Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 26† Kemnade, St. Dionys vor 1458

Beschreibung

Glocke. 1458 vom Rat der Stadt Bodenwerder aus der Kapelle von Hakenrode (bei Wallensen, Lkr. Hameln-Pyrmont) für die Kemnader Marktkirche St. Dionys ausgeliehen; vgl. Kommentar. Außer der Inschrift waren auf der Glocke Bilder von Maria, Nikolaus, Laurentius, eines weiteren Bischofs, sowie ein Pilgerzeichen der heiligen Hilfe (sinte Hulpeß teken) angebracht.1)

Inschrift nach HStAH Dep. 49 A, Nr. 96.

  1. Maria helff got weß ik begynnea)

Übersetzung:

Maria. Gott, hilf bei dem, was ich beginne.

Kommentar

Der Rat von Bodenwerder lieh am 10. August 1458 (für einen Malter Roggen) Eyne kleene clocken von Ernst Hake aus dessen Kapelle in Hakenrode aus, an der Dietrich (Dyderike) Dreyer Vicar war.2) Die Glocke wurde offenbar nicht wieder eingelöst. Die Kirche St. Dionys in Kemnade wurde Mitte des 18. Jahrhunderts mit Ausnahme des Glockenturms aufgegeben, als die frühere Klosterkirche ihre Funktion als Pfarrkirche übernahm. Möglicherweise wurde eine der beiden 1610 (vgl. Nr. 180) und 1755 für St. Dionys angefertigten Glocken aus dem Material der vorliegenden gegossen.3)

Maria ist hier als Glockenname zu verstehen. Die an Gott gerichtete Bitte um Beistand wird durch die Anbringung des Pilgerzeichens der heiligen Hilfe Gottes, zu der seit der Mitte des 14. Jahrhunderts auf den Hülfensberg im Eichsfeld (nordöstlich von Eschwege) gewallfahrt wurde, unterstrichen.4)

Textkritischer Apparat

  1. Kdm. und Hake nur: Maria, hilf Gott.

Anmerkungen

  1. HStAH Dep. 49 A, Nr. 96. Hake hat aus der Urkunde „Lambert“ statt Laurentius gelesen; die heilige Hulpe erwähnt er nicht; Hake, Familiengeschichte, S. 87; dem folgend: Kdm. Kr. Holzminden, S. 390.
  2. HStAH Dep. 49 A, Nr. 96. Hakenrode ist 1498 wüst; vgl. Ohainski, Lehnsregister, S. 129. Die Kapelle steht als Ruine noch im 18. Jahrhundert; vgl. Baring, Descriptio, S. 12–15.
  3. Vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 390.
  4. Nach Ansicht von Karl Sichart ist mit sinte Hulpe allein eine Verehrung der „göttlichen Hilfe“ gemeint. Eine frühe Personifizierung, abgeleitet aus einem in St. Hülfe bei Diepholz wie auf dem Hülfensberg verehrten Kruzifix mit einem bekrönten, in einer Tunika gekleideten Christus, bestreitet er. Auch in dem seit dem 15. Jahrhundert verbreiteten Kümmerniskult sieht er nur eine Verehrung der Muttergottes als Helferin. Vgl. Sichart, St. Hulpe, passim. Zumindest im letzteren Fall ist die Personifizierung aber nicht bestreitbar; vgl. Art. Volto Santo, in: LexMA Bd. 8, Sp. 1844f.; Art. Wilgefortis, in: LexMA Bd. 9, Sp. 125.

Nachweise

  1. HStAH Dep. 49 A, Nr. 96.
  2. Hake, Familiengeschichte, S. 87.
  3. Kdm. Kr. Holzminden, S. 390.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 26† (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0002608.