Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 28 Bietigheim (Stadt Bietigheim-Bissingen), ev. Stadtkirche U. L. Frau 1349

Beschreibung

Grabplatten-Fragment für einen Priester. Im Langhaus an der Südwand, früher (1859 und noch 1881) an der Nordwand über dem Eingang. Obere Hälfte einer hochrechteckigen Platte aus gelbgrauem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien; im Feld Figur eines Priesters in Relief, unter seinem Kopf Kissen mit gefälteltem Behang; er hält einen Kelch vor der Brust. Unten sind ca. 15 cm des Reliefs – nicht aber der Inschrift! – abgeschlagen, so daß die Figur nur bis zur Höhe der Ellbogen sichtbar ist. Schlagspuren im Gesicht, linke Wange und Nase abgestoßen.

Maße: H. 91, B. 70, Bu. 6,5–7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. + ANHOa) · D(OMI)NI · M° · CC°C·XLIX° · OBIIT [. . . . . . . ./. . . . . . . . . ./ . . . . . . . . . . . . .DI]E · AVGVSTINI · EP(ISCOP)I /

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1349 starb . . . . . . . . . (am Tag des hl.) Bischofs Augustinus (28. August).

Kommentar

Das Denkmal ist älter als die Kirche, deren Chor 1401ff. anstelle der ehemaligen Burgkapelle erbaut wurde.1 Will man nicht annehmen, daß das Grabmal aus der Burgkapelle übernommen wurde, so kommt nur die Friedhofskirche St. Peter, die ehemalige Pfarrkirche der Stadt, als ursprünglicher Standort in Frage.

Roemer identifizierte den Verstorbenen mit Dietrich von Bönnigheim, Kirchherr und Dekan zu Bietigheim2; dieser stiftete 1337 zusammen mit seinen Brüdern Albrecht zu Klein-Ingersheim und Ruger eine Altarpfründe (St. Maria und St. Katharina) in die damalige Pfarrkirche St. Peter. Er soll dort im Chor zusammen mit seinen Brüdern bestattet worden sein. Möglicherweise läßt sich diese Altarstiftung mit dem Neubau der Peterskirche verknüpfen, der bisher zu spät angesetzt wurde.3 Dann wäre es denkbar, den vorliegenden Grabstein als Stiftergrabplatte zu interpretieren, der daher als einziger Stein aus der Bauzeit der Peterskirche erhalten und in die neue Stadtpfarrkirche übertragen wurde.4 Die Identifizierung ist nicht mit Sicherheit zu belegen.

Das Grabmal ist bemerkenswert als eines der wenigen frühen Figurengrabmäler des Neckargebietes.5 Die Schrift ist eine voll ausgebildete gotische Majuskel. Auffällig sind C und E durch senkrechte Schattenstriche, der bei C mit einem Knoten geschmückt ist; auch I zeigt einen Knoten in Schaftmitte. Das A ist trapezförmig.

Textkritischer Apparat

  1. So für ANNO.

Anmerkungen

  1. Zur Baugeschichte s. bei nr. 92.
  2. Roemer, Bietigheim 50 (mit Todesjahr 1348); die Angabe, der Grabstein befinde sich erst seit 1892 an der Nordwand der Kirche, ist durch frühere Erwähnungen (Haßler 1859, Klemm 1881) widerlegt. Paulus, Neckarkreis 1889, 66f. erwähnt den Stein nicht, überliefert aber den Grabstein eines Sturmfeder; OABBesigheim 1853, 121 spricht nur von einem Grabstein mit Wappen Sternenfels, der beim Taufstein im Boden lag. – Zu Dietrich von Bönnigheim vgl. WürttReg. nr. 7049 (1337 April 24).
  3. Zur Baugeschichte der Peterskirche vgl. nrr. 29, 138.
  4. Die jetzt noch im Bereich der Peterskirche befindlichen Steine wurden erst 1891/92 aus der Stadtkirche hierher verlegt; vgl. nr. 383, 384.
  5. Zur Entwicklung des Figurengrabmals vgl. oben Einleitung S. XXXIV.

Nachweise

  1. Haßler 1859, 29.
  2. Klemm, in: Bes. lit. Beilage zum Staatsanzeiger für Württemberg 1881, 263f.
  3. Roemer, Bietigheim 1956, 50.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 28 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0002809.