Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)
Nr. 155 Großsachsenheim (Stadt Sachsenheim), ev. Pfarrhaus, Obere Straße 1493
Beschreibung
Bauinschrift des Hans von Sachsenheim. An der südlichen Giebelseite des Hauses über dem Eingang.1 Hochrechteckige Tafel aus grauem Sandstein mit Resten roter Fassung; oben Inschrift in drei Zeilen (schwarz nachgezogen), darunter Jahreszahl (geteilt) und zwei Wappenschilde unter gemeinsamem Helm mit Helmzier in Relief; zwischen den Wappen Steinmetzzeichen nr. 5.
Maße: H. ca. 90, B. ca. 45, Bu. ca. 2,5–3 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
got geb de(n) sinea) dieb) nach mir hinec) / D(a)z ich werd finde · gnad by maria kind(e) / · Han(n)s Von Sachssenhein : · // · 1 · 4 · /// · 9 · 3 · /d)
Sachsenheim | Neipperg |
Textkritischer Apparat
- Erkennbar sind ein langes s zu Beginn, darauf folgen vier Hasten; über den ersten beiden Hasten sitzen zwei Punkte, ein dritter Punkt (Kürzungspunkt?) über der letzten Haste. – Möglich wäre vom Sinn her sowohl die Deutung Gott geb den Seinen … als auch Gott geb den Söhnen… Die Lesung von Bachteler (Großsachsenheim 1962) und Schahl Gott geb den bue (= Buben)… als mundartlich-schwäbische Version ist weniger einleuchtend.
- Runde Unzialform für d am Wortanfang.
- Bei Bachteler und Schahl: huie als angeblich schwäbische Dialektform für . . die’s nach mir treiben (= die nach mir heiraten). Dem Sinn nach scheint hine als „hinne“ oder „hinnen“ (= hier innen) wahrscheinlicher.
- Die Ziffer 4 in gotischer Form.
Anmerkungen
- Steinhaus der ehemaligen Ortsherrschaft, zu unterscheiden von der Burg Sachsenheim (s. nr. 275), nach dem Übergang an Württemberg 1562 Amtshaus des Untervogts, dann Stadtschreiberei und seit 1872 ev. Pfarrhaus; vgl. WürttStädtebuch 105.
- Vgl. Stammtafel Sachsenheim II.
- Zur Person vgl. Pfeilsticker 1090, 2532; WürttReg. nr. 11826.
- Vgl. nr. 79 Anm. 4, 198. Diese Inschriften entstanden kurz vor 1458 und 1486/89.
- An den Kirchen von Münchingen, Roßwag und Bissingen; er war auch im Enzkreis tätig (vgl. DI. XXII nr. 107).
Nachweise
- Bachteler, Großsachsenheim 1962, 73 und Abb. 10.
- Schahl, Neckarschwaben 266.
- Bachteler, in: Sachsenheim, Tor zum Stromberg. Sachsenheim 1975, 79 mit Abb.
- Bachteler, Stadtkirche Großsachsenheim 1984, 10f., 146.
Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 155 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0015502.
Kommentar
Der Bauherr ist als Hans d. J. von Sachsenheim, Sohn des Bernold (= Bernhard) und der Elisabeth geborene von Neipperg, zu identifizieren.2 Er war 1477 mit Elisabeth Eberhardin von Eltershofen, der Witwe des Hans Nothaft, verheiratet. Zusammen mit ihr scheint er das herrschaftliche Steinhaus, später „Neuhaus“ genannt, erbaut zu haben; davon zeugt die Bauzahl 1473 (?) mit den Wappen Sachsenheim und Eltershofen im Scheitel des westlichen Eingangs an der Hofseite. Welche Baumaßnahme die vorliegende Inschrift bezeichnet, ist unbekannt. Jedenfalls bezieht sie sich ebenfalls auf Hans, zeigt aber anstelle des Wappens der Ehefrau das Wappen der Mutter. Hans ist 1472 zuerst als Erbe von Hans von Sachsenheim „Bertholds Sohn“, seinem Onkel, bezeugt3; 1483 war er Vormund der Kinder seines Bruders Reinhart d. Ä. (gest. vor 1483). 1493 stand Hans im württembergischen Hofdienst; er wurde 1494 Obervogt zu Leonberg, 1503 Landhofmeister.
Die Reiminschrift scheint an eine Sachsenheimische Familientradition anzuknüpfen, denn für den Minnesänger Hermann d. Ä. von Sachsenheim und dessen Sohn Jörg sind ebenfalls deutschsprachige Stein-Inschriften in gereimter Form überliefert.4 Wenn jene als Epitaph-Inschriften auch eine andere Funktion hatten, so fällt als Gemeinsamkeit aller drei Inschriften doch auf, daß sie eine Anrufung von Maria bzw. von Christus als „Mariae kind“ enthalten. Die sonst übliche Information über Hausbau oder Grundsteinlegung fehlt.
Die dekorative Wirkung der Schrift beruht auf schleifenförmig ausgezogenen Unterlängen und besonders reich verzierten Versalien beim Namen des Bauherrn. Die Verteilung des Vierzeilers auf zwei Zeilen entspricht nicht dem Reim, doch sind die Versanfänge in der Zeilenmitte einmal durch die besondere Form eines unzialen d, zum andern durch einen Punkt markiert. Der ausführende Steinmetz ist im Bearbeitungsgebiet mehrfach durch sein Steinmetzzeichen nachgewiesen.5