Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 196 Markgröningen, kath. Pfarrkirche Hl. Geist (Spitalkirche) 1507

Beschreibung

Wandmalerei-Fragmente im Chor aus der Zeit des Spitalmeisters Johannes Betz, aufgedeckt 1956 und restauriert 1981.1

I. Gemalte Wappen mit Beischriften an den Schildwänden des Chores über dem Scheitel der Fenster, jetzt kombiniert mit den Resten einer Dekoration aus der Spätrenaissance in Gestalt von gemalten Rahmungen aus Rollwerk und Fruchtbündeln. Farbig gefaßt, Schrift schwarz. Durch die Restaurierung möglicherweise verändert.

A Nordwand, nordöstliches Joch: Wappenschild, darüber Monogramm in großen Zierbuchstaben.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/8]

  1. P[hilipp] V[olland] /

Wappen:
Volland

B Nordöstliche Polygonwand: Wappenschild, darüber Buchstabenfragmente in zwei Zeilen.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. [. . . . . . . .] / [. . . .]VR A [. .] /

 
Wappen:
Stebenhaber? (vgl nrr. 197, 212)

C Ostwand: Wappenschild, darüber gemalte Zierstriche, unten eine zweizeilige, durch den Schild geteilte Inschrift in Kapitalis; darunter etwas abgesetzt eine dritte Zeile in gotischer Minuskel.

  1. RENOVACIO CHORI FACTA / SVB IOAN(N)Sa) BETZ DOM(VS) MAGISTRO / Anno 1 · 5 · 0 · 7 ·b) /

 
Wappen:
Württemberg (geviert)

D Südöstliche Polygonwand: Wappenschild, darüber Heiliggeist-Taube, zu beiden Seiten jeweils zwei Buchstaben eines durch das Wappen geteilten Monogramms. Gotische Minuskel.

  1. i(oannes) b(etz) / d(omus) m(agister) /

 
Wappen
(gespalten) Hospitaliterorden Betz

II. Wandmalerei im östlichen Joch auf den gegenüberliegenden Wandflächen oberhalb des Kaffgesimses, als Gegenstücke angelegt. Stark ergänzt.

A Nordwand: Arma-Christi-Kreuz, flankiert von Maria und Johannes und zwei wesentlich kleineren Stifterfigürchen mit Spruchbändern zu Häupten. Mindestens das Kreuz mit Beifiguren ist moderne Zutat (Schild des Restaurators rechts vom Schaft).2 Unterhalb Marias schattenhaft zwei Wappenschilde. Beschriftung der Spruchbänder gotische Minuskel, Anfang links erkennbar:

  1. Miserere [. . . . . .] Titulus:· i · n · r · i · /

B Südwand: Kreuzigung mit Maria und Johannes, links außen kleine kniende Stifterfigur, Spruchband ausgeslöscht.

  1. Titulus:[· i · n · ] r · i · /

Kommentar

Der zweimal erscheinende Name des Johannes Betz beweist, daß er sogleich nach seiner Wahl zum Spitalmeister 1507 nicht nur einen Umbau oder Neubau des Spitalgebäudes vorgenommen hat, sondern gleichzeitig eine „Renovacio” des Chores, also wohl eine neue Ausmalung, veranlaßte.3 Anschließend wurden laut Bauinschriften 1512 die südlichen (abgegangen) und nördlichen Anbauten sowie der Turm aufgeführt und ebenfalls mit Malereien geschmückt.4 Mitte des 19. Jahrhunderts waren noch zahlreiche Reste von Wand- und Fassadenmalerei an der als Holzmagazin dienenden Kirche sichtbar.5 Teile davon wurden offenbar durch private Stiftungen finanziert, wie an II abzulesen ist. Die Stifterfiguren sind vom Restaurator mit der langen Haartracht der Spätgotik als Bürgerliche charakterisiert worden. Eine ebenfalls an der Renovierung beteiligte Person ist in I genannt: Philipp Volland (gest. 1537)6, Bruder des württembergischen Kanzlers Ambrosius Volland und damals Vogt und Keller zu Markgröningen. Wen das Wappen in IB bezeichnet muß offen bleiben.7 – Nach dem Übergang des Spitals an die Stadt 1552 scheint die Kirche zunächst nicht mehr benutzt worden zu sein; eine Visitation von 1584 rügt ihren verfallenen Zustand.8 Die Renaissance-Dekoration, die gegen Ende des 16. Jahrhunderts enstanden sein mag, zeigt, daß die Kirche noch einmal repariert und neu ausgemalt worden ist; wahrscheinlich ist sie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts genutzt worden.9 Die Dekorationsmalerei nach 1584 hat vermutlich die unter Betz enstandene spätgotische Ausmalung überdeckt; erst heute stehen beide Schichten nebeneinander vor Augen.

Textkritischer Apparat

  1. So für IOAN(N)E.
  2. Spätgotische Ziffern.

Anmerkungen

  1. Restauratoren Manz, Stuttgart; Malek, Abstatt. – Renovierungsinschrift an der Südwand, über dem südöstlichen Fenster: RENOV · 1981 / VNTER PFR. H · NANN / ·
  2. Vgl. Restaurierungsbericht von G. S. Graf Adelmann, 75.
  3. Vgl. nr. 197.
  4. Vgl. nrr. 212, 213, ferner nr. 235.
  5. OABLudwigsburg 1859, 255: an der Nordseite des Turmes Christus am Kreuz mit Maria und den hll. Magdalena und Quirianus. – Im Pfründhaus wurden 1978 Darstellungen der Werke der Barmherzigkeit und einer Kreuzigung aus dem späten 15. Jahrhundert aufgedeckt (ohne Beischriften); vgl. E. Tomschick, in: Markgröningen 779–1979, S. 53.
  6. Seine Eltern: Heinrich (gest. 1482) und Elisabeth Lyher (gest. nach 1490); vgl. nrr. 123, 150. Er war 1489/1492 an der Heidelberger Universität eingeschrieben; bevor er Vogt in Markgröningen wurde (im Amt 1501–1519; 1534–1537), war er Keller auf dem Asperg; vgl. Pfeilsticker 2438, 2591; Chr. Wolff, in: SwdtBllFamilien- u. Wappenkunde 14 (1974) 128–136; G. Wunder, ebd. 15 (1976/78) 281ff.
  7. Siehe dazu die Erörterung bei nr. 197.
  8. Roemer, Markgröningen II 35.
  9. Noch 1778 und 1779 erhielt der Turm eine neue Glocke und ein Uhrwerk; vgl. H. Oechsner, in: Spitalkirche zum Heiligen Geist 1981, 10; in OABLudwigsburg 1859, 254: Datum 1784.

Nachweise

  1. G. S. Graf Adelmann, in: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 1 (1958) H. 3, S. 73 (Restaurierungsbericht).
  2. Christa Seliger 1968, 55.
  3. H. Oechsner (wie Anm. 9) 11.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 196 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0019602.