Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 106 Markgröningen, ev. Stadtkirche St. Bartholomäus 1472

Beschreibung

Bauinschrift des Chores, an der Stirnseite des Triumphbogens auf fünf Werkstücke aus gelbgrauem Sandstein verteilt; sie bilden den Scheitel des profilierten Spitzbogens. Die einzeilige Inschrift endet mit einer Ranke. Buchstaben dunkel nachgezogen.

Maße: H. (Werkstück) ca. 45–50, B. ca. 150, Bu. ca. 12 cm.

Schriftart(en): Bastard-Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. · ANNO · D(OMI)NI · M · CCCC · LXXII · /

Kommentar

Der spätgotische Chor mit Netzgewölbe wurde 1472 an die Basilika des 13. Jahrhunderts angefügt, nachdem der alte Chor abgerissen worden war.1 Die ausführenden Meister haben ihre Zeichen am Chorgewölbe angebracht: am östlichen Schlußstein befindet sich das Sternenwappen des württembergischen Hofwerkmeisters Aberlin Jörg2; am westlichen Schlußstein der Meisterschild mit Stz. nr. 3 eines bisher nicht namentlich bekannten Meisters.3

Die Ausführung der Bauinschrift in einer Frühform der Kapitalis ist bemerkenswert, denn damit ist sie eines der frühesten Beispiele dieser Schrift im Neckargebiet.4 Soweit bisher überprüfbar, kommt die Schrift sonst nicht an Bauten des Aberlin Jörg vor und innerhalb Stuttgarts erst 1490 bzw. 1493 am Chorgestühl der ehemaligen Dominikanerkirche. Bezeichnend für die frühe Zeitstellung ist die Bildung des M in Form eines H – mit kurzem Mittelschaft – griechisch-byzantinischen Ursprungs. Eine sehr persönliche Bildung ist auch das Q; es ist durch seitliche Schwellung breiter als hoch, die Mittelachse ist durch drei Punkte akzentuiert. Punkte begleiten auch das D, das I und das L in der Buchstabenmitte; N ist retrograd gestellt; Worttrennung durch Paragraphenpunkte.

Anmerkungen

  1. Zur Baugeschichte vgl. E. Fiechter, in: Roemer, Markgröningen I, 122ff.; H. Koepf, in: HgW 2 (1950) 3–5; Dehio-Piel 1964, 305f. – Vgl. auch oben nr. 9.
  2. Zuletzt H. Koepf, in: NDB 10 (1974) 460 (mit weiterführenden Literaturangaben). – Die spätgotischen Baumaßnahmen umfaßten ferner die Sakristei und das Gewölbe über dem Ostjoch des Nordseitenschiffs (= jetzt Taufkapelle); dort ebenfalls das Wappen Aberlin Jörgs und des ausführenden Meisters. Ein von Koepf erwähnter „Sammelstein“, der außer Steinmetzzeichen auch den Namen „Johannes“ getragen haben soll, ist nicht nachweisbar; vgl. H. Koepf, in: ZWLG 17 (1958) 44.
  3. Klemm, WürttBaumeister 102 und nr. 61.
  4. Zur Verbreitung früher Kapitalschriften in Württemberg s. Einleitung S. XLIIIf.

Nachweise

  1. OABLudwigsburg 1859, 249 (hier Jahreszahl 1473).

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 106 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0010605.