Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 67 Hehlen, Schloß 1564

Beschreibung

Steintafeln am Südwestgiebel der Scheune. Oben zwei Wappenfelder, darunter eine Inschriftentafel. Auf dieser zwischen zwei Profilen die Inschrift, erhaben in vertiefter Zeile zwischen vertieften Linien gehauen und, da das Feld nicht reichte, auf dem Abschlußprofil fortgeführt.

Maße: H.: 156 cm (gesamt), 45 cm (Schrifttafel); B.: ca. 140 cm; Bu.: 7–4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis, die letzte Zeile schrägliegende Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Julia Zech) [1/1]

  1. FRIZE · V(AN) · D(ER) S[.]LEBORCHa) · ALB(RECHTS) · SAE(LIGEN) · SOEN /HAET · DVSSEb) · SCHENE · BVVENc) · LAEN /VP · SINE · EGEN · VNKOSTd) · VNDe) · LOEN /GOT · WOLDE · SE · BEWAREN · DOEN · VNDe) · AL / DAS · DAER · INE · WERT · KOMEN · DAS DEN // AR MEN · KOME · ZV · FROMEN · ANNO 1564

Übersetzung:

Fritz von der Schulenburg, des seligen Albrechts Sohn, hat diese Scheune bauen lassen auf seine eigenen Kosten. Gott möge sie erhalten, und alles, was hineinkommt, das möge den Armen zu Nutzen kommen.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
Schulenburg1)Saldern2)

Kommentar

Die Kapitalis zeichnet sich durch auffallend viele Ligaturen und Verschränkungen von Buchstaben aus; alle N sind retrograd, wobei der Schrägstrich als Haarstrich ausgeführt ist. S, L und G weisen Sporen in Serifenform auf; das E mit verlängertem unteren Balken endet in einem auffallenden Sporn. H zeigt zweimal (S[.]LEBORCH, HAET) einen nach oben ausgebuchteten Mittelbalken; der Bogen des P endet über der Schaftmitte, der obere Bogen des B ist deutlich kleiner als der untere.

Nach dem Aussterben der Familie von Frenke mit Herbord von Frenke 1558 fiel deren umfangreicher Lehnsbesitz in Hehlen an Fritz von der Schulenburg (1518–1589),3) der, wie es in einer späteren Inschrift zu seinem Gedenken heißt, seit 1560 zuerst die Scheune bauen ließ; daran schlossen sich Vorwerk, Torhaus, Schweinestall, Schafstall und zwei Mühlen an. Der Bau des Schlosses folgte erst danach; vgl. Nr. 143 u. 144. Es ist bezeichnend, daß Fritz von der Schulenburg sein als Kriegsoberst erworbenes Geld zuerst in den Aufbau der Gutswirtschaft steckte, die, wie auch bei den Klenckes in Hämelschenburg (Lkr. Hameln-Pyrmont), die wirtschaftliche Basis seiner Stellung stärkte. Die Anbringung von Wappen und Inschriften auch an Nutzgebäuden dient zugleich seiner Selbstdarstellung als Angehöriger des Adels.4) Der Ausbau des Gutes ging nicht ohne Konflikte mit den Einwohnern des Ortes ab; 1563 und 1569 mußten herzogliche Räte Einigungen über die beiderseitigen Rechte vermitteln. Die 1568 verkündete Grundherrschaft wurde 1576 zum geschlossenen Gericht über vier Dörfer (Hehlen, Daspe, Brökeln, Frenke) erhoben.5) Der beschworene Nutzen für die Armen entspringt einer lutherischen Grundhaltung, die ihren Ausdruck auch in Stiftungen fand; vgl. Nr. 119. Biographische Angaben zum Bauherrn und seiner Frau Ilse von Saldern finden sich im Kommentar zu Nr. 143.

Textkritischer Apparat

  1. S[.]LEBORCH] Die Lücke bietet Platz für einen oder für zwei verschränkte Buchstaben, wahrscheinlich zu ergänzen zu S[CV]LEBORCH.
  2. DVSSE] V und S verschränkt.
  3. BVVEN] Erstes und zweites V verschränkt.
  4. VNKOST] S und T verschränkt.
  5. VND] Retrogrades N und V verschränkt, der rechte Schaft des V bildet den Schrägschaft des N.

Anmerkungen

  1. Wappen Schulenburg (quadriert, 1 u. 4 drei Greifenklauen 2:1, 2 u. 3 schreitender Ochse). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 15 u. Tafel 17.
  2. Wappen Saldern (Rose). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 50 u. Tafel 29.
  3. Kdm. Kr. Holzminden, S. 345. Bereits im September 1558 erhebt Fritz von der Schulenburg Ansprüche in einem lokalen Grenzstreit; vgl. HStAH Cal. Or. 32, Nr. 11 (5. Sept. 1558), zit. nach Findbuch.
  4. Vgl. dazu Borggrefe, „Die vom Adel“, bes. S. 7–10 u. 16. Hufschmidt, Obristen, bes. S. 198–200.
  5. Vgl. Lent, Hehlen, S. 8–16.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 360.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 67 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0006709.