Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 169† Steinheim a. d. Murr, ehemaliges Kloster Mariental (1255?)/E. 15. Jh.

Beschreibung

Stiftungsinschrift des Klosters über dem ehemaligen Haupteingang im Bereich der heutigen Kreuzung Kleinbottwarer Straße-Klosterstraße.1 Über dem Eingang waren die Steinskulpturen Bertholds von Blankenstein und seiner Gemahlin Elisabeth von Steinheim angebracht. Beide hielten in den Händen ein Modell des Klosters. Je ein Schriftblock befand sich rechts (A), links (C) und in der Mitte der Skulpturen (B). Die Darstellung dürfte spätestens im Zusammenhang mit dem Klosterbrand des Jahres 1643 in Abgang gekommen sein.

Inschrift zitiert nach Crusius.

  1. A

    Anno M· CC· LV· Das Hauß / das ich beger zu bawen / ist groß· Dann groß ist vnser Gott·

  2. B

    Domus quam aedificare cupio, magna est. Magnus enim est deus noster. Domus quam aedificaui nomini tuo, magna est: vt exaudias preces eorum.2)

  3. C

    Das Hauß ich deinem Namen gebawet hab: Auff daß du im Himmel hörest jr Gebett.

Kommentar

Das Frauenkloster Mariental in Steinheim wurde im Jahr 1254 von Elisabeth von Steinheim, der letzten ihrer Familie, und ihrem zweiten Ehemann Berthold von Blankenstein aus dem Eigengut Elisabeths gestiftet.3 Man vermutet, daß Graf Ulrich I. von Württemberg als treibende Kraft hinter der Gründung stand, der durch die erhoffte Klostervogtei im unteren Bottwartal Fuß fassen wollte. Er hatte bereits die Eheschließung seines Vasallen Berthold mit der wohl schon älteren und kinderlosen Elisabeth betrieben, die in erster Ehe mit Gerung von Heinriet verheiratet gewesen war.4 Nach Bertholds Tod5 entzog sich das Kloster dem württembergischen Einfluß und unterstellte sich dem Reich. In der Reformationszeit gelang es Württemberg, das Kloster zu säkularisieren. Die letzte Nonne starb um 15806; 1643 fiel die Klosteranlage einem Brand zum Opfer.7 Die wiederaufgebauten Wirtschaftsgebäude wurden 1969/80 abgerissen.8

Die Authentizität der Inschrift bzw. ihre Entstehung im 13. Jahrhundert ist fragwürdig. Sicher läßt sich sagen, daß die beiden deutschsprachigen Texte mit der Jahreszahl (A und C) erst im 15. Jahrhundert entstanden sind, gewissermaßen als deutsche Wiedergabe des lateinischen Textes. Ob die Stifterfiguren mit dem Kirchenmodell und dem lateinischen Text (B) wirklich aus der Erbauuungszeit des Klosters stammen, ist sehr unwahrscheinlich. Denkbar wäre eine Ausführung des Textes als Tympanon-Inschrift und eine Darstellung der Stifter als Adoranten vor der Klosterpatronin mit dem Modell der Kirche. Möglicherweise wurde eine solche Darstellung zerstört und in bewußter Rückerinnerung an die Frühzeit des Klosters in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Klosterreform nachgeschaffen.9

Anmerkungen

  1. Lageplan des Klosters bei Senftleber, in: Steinheim an der Murr (1953) 65.
  2. 2. Par. 2,5 (‚domus autem quam aedificare cupio, magna est’); 3. Reg. 8, 44–45.
  3. WUB. V, Nr. 1316.
  4. Theil, in: Heimatbuch der Stadt Steinheim an der Murr (1980) 58f., 61ff.
  5. Vgl. nr. 10.
  6. Theil a. a. O. 65ff., 89–96.
  7. Theil a. a. O. 97, 103; Senftleber a. a. O. 66.
  8. Vgl. nr. 5 und nr. 12.
  9. Die Rückbesinnung auf die Gründungszeit läßt sich auch bei anderen Klostergemeinschaften in diesem Zeitraum beobachten; vgl. DI. XXII (Enzkreis) p. XVII. Möglicherweise steht auch die Inschrift nr. 118 aus Steinheim in einem solchen Zusammenhang. Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, daß das Gedächtnis-Epitaph für Berthold von Blankenstein (nr. 10) in dieser Zeit entstanden ist; eine Entscheidung ist angesichts der nur kopialen Überlieferung nicht möglich.

Nachweise

  1. Crusius, Annales Suevici II 85.
  2. OABMarbach 1866, 294.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 169† (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0016903.