Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 233 Eberdingen, ev. Pfarrkirche St. Martin 1523

Beschreibung

Bauzahlen und Inschriften im Chor.

I. Gewölbemalerei in Rötel auf weißem Grund, konzentriert auf die Kreuzungspunkte des Stern-Netz-Gewölbes. Zwischen dem 3. und 4. Schlußstein sind die Verzierungen besonders reich angelegt: dem Granatapfel ähnliche Früchte wachsen aus der Rippenkreuzung heraus. Drei davon tragen Inschriften.

Maße: Bu. ca. 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. IHESVS /MARIA /1523 /

II. An der Chorschlußwand oben aufgemalt:

  1. M D X X /

III. Am Rahmen der einfachen Sakramentsnische in der Nordwand eingehauen:

  1. 1523 (Stz. nr. 21)

Kommentar

In spätgotischer Zeit war der Ort zwischen den Liebenstein und den Reischach geteilt.1 Heinrich von Liebenstein verkaufte seinen Anteil 1511 an Kloster Hirsau. Daher überrascht es nicht, beim Neubau der Kirche, auf den sich die vorliegenden Inschriften beziehen, eine Werkstatt vorzufinden, die auch anderwärts für das Kloster gearbeitet hat. Am östlichsten Schlußstein im Gewölbescheitel befindet sich das Meisterzeichen des Hans Buß von Nürtingen (Stz. nr. 21), früher angeblich vom Monoramm h b begleitet.2 Das Steinmetzzeichen der Sakramentsnische ist durch eine Bauinschrift in Friolzheim als das Zeichen des Jacob Hoß (oder Boß?) von Nürtingen ausgewiesen.3 Die monumentalen Apostel-Konsolen, die das Gewölbe tragen, haben eine Parallele in den Konsolen der Hirsauer Marienkapelle (erbaut 1508–16 von Martin von Urach) und in den Konsolen der Eglosheimer Pfarrkirche.4 Ihre Schriftbänder trugen mit Sicherheit Inschriften, welche nicht mehr vorhanden sind.
Die an versteckter Stelle angebrachten Inschriften von I beziehen sich auf das in den Gewölbeschlußsteinen dargebotene Programm des Jüngsten Gerichts in Form einer Anrufung. Die besondere Technik der Malerei weist auf einen Meister der zwischen 1490 und 1517 zahlreiche Gewölbedekorationen ausgeführt hat.5

Anmerkungen

  1. Zur Besitzgeschichte s. OABVaihingen 1856, 119f.
  2. Vgl. Schahl, Hans Buß 38.
  3. Vgl. DI. XXII (Enzkreis) nr. 179 (1522).
  4. Vgl. nr. 200.
  5. Im Bearbeitungsgebiet vgl. ein Fragment mit der in großer Zierschrift ausgeführten Bauzahl 1490 in Vaihingen a. d. Enz (Peterskirche), ferner die Gewölbemalerei im Chor der Besigheimer Stadtkirche (nr. 202); im Einflußgebiet des Klosters Maulbronn die Gewölbemalerei in Illingen (1490), Lienzingen (1499) und Maulbronn (1511, 1517) – dazu DI. XXII (Enzkreis) nrr. 119, 128, 164. Die Zuschreibung an Jörg Ratgeb wurde bereits von Fraenger widerlegt; vgl. W. Fraenger, Jörg Ratgeb. Dresden 1972, 34ff. und Abb. 115–122.

Nachweise

  1. Schahl, Hans Buß 38.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 233 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0023308.