Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 20 Markgröningen, ev. Stadtkirche St. Bartholomäus 13./14. Jh.

Beschreibung

Beischriften auf Wandmalereien des Langhauses; alle gotische Majuskel.

I. Südliches Seitenschiff, erstes Joch: durch Hinausschieben der Außenwand zwischen den Strebepfeilern entstand eine flache Kapelle in der Fensternische. Sie war ursprünglich ganz ausgemalt; erkennbar sind seit der Restaurierung 1956 sechs stehende Figuren eines Heiligen-Zyklus, gemalt auf blauem Grund. Alle Figuren bis zur Hüfte hinauf zerstört. Bei einigen ist eine weiße Beischrift zu Häupten direkt auf den Grund gemalt. Die Fensterleibung und der Entlastungsbogen der Nische sind mit Rosenstäben, Blattfriesen und Blendmaßwerk dekorativ bemalt.

1. Auf Wandvorsprung links: hl. Christophorus.

2. Linke Seitenwand der Nische: hl. Katharina, von einem herabschwebenden Engel mit einem Kranz gekrönt; sie hält ihr Schwert an der Spitze, nicht am Griff.

3. Stirnwand links: hl. Bischof (kleiner im Maßstab) mit Beischrift:

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/14]

  1. S · CO[NR]AD(VS)

4. Stirnwand rechts: hl. Bischof (Gegenstück zu 3) mit Beischrift:

  1. S · ERHAR[D](VS)

5. Seitenwand rechts: hl. Agnes, wie I,2 von einem Engel gekrönt; Beischrift:

  1. [S · AG]NESA

6. Rechts oben in der Leibung: weibliche Heilige mit Märtyrerpalme, ohne Beischrift.

II. Südliches Seitenschiff, drittes Joch: ausgemalte Kapellennische wie I, Ausführung gleichzeitig und wohl von derselben Hand wie bei I.

1. Linke Seitenwand: hl. Christophorus mit Beischrift:

  1. CRISTO[PHORVS]

2. Linke Seitenwand, oben in der Leibung der Nische: Standfigur eines jugendlichen Heiligen mit Resten einer Beischrift (hier auf weißem Schriftband):

  1. [. . . .]ORVSa)

3. Rechte Seitenwand: hl. Johannes d. Täufer; Beischrift nicht mehr erkennbar.

III. An dem südlichen Halbpfeiler im dritten Joch; unmittelbar unterhalb von dem reich mit Blattwerk und Weinreben geschmückten Kapitell lebensgroße Darstellung des Schmerzensmannes in ganzer Figur, seitlich gerahmt von je acht kleinen gemalten Rundbogennischen mit den Leidenswerkzeugen. Auf dem Rundstab-Wulst über dem Haupt des Erlösers Inschrift-Fragment, schwarz auf weißem Grund.

Maße: H. (gesamte Darstellung) ca. 180, Dm. (Pfeiler) ca. 80, Bu. ca. 2–3 cm.

  1. [. . . .]MISERI[CORDIA] DEIb). /

Die Darstellung entspricht der bald nach 1300 nördlich der Alpen entstehenden Bildvorstellung der „Imago Pietatis“, die auf eine byzantinische Mosaik-Ikone des 12. Jahrhunderts in Rom in S. Croce in Gerusalemme zurückgeht.1 Die Beischrift kommt auch bei anderen Schmerzensmann-Bildern des 14. Jahrhunderts in ähnlichem Wortlaut vor.2

IV. Nördliches Seitenschiff, fünftes Joch: Ausmalung der Gewölbekappen: Marien-Programm und die vier Evangelisten, paarweise zusammengefaßt. Inschrift-Fragment nur im östlichen Zwickel: Szene der Verkündigung. Maria und der Engel tragen je ein langes Spruchband mit Spuren von Majuskel-Buchstaben. Die Inschrift des Engels ist teilweise lesbar:

  1. [AVE MARIA] [GRACIA ] /

Kommentar

Die Wandmalereien wurden bei der Innen-Erneuerung der Kirche 1955/1956 freigelegt und restauriert (H. Manz).3 Während I und II in der kraftvollen Monumentalität der Figuren noch dem 13. Jahrhundert nahestehen, scheinen III und IV in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden. Von der Schrift her ist die Ansetzung nicht zu präzisieren, da die Beischriften übergangen sind.

Textkritischer Apparat

  1. Da bei I und II alle Beischriften in weiß direkt auf blauen Grund gesetzt sind, sind Zweifel angebracht, ob hier nicht eine Ergänzung des Restaurators vorliegt.
  2. Vor MISERI[CORDIA] scheint eine Lücke von etwa drei Buchstaben möglich. Statt DEI wäre auch D(OMI)NI denkbar, jedoch ist das geschlossene E hier wahrscheinlicher. M und D sind unzial, das S stark gedrückt, R hat eine deutliche Schwellung.

Anmerkungen

  1. Zu diesem Typus der Schmerzensmann-Darstellung vgl. Schiller, Ikonographie der Christlichen Kunst Bd. 2 Gütersloh 1968, 210ff. (mit Angaben zur Spezialliteratur).
  2. Der Schmerzensmann auf einem böhmischen Diptychon aus der Zeit um 1360 (Karlsruhe, Kunsthalle) trägt die Beischrift „misericordia domini“ (in gotischer Minuskel); Abb. bei Schiller (Anm. 1) Abb. 685. – Eine Parallele zu dem Markgröninger Wandgemälde befindet sich in Bächlingen (Gem. Langenburg, Lkr. Schwäb. Hall) in einem Wandmalerei-Zyklus, Mitte 14. Jahrhundert.
  3. Kurzer Fundbericht bei Adelmann, in: Heilige Kunst 1956, 22f. – Es sei erwähnt, daß sich an verschiedenen Stellen der Kirche weitere Wandgemälde ohne Reste von Inschriften befinden; diese bleiben hier unberücksichtigt.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 20 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0002005.