er besaß Schloß Stettenfels (Gem. Untergruppenbach, Lkr. Heilbronn) als württembergisches Lehen. Verheiratet war er mit Agatha, einer Tochter des Georg von Kaltental (gest. 1536) und der Walburg von Ellerbach; auf sie beziehen sich die beiden unteren Wappen. Das Grabdenkmal wurde bisher einer unbekannten Stuttgarter Werkstatt zugeschrieben, obgleich sich in Stuttgart kein vergleichbares Werk finden läßt.5 Dagegen spricht alles für die Autorschaft des Bildhauers Joseph Schmid von Urach, der durch seine Aufträge für die fürstliche Grablege in Tübingen ab 1550 zum führenden Meister des Herzogtums aufstieg.6 Als Marschall mit einem der höchsten Ämter des Hofes betraut, mag Wolf Philipp vielleicht noch zu Lebzeiten – er war kinderlos! – den Auftrag eingeleitet haben; jedenfalls ist das Denkmal zusammen mit dem der Agatha wohl noch zu deren Lebzeiten ausgeführt worden. Beide Denkmäler dienten als Vorbild für das Doppelgrabmal des Wolf Nothaft (gest. 1553) und seiner Gemahlin Margret von Nippenburg (gest. 1540) in Hochberg a. N.7; hier ist die Rahmenarchitektur völlig gleich gearbeitet, und auch die charakteristische Frakturschrift der Schmid-Werkstatt begegnet hier in derselben Ausführung und Anordnung.

Anmerkungen

  1. Die Fugen verlaufen – wie bei den anderen Denkmälern dieser Werkstatt (dazu unten) – unterhalb der oberen und über den Helmzieren der unteren Wappen.
  2. Vgl. nr. 295.
  3. Vgl. nr. 300. Da diese Wiederholung einen fragmentarisch erhaltenen Giebel hat, könnte auch das vorliegende Denkmal ursprünglich eine giebelartige Bekrönung gehabt haben.
  4. Pfeilsticker 6, 1600, 2573, 2730; Bernhardt I 379f.
  5. Fleischhauer, Ludwigsburg 1968, 164f.; Fleischhauer, Renaissance 126.
  6. Zu diesem vgl. Demmler 1910, 90ff.; Fleischhauer, Renaissance 126ff,; ferner oben Einleitung S. XXXVIII.
  7. Vgl. nrr. 298, 301.

Nachweise

  1. OABLudwigsburg 1859, 157.
  2. G. F. Müller, Aldingen 30.
  3. Hopff, Stuttgart HStA A 155 Bü. 64 (1701).
  4. Fleischhauer, Ludwigsburg 165 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 294 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0029400.