Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 12a† Oberstenfeld, ehem. Stiftskirche St. Johannes d. T. 13. Jh.?

Beschreibung

Fragment einer Steinplatte mit umlaufender Randinschrift; um 1900 in der Krypta, jetzt verschollen. Nach der Zeichnung des Stiftsfräuleins Natalie von Stetten war es ein rechteckiges Bruchstück mit glatten (behauenen?) Rändern, das einst die Ecke einer rechteckigen Platte mit abgeschrägtem Rand gebildet hatte. Auf dem horizontalen Rand – nicht auf der Schrägung – lief eine Schriftzeile um, die vom Mittelfeld durch eine Linie getrennt war.

Schriftart(en): Schrift Majuskel.

  1. [. . . .]UA. O(BIIT). + QVIS. QVIS. / ERIS. QVI. TR[ANSIS. .]

Übersetzung:

… starb. Wer du auch seist, der vorübergeht …

Kommentar

Die aus der Zeichnung noch zu erschließenden Schriftreste sichern, daß das Fragment von einer Grabplatte stammt. Der abgeschrägte Rand könnte auf eine Tumba deuten, doch sind die Unterlängen der Buchstaben nach innen gerichtet und nicht – wie bei Tumben üblich – nach außen. Da aber nach der Zeichnung die Inschrift auf der Fläche der Platte angebracht war (nicht auf der umlaufenden Randschrägung), läßt sich auch diese Schriftrichtung mit einem Tumbengrab verbinden. Die Inschrift beginnt in der Mitte einer Längszeile mit einem Kreuz und setzt ein mit einer Formel, die zu dem seit dem 10. Jahrhundert in vielfachen Variationen verbreiteten ‚Spruch der Toten an die Lebenden’ gehört.1 Der Buchstabenbestand mit kapitalem E und T und unzialem U scheint auf eine romanische Majuskel des 11. oder 12. Jahrhunderts zu deuten, doch sind die Schriftenabzeichnungen der Natalie von Stetten zu wenig verläßlich, um sichere Aussagen zu machen. Allerdings erlauben Formular und Schrift doch die Vermutung, daß es sich um den Überrest eines der Stiftergräber handeln dürfte, die für Oberstenfeld bezeugt sind.2 Eine zeitliche Einreihung bleibt unsicher. Die postume Schaffung von Stiftergräbern bzw. -grabmälern ist für das 13. Jahrhundert vielfach bezeugt.3

Anmerkungen

  1. In der Fassung ‚Vos qui transitis, per me discite sitis: sum quod vos eritis, fueram quandoque quod estis’ auf dem Grabstein des Abtes Conrad II. in Alpirsbach († 1127); vgl. W. Goez, Die Einstellung zum Tode im Mittelalter, in: Der Grenzbereich zwischen Leben und Tod, Göttingen 1976, S. 119ff.
  2. Nach dem Oberstenfelder Nekrolog (Mehring, in: WürttVjh. 6, 1897, 258ff.) sind in Schiff und Krypta der Kirche mehrere Angehörige aus der Familie der Grafen ‚von Bottwar’ (auch Grafen ‚von Oberstenfeld’ genannt) bestattet, die zwischen 994 und 1016 das Stift gegründet haben. – Vgl. nr. 2.
  3. H. Keller, Die Entstehung des Bildnisses am Ende des Hochmittelalters, in: Römisches Jahrbuch für Kunstgeschichte 3 (1939) 227–356, insb. 246ff. und Anhang II (Übersicht über ‚Gedächtnisgräber’ des 13. Jahrhunderts).

Nachweise

  1. v. Stetten, Oberstenfeld I 83f.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 12a† (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k00012a6.