Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 63(†) Bodenwerder, Große Str. 29 1561

Beschreibung

Haus. Fachwerk. Das ursprünglich breitere, zweigeschossige Haus, früher Haus Nr. 39 und 40, ist seit vermutlich 1765 um die linke traufseitige Haushälfte (jetzt Große Str. 31) verkürzt und bis auf den von acht Knaggen getragenen Schwellbalken des Obergeschosses, über dem die Hälfte der früher sechs Fächerrosetten entfernt wurde, verputzt. Die Inschriften sind auf dem unverputzten Schwellbalken angebracht. Von Inschrift A, ursprünglich angebracht auf der nicht mehr vorhandenen Haushälfte, ist nur noch der farblich nicht hervorgehobene Schluß erhalten.1) Zu Beginn der Inschrift B eine Brezel. Die Jahreszahl C in zweiter Zeile auf dem zweiten Knaggenkopf von rechts. Alle Inschriften erhaben in vertiefter Zeile geschnitzt und gold vor braunem Hintergrund gefaßt (B, C).

Maße: Bu.: 12 cm, 10 cm (HAT ), 8 cm (Jahreszahl).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. A †

    [– – –]E ·a)

  2. B

    · ALLE MIN · DONT · VNDE ANFAHN GESCHEN IN JESV CHRISTI · NAMEN · DE · STA MI BI FRO VND SPAT · SO · LANGE MIN · DOND EIN ENDE HAT2)

  3. C

    1561

Übersetzung:

All mein Tun und Anfangen geschieht in Jesu Christi Namen; er stehe mir bei früh und spät, bis mein Tun ein Ende hat. (B)

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Kommentar

Schlichte schmale Kapitalis mit konischem M, dessen Mittelteil weit über der Mittellinie endet; der Mittelbalken des E ist verkürzt.

Inschrift B drückt, im Anklang an Jer. 10,23, deutlich ein protestantisches Gottvertrauen aus. Die im Fürstentum Calenberg, zu dem Bodenwerder gehörte, bereits in den 1540er Jahren eingeführte Reformation machte dieses Bekenntnis des Bauherrn ohne Schwierigkeiten möglich. Die Brezel ist wohl nicht nur Schmuck, sondern Hinweis auf einen Bäcker als Bauherrn. Auch der anstelle der zerstörten Haushälfte 1765 errichtete Neubau Nr. 31 weist zwei Brezeln auf.3)

Textkritischer Apparat

  1. [– – –]E] Kdm.: EST. Tatsächlich ist aber nur ein E zu erkennen, danach ein paragraphenzeichenförmiger Worttrenner; die Begrenzung der vertieften Zeile ist, auch schon von Rose, fälschlich als T interpretiert worden.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 31.
  2. Leicht abgewandelt 1611 als Hausinschrift: vgl. DI 45 (Stadt Goslar), Nr. 79; stärker variiert als Bestandteil einer längeren Versinschrift: ebd., Nr. 157 (1624). Vgl. auch DI 66 (Lkr. Göttingen), Nr. 446 (Duderstadt, 17. Jh.?). 1664 auch in Lemgo: Rädeker, Lemgoer Häuser, S. 75 (Echternstr. 35). Weitere Belege aus dem 18. Jahrhundert in Stadtoldendorf; vgl. Eggeling, Chronik, S. 342 u. 344f.
  3. Außerdem trägt der Neubau die Inschrift: WER GOTT VERTRAUT · HAT WOHL GEBAUT · IN HIMMEL UND AUF ERDEN. // AN(N)O · 1765 · D(EN) 20 AUG. Vgl. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 31.

Nachweise

  1. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 31 (mit Abb. 47).
  2. Rose, Chronik, S. 221.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 63(†) (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0006301.