Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 184 Hochberg (Gem. Remseck a. N.), ev. Pfarramt um 1500

Beschreibung

Silberner, vergoldeter Abendmahlskelch. Glatte Paraboloid-Kuppa auf schlankem, sechseckigem Schaft mit breitem, gedrücktem Nodus, der mit Rotuli geschmückt ist; Sechspaß-Fuß. Je ein 1 cm breiter Goldblechstreifen ist oberhalb (A) und unterhalb (B) des Nodus um den Schaft gelegt, beide Streifen tragen in jedem ihrer sechs Felder einen eingravierten Buchstaben. Auf dem Fuß des Kelches zwei aufgelötete spätgotische Wappenschilde mit Wappenfiguren in Einlegearbeit.

Maße: H. 17,5, Dm. 10, Bu. 0,5–0,7 cm.

Schriftart(en): Bastard-Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    S(ANCTA) MARIA

  2. B

    I H S E M A

Wappen:
steigender gekrönter Löwe (Adelmann?); zwei pfahlweise gestellte viersprossige Hirschstangen (Hirnheim?).

Kommentar

Die ersten drei Buchstaben von Inschrift B sind wohl als Christusmonogramm aufzufassen, die Fortsetzung vielleicht E(T) MA(RIA)? Nach einer lokalen Tradition soll der Kelch zu Anfang des 17. Jahrhunderts von Agnes Maria (1595–1616), Sabina Elisabetha (1598–1646) und Magdalena (1603–1649), den Töchtern des Wolf Jakob Nothaft von Hohenberg zu Hochberg, gestiftet worden sein.1 Diese Überlieferung stützt sich auf das angebliche Vorkommen der Monogramme der Schwestern in der Inschrift, ist aber wohl irrig. Der Kelch ist rund hundert Jahre früher anzusetzen. Die Schrift zeigt breites M mit schräg gestellten Hasten, A mit Deckstrich und gebrochenem Querbalken, zweibauchiges E und I mit Punkt in Schaftmitte. Das sind Kennzeichen, die für eine Entstehung um die Wende zum 16. Jahrhundert sprechen.2 Auch die Ausführung des Kelches weist in die Zeit um 1500; Schaft, Nodus, Fuß und Wappenschilde sind spätgotisch, während die paraboloide Kuppa bereits Einflüsse der Renaissance erkennen läßt.

Die in der Form eines Allianzwappens gegeneinander gestellten Wappenschilde dürften das Stifterehepaar bezeichnen. Zu seiner Identifizierung müssen vier Kriterien erfüllt sein: der Ehemann führt einen steigenden gekrönten Löwen, die Ehefrau zwei pfahlweise gestellte Hirschstangen; die Ehe muß um 1500 bestsanden haben, außerdem muß eine Beziehung zu den Nothaft von Hohenberg, den Patronatsherren von Hochberg, nachweisbar sein. Nach vorläufigen Untersuchungen könnte das im Jahre 1497 erwähnte Ehepaar Wilhelm Adelmann von Adelmannsfelden und Kunigunde von Hirnheim den Kelch gestiftet haben.3 Die Ehe war anscheinend kinderlos; Kunigunde müßte den Kelch ihrem Vetter vierten Grades vermacht haben, dem ebenfalls kinderlos verstorbenen Wolf Philipp von Hirnheim4; über dessen Witwe Agatha von Kaltental5 könnte der Kelch auf direktem Wege nach Hochberg gekommen sein: Johann Dietrich, der Stammvater aller späteren Hochberger Nothaft (gest. 1592), war in erster Ehe mit Agatha von Kaltental verheiratet, die bereits 1553 verstarb.6

Anmerkungen

  1. M. Plieninger, Stiftungsverzeichnis (1786), ev. Pfarrarchiv Hochberg (Gem. Remseck a. N.), Fach 4, Abt 1 Bund 16b, S. 7. – Zur Familie des Wolf Jakob Nothaft vgl. nr. 511, ferner Stammtafel Nothaft.
  2. Kloos, Epigraphik 155f. – Vgl. DI. XIX (Stadt Göttingen) nr. 74 mit Abbildung auf Taf. XV; ferner DI. XXIV (Lüneburg) nr. 53 mit Abb. 35.
  3. Zu diesen und den folgenden genealogischen Erwägungen vgl. Bucelin II. 2. E 4 (Adelmann); II. 2. K 5 (Hirnheim); II. 2. M.; Schilling 359ff.; Gabelkover-Waltz, Genealogia Nothafftiana.
  4. Zu Wolf Philipp von Hirnheim vgl. nr. 294.
  5. Zu Agatha von Kaltental vgl. nr. 295.
  6. Vgl. nr. 301.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 184 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0018405.