Inschriftenkatalog: Landkreis Luwigsburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

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DI 25: Lkr. Ludwigsburg (1986)

Nr. 1† Großbottwar, ehemalige Frauenkirche 906/15. Jh.

Beschreibung

Grabmal der Stifterin Detta. Das Denkmal wird um 1550 erstmals erwähnt1 und verschwand vermutlich im 18. Jh. im Zusammenhang mit der Zerstörung der Frauenkirche.2

Die Inschrift ist zitiert nach Sattler.

  1. Anno domini nongentesimo Sexto VIII. Idus Septembris obiit Detta nobilis matrona de Howenstauffen cujus anima requiescat in pace.

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn neunhundert und sechs am 8. Tag vor den Iden des September (6. September) starb Detta, die edle Frau von Hohenstaufen, deren Seele in Frieden ruhe.

Kommentar

Detta ist eine historisch faßbare Persönlichkeit. Im Jahre 873 stiftete sie mit ihrem Gemahl Ado dem hl. Cyriakus zu Neuhausen bei Worms einen Herrenhof in Großbottwar.3 Am 19. August 906 schenkte sie dem Kloster Murrhardt ein Gut in Großbottwar.4 Obwohl Murrhardt bereits längere Zeit vorher Besitz in diesem Ort gehabt hatte, wurde Detta noch im späten Mittelalter als Stifterin des gesamten umfangreichen Murrhardter Besitzes in Großbottwar verehrt.5 Es ist glaubwürdig, daß sie am 6. September 906 starb. Das Formular der Inschrift weist Teile auf, die allerdings erst viel später entstanden sein können. Die Staufer treten unter diesem Namen erst seit dem Ende des 11. Jahrhunderts auf.6 Die Segensformel cuius anima requiescat in pace wird im Bearbeitungsgebiet erst im 15. Jahrhundert üblich.7 Der erste Teil des Textes mit Jahreszahl, Tagedatierung nach dem römischen Kalender und dem Namen der Verstorbenen kann dagegen durchaus im 10. Jahrhundert formuliert worden sein.8 Damit wird wahrscheinlich, daß die Inschrift in der vorliegenden Form zwar erst im 15. Jahrhundert entstand, daß sie aber in der Tradition einer sehr viel älteren Vorgängerinschrift steht, von der sie Textteile übernommen haben könnte. Anlaß der Neufassung dürfte eine Beschädigung des alten Steines gewesen sein. Die Zuordnung Dettas zum staufischen Sippenkreis, die bei dieser Neufassung vorgenommen wurde, diente vielleicht nicht nur dem Zweck, den Rang ihrer Schenkung zu erhöhen. Vielmehr ist wahrscheinlich, daß sie und ihr Ehemann die Vorfahren des Murrgaugrafen Burkhard‚ von Bottwar’ waren, der den an Neuhausen gestifteten Großbottwarer Herrenhof zwischen 950 und 976 wieder zurücktauschte.9 In Burkhard sieht die genealogische Forschung nicht nur den Ahnherrn vieler bedeutender Grafengeschlechter10, sondern auch den Großvater des Grafen Poppo im Lobdengau (erwähnt 1012), der durch seine Heirat mit Adelheid von Öhringen zum Stiefvater Kaiser Konrads II. (gest. 1039) wurde, dem Stammvater aller späteren Salier und Staufer.11

Wenn diese Annahmen richtig sind und im Spätmittelalter bekannt waren, dann ist die Erwähnung der Staufer nicht die Konstruktion einer fiktiven Abstammung der Detta, sondern ein Hinweis auf den Umkreis ihrer Nachkommen.

Anmerkungen

  1. Widmann, Chronica 134.
  2. OABMarbach 1866, 194. Die Kirche stand auf dem heutigen Friedhof.
  3. WUB I nr. 147.
  4. OABBacknang 1871, 260.
  5. Widmann, Chronica 134. Älterer Murrhardter Besitz: WUB I (wie Anm. 3).
  6. Decker-Hauff, Das Staufische Haus 346.
  7. Erstmals nr. 58 (1434). – Vgl. aber H. J. Rieckenberg, Über die Formel ‚Requiescat in pace’ in Grabinschriften, in: Nachrichten der Akad. der Wiss. in Göttingen I, phil. hist. Klasse 1966 Nr. 12, 449–552. Danach sind Grabschriften mit dieser Segensformel bereits seit dem Beginn des 11. Jahrhunderts zu belegen.
  8. Vgl. nr. 2 von 1032. Dort wird das gleiche Formular benutzt.
  9. WUB I nr. 183. O. Kleinknecht, Zur frühesten Geschichte des Murrgaus, in: LudwigsburgerGbll. 19 (1967) 50.
  10. Der Grafen von Lauffen, von Calw, ‚von Oberstenfeld’ (vgl. nr. 2), von Henneberg, von Comburg, von Berg (vgl. nr. 22).
  11. Vgl. Decker-Hauff, Der Öhringer Stiftungsbrief, in: WürttFranken 42 (1958) 10ff. – Kaiser Konrad II. war ein Sohn der Adelheid aus ihrer ersten Ehe mit dem Wormsgaugrafen Heinrich.

Nachweise

  1. Widmann, Chronica 134.
  2. Sattler, Historische Beschreibung II, 72.
  3. OABMarbach 194.
  4. Frischlin, Antiquiteten 81.

Zitierhinweis:
DI 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 1† (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di025h009k0000109.