Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 154 Heutingsheim (Stadt Freiberg am Neckar), ev. Pfarrkirche St. Simon und Juda 1492

Beschreibung

Glocke, ursprünglich die größte und älteste von dreien1, gegossen von Pantlion Sidler in Esslingen. Schulterinschrift zwischen Kordelstegen; auf der Flanke zweimal dasselbe Relief einer Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes2; unmittelbar daruntergesetzt Wappenschild; Kronenbügel mit Tau an der Vorderseite.

Maße: Dm. 102, H. 88 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. + · osanna · hais · ich · pantlion · sidler · von · esling · gos · mich · im · m · cccc · lxxxxii · iar · vnd · im · namen · ihs · vnd · maria ·Jesus

Wappen:
Stammheim

Kommentar

Klunzinger3 überliefert die Inschrift: Osanna heiß ich Lachmann Esling · gos mich im 1495 Jar · Im Namen Jesus und Maria. Da die Gießerei der beiden Lachaman in Heilbronn und zu keiner Zeit in Eßlingen beheimatet war, ist wahrscheinlich, daß Klunzinger die vorliegende Glocke gemeint hat und eine falsche Lesung wiedergibt. – Die Gießhütte des Pantlion Sidler bestand zwischen ca. 1480 und 1517 in Esslingen; 1517 siedelte Pantlion nach Heidelberg über, wo er 1521 starb.4

Das Datum der Glocke gitb einen Anhaltspunkt für die Vollendung des spätgotischen Neubaus der Heutingsheimer Kirche. Dieser Neubau ist nach einheitlichem Plan des Peter von Koblenz5 1487ff. ausgeführt worden. Die Bauherrschaft bezeichnen zwei Wappenschilde – Stammheim und Sperberseck – über einem Fenster auf der Nordseite des Langhauses. Hans von Stammheim (gest. 1495)6 als Ortsherr und die Sperberseck als die Inhaber des Kirchenpatronats7 ließen den Neubau errichten. Wie das Wappen der Glocke ausweist, ist Hans von Stammheim auch als Stifter der Glocke anzusehen.

Die Gestaltung ist typisch für Sidlers Frühzeit, in der er mehrfach rautenförmige Zeichen als Worttrenner verwendete.

Anmerkungen

  1. Über Verbleib und Entstehungszeit der beiden anderen Glocken konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. Sie sind lediglich von Klunzinger 1857, 99, als vorhanden erwähnt; ebenso OABLudwigsburg 1859, 224.
  2. Dassselbe Relief 1493 auf einer Glocke in Heiningen (Lkr. Göppingen); vgl. Deutscher Glockenatlas WürttHohenzollern nr. 674.
  3. Übernommen in OABLudwigsburg 1859, 224.
  4. Zu seiner Biographie vgl. Deutscher Glockenatlas WürttHohenzollern 28–31; Verzeichnis seiner Glocken ebd. 637f. – Zu Lachaman siehe bei nr. 145.
  5. Sein Meisterzeichen – Stz. nr. 11 – am Gewölbe der Sakristei; weitere Bauten aus dem Umkreis dieses Meisters im Bearbeitungsgebiet s. nr. 157 und oben Einleitung S. XXXV. Die Bauzahl 1487 in spätgotischer Schreibung an der Südseite des Langhauses außen im Scheitel des Portals und im Chor an der Südwand.
  6. Er war ebenfalls Bauherr der Pfarrkirche zu Geisingen 1474ff.; vgl. nr. 111.
  7. Darlegung der historischen Fakten bei Seiler, Freiberg 1982, 26 und 29; dort ist das Wappen Sperberseck unrichtig als das Wappen der Herzöge von Teck angesprochen.

Nachweise

  1. Klunzinger 1857, 99.
  2. OABLudwigsburg 1859, 224.
  3. Deutscher Glockenatlas WürttHohenzollern nr. 970 und Abb. 177 (Detail).
  4. H. E. Walter, Tausend Jahre Heutingsheim. Ludwigsburg 1972, 202 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 154 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0015404.