Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)
Nr. 178 Unterriexingen (Stadt Markgröningen), Frauenkirche 15. Jh.?
Beschreibung
Gedächtnisinschrift für einen Unbekannten mit Vornamen Conrad, außen an der Südseite des Langhauses. In einen Sandsteinquader des mittleren Strebepfeilers sind Kreuz und Pilgerstab eingehauen, flankiert von einem eingehauenen zweizeiligen Schriftblock, dessen letzte drei Buchstaben erhaben sind.
Maße: H. 38, B. 69, Bu. 5,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel, Versalien in gotischer Majuskel.
Bruder Cvnrat / Dem Got Gnad
Anmerkungen
- Eduard Paulus, Bruder Konrads Lied, in: Leutrum, Frauenkirche, 68f.
- Vgl. nr. 39.
- Karl Weitbrecht, Bruder Konrad, in: Leutrum a. a. O. 69ff.
- Paulus, Neckarkreis 488.
Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 178 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0017800.
Kommentar
Die rätselhafte Inschrift gab im 19. Jahrhundert den Anstoß zu zwei phantasievollen Gedichten. Eduard Paulus1 sah in Bruder Conrad den Geliebten der Margarete von Münchingen2, der nach deren frühem Tod auf dreißigjährige Pilgerschaft ins Heilige Land gezogen sei. Bei Karl Weitbrecht3 erfährt Bruder Conrad als vergeblich Liebender, als die Wahrheit suchender Klosterbruder und als Italien und den Orient bereisender Pilger dreifach die Vergänglichkeit alles irdischen Strebens. In Wirklichkeit wissen wir nicht, wem die Inschrift gilt. Der Pilgerstab und die Verwendung der deutschen Sprache lassen am ehesten an einen Wallfahrer denken, denn die Frauenkirche war bis zur Reformation Wallfahrtskirche. Ähnlich problematisch ist die Datierung, die sich nur auf den Schriftbefund stützen kann. Die Großbuchstaben – schneckenförmiges G, geschlossenes C, brezelförmiges B und fast ovales D, die drei letzteren mit langen Sporen – stehen ganz in der Tradition der gotischen Majuskel des 14. Jahrhunderts. Im Gegensatz dazu zeigen die Kleinbuchstaben Bögen, Schleifen und geschwungene Hasten, wie sie für die Übergangsphase der gotischen Minuskel zur Frakturschrift in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts typisch sind. Die von Paulus vorgeschlagene Datierung der unbeholfen, fast eingekratzt wirkenden Inschrift in das 15. Jahrhundert ist deshalb höchst zweifelhaft.4