Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 230 Ensingen (Stadt Vaihingen a. d. Enz), ev. Pfarrkirche St. Veit 1521

Beschreibung

Grabdenkmal des Petrus Trutwin. Im Chor an der Nordwand. Aedikula aus gelbem Sandstein mit roten Einschlüssen. Halbkreisförmiges Giebelfeld mit Grabschrift; im Feld vor Muschelnische Figur des Verstorbenen in liturgischer Gewandung, Kelch und Hostie in Händen. Figur unten bestoßen, Füße zerstört, Sockel erneuert, Nase ergänzt.

Maße: H. 256, B. 107, Bu. 5,6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A(nn)o · do(min)i · 1521 · / · fe(ria) · 6ta · p(ost) · Ca(nta)tea) · obijt · / vene(rabi)l(is) · v(ir) · petr(us) · trvtwyn · / deca(nus) · i(n) · vayhi(n)g(en) · i(n) · scissvra ·/ isti(us) ·b) lapidisc) · r(equiescat) · i(n) · pa(ce) · /

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1521 am Freitag nach Cantate (3. Mai) starb der ehrwürdige Mann Petrus Trutwin, Dekan in Vaihingen; in der Spalte dieses Steines ruhe er in Frieden.

Kommentar

Vermutlich ist der Verstorbene identisch mit jenem Bietigheimer Bürgersohn Peter Trautwein, auf den die sog. Trautwein-Stiftung zurückgeht; sie wurde durch Sebastian Hornmold 1547 neu festgelegt.1 Dazu paßt, daß der Sohn einer wohlhabenden, zur Ehrbarkeit aufgestiegenen Familie2 ein repräsentatives Grabdenkmal erhielt, wie es für einen Geistlichen jener Zeit im Bearbeitungsgebiet die Ausnahme ist.3

Die Formulierung in scissura istius lapidis erscheint zunächst rätselhaft, wird aber sinnvoll, wenn man scissura auf die rechteckige Vertiefung innerhalb der letzten Inschrift-Zeile bezieht: diese Höhlung wird vermutlich als Herzgrab angelegt gewesen sein. Die Öffnung war wahrscheinlich ehemals mit einem Türchen oder Deckel aus Metall oder Holz verschlossen. Daß das Herzgrab in der Inschrift nicht ausdrücklich als solches bezeichnet wird, spricht nicht dagegen. Denn analog zu dem vorliegenden Denkmal enthält auch das Denkmal des Grafen Gottfried zu Dietz (gest. 1522) in St. Stephan zu Mainz4 in der Grabschrift keinen Hinweis auf das Herzgrab, welches jedoch in ähnlicher Weise wie hier durch eine Vertiefung in Kopfhöhe der Ritterfigur angelegt war.5

Der künstlerischen Gestaltung nach steht das Werk im Bearbeitungsgebiet isoliert; dasselbe gilt für die Schrift, eine überschlanke Minuskel, die auf Ober- und Unterlängen fast verzichtet, Kürzungen und Ligaturen übermäßig häuft und sich auf zwei Versalien beschränkt (A mit Verdopplung, C geschlossen).

Textkritischer Apparat

  1. Hochgestellt und kleiner te.
  2. Hier rechteckige Vertiefung – H. 4, B. 6, Tiefe 3 cm.
  3. Kürzungsstrich über der Endsilbe überflüssig.

Anmerkungen

  1. Roemer, Bietigheim 102. – Zu Sebastian Hornmold vgl. nr. 383.
  2. Ein Bernhard Trautwein war 1520–1526 Vogt und Keller zu Bietigheim, 1527/1528 und 1531 noch als alter Vogt genannt; Pfeilsticker 2199. – Vermutlich handelt es sich bei den Trutwin von Vaihingen – vgl. nrr. 43, 72, 104 u. ö. – um dieselbe Familie, was mangels eines Wappens nicht bewiesen werden kann.
  3. Die kassettierten Rahmenpilaster mit eingelassenen Rundscheiben verraten den Einfluß des Kreises Daucher-Loy Hering, weniger denjenigen „mittelrheinischer Meister“; so Schahl, Neckarschwaben 272. – Halbey hat das Denkmal nicht behandelt.
  4. Vgl. DI. II nr. 1132; Lühmann-Schmidt I 27ff.
  5. Herzgräber, die ausdrücklich als solche bezeichnet werden, sind nr. 357 (1575) im Bearbeitungsgebiet, ferner DI. XX (Karlsruhe) nr. 167.

Nachweise

  1. WürttJahrbücher 1841, 222.
  2. OABVaihingen 1856, 122.
  3. Klemm, Grabschriften 1874, nr. 10, 39.
  4. Ensinger Bilderbogen. Festschrift zur 900-Jahr-Feier 1972. Ensingen 1972, 71.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 230 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0023004.