Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 212 Markgröningen, kath. Pfarrkirche Hl. Geist (Spitalkirche) 1512

Beschreibung

Bauinschriften am nördlichen Anbau der Kirche, veranlaßt durch den Spitalmeister Johannes Betz.

I. Am nordöstlichen Strebepfeiler auf einem Quader aus gelbgrauem Sandstein unterhalb des Kaffgesimses; beschriftet ist die nördliche Flanke. In der mittleren Zeile am Ende Steinmetzzeichen nr. 16.

Maße: H. 42,5, B. 112, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. Anno · d(omi)ni · M° · vc · vnd · xji · Jar / ist · der · erst · stain · gegleta) / worden · vnder · dise(n) · pfiler /

II. Über dem Nordportal der Kapelle auf dem trapezförmigen Scheitelstein. Werkstück aus gelbgrauem Sandstein mit gekreuztem Gewändeprofil, darüber auf der Stirnseite drei Wappenschilde, gestellt 2:1, und geschlungenes Spruchband mit Stoßschäden.

Maße: H. ca. 60, B. ca. 60, Bu. ca. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. fr(ater) / Joan(nes) bez / · / 1 · 5 · 1 · 2 · /

 
Wappen:
Württemberg (geviert); Stebenhaber?; Johannes Betz.

Kommentar

Beide Inschriften beziehen sich auf die unter dem Spitalmeister Johannes Betz (1507–1532) veranlaßte Erweiterung der 1297 geweihten Spitalkirche; es handelte sich um einen zweigeschossigen Anbau im Süden des Chores, der Sakristei und Bibliothek beherbergte und abgegangen ist, um einen Kapellenanbau auf der Nordseite des Chores und um den Kirchturm mit gewölbter Turmhalle an der Nordseite des (ehemaligen) Langhauses. Eine Engelkonsole der Turmhalle trägt dasselbe Steinmetzzeichen im Schild, das hier in I vorkommt. Es ist das Zeichen eines mehrfach im Bearbeitungsgebiet als Architekt nachweisbaren Meisters, der aufgrund seines Meisterzeichens als Angehöriger der in Heidelberg ansässigen und auch in Esslingen tätigen Steinmetzen-Sippe der Lechler bezeichnet wird.1 Inschrift II bringt dieselbe Wappen-Kombination wie die 1507 datierte Dekorationsmalerei des Chores.2 Das noch nicht gedeutete Wappen an zweiter Stelle kommt ferner in einer Bauinschrift von 1509 an einem Bauteil zwischen Pfründhaus und Kirche vor, den ebenfalls Johannes Betz errichten ließ.3 Es wäre naheliegend, daß alle diese Baumaßnahmen von der Lechler-Werkstatt ausgeführt wurden. Eine Überprüfung der epigraphischen Eigentümlichkeiten der Bauinschriften aus der Amtszeit des Betz und ein Vergleich mit den vorliegenden Inschriften von 1512 spricht jedoch gegen diese Annahme. Zwar erscheinen die Schriften auf den ersten Blick außerordentlich gleichartig im Duktus, in der kräftigen, jedoch präzisen Ausführung und in den eher breiten Proportionen der Buchstaben. Deutliche Abweichungen im einzelnen – hier gespaltene Oberlängen bei l, e mit nach außen laufendem Haarstrich, d mit weit nach links gezogener, gerader Schräge, abweichende Form der Versalien – weisen zumindest auf eine andere Steinmetzenhand. Diese Beobachtungen werden unterstützt durch einen Vergleich der Steinmetzentechnik bei den Wappen; hier fein gestockter Grund, kräftig gebildete Wappentiere mit zottigem Fell, bei nr. 197 glatte Oberfläche, feingliedrige Tierkörper.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Zu diesem Meister vgl. Seeliger-Zeiss, Lorenz Lechler 158ff., ferner oben Einleitung S. XXXV.
  2. Vgl. nr. 196.
  3. Vgl. nr. 197 (dort Diskussion der bisherigen Deutung des Wappens).

Nachweise

  1. OABLudwigsburg 1859, 254.
  2. Keppler 1888, 206.
  3. Paulus, Neckarkreis 356.
  4. H. Koepf, in: HgW 3 (1951) 44.
  5. G. S. Graf Adelmann, in: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 1 (1958) 74.
  6. Markgröningen. Das Bild der Stadt im Wandel der Zeit. Markgröningen 1969, 50 mit Abb.
  7. Much 1981, 26 nr. 6 und 28 nr. 7 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 212 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0021206.