Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 19 Bodenwerder, St. Nicolai 1445

Beschreibung

Gedenkstein. Grauer Sandstein. Der Stein, der heute auf dem kleinen Friedhof südlich der Kirche steht, zeichnet sich durch einen dreiteiligen Aufbau aus: ein querrechteckiger Sockel, ein trapezförmiger Mittelteil mit Darstellung des Verstorbenen in kniender Haltung, darüber eine runde Scheibe mit Darstellung der Kreuzigung, rechts und links des Kreuzes Maria und Johannes mit Beutelbuch. Um die Kreuzigungsdarstellung umlaufend die teilweise ausgebrochene Inschrift A, beginnend in der Mitte der linken Hälfte; am Kreuz der Titulus B. Im trapezförmigen Mittelteil vor dem Beter ein geschwungenes Schriftband mit der stark verwitterten Inschrift C. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, die Inschriften B und C eingehauen. In Inschrift A ein Sporenkreuz; die Worttrenner in Form von Quadrangeln mit nach oben und unten angesetzten Zierhäkchen („paragraphenzeichenförmig“).

Inschrift A ergänzt nach Kdm.

Maße: H.: 122 cm; Dm.: 70 cm (Scheibe); Bu.: 5 cm (A), 1,6 cm (B), 2 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. A

    + anno · d(omi)ni · m · cccc ·xlva) · obi[it]b) [...enbert](us)c) · seni[.]ed) [cui(us)]e) a(n)i(m)a req(ui)escatf)g)

  2. B

    i(esus) · n(azarenus) · r(ex) · i(udaeorum) ·1)

  3. C

    mi[serere]h)2)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1445 starb ...enbert (...), dessen Seele ruhe. (A)

Erbarme dich. (C)

Kommentar

Die Inschrift zeigt die ersten paragraphenzeichenförmigen Worttrenner; wie häufig in der gotischen Minuskel sind e und r nicht klar zu unterscheiden.

Der ursprüngliche Standort des Steins ist unbekannt. Vor 1890 war er an der Landstraße zwischen Bodenwerder und Pegestorf in Höhe der Siedlung Lutterburg aufgestellt, um 1908 im Münchhausenschen Berggarten am Hakenberg.3)

Der Stein ist eher als Gedenkstein und nicht als Grabstein anzusehen.4) Der heute auf demselben Friedhof befindliche Gedenkstein Nr. 18 weist erhebliche stilistische Ähnlichkeiten mit dem vorliegenden auf; dies betrifft besonders die Haltung und Ausführung des Betenden und des Gekreuzigten sowie die Gestalt des Schriftbandes.

Textkritischer Apparat

  1. xlv] xiv Kdm. Da keine obere Brechung auf Höhe der Mittellinie zu erkennen ist, ist nicht ein i, sondern ein l anzunehmen. Das Foto des NLD Hannover von 1912 bestätigt diesen Befund. MCCCCXIII Reitemeyer.
  2. obi[it]] Fehlstelle ausgebrochen; obiit Reitemeyer.
  3. [...enbert](us)] enbert Kdm.; heute nicht mehr zu lesen, da die Scheibe an dieser Stelle ausgebrochen ist. Erkennbar ist nur das us-Kürzel, das Braun nicht wiedergibt. Die hier gebotene Lesung ist demnach eine Rekonstruktion aus den Angaben der Kdm. und dem heute sichtbaren Textbefund.
  4. seni[.]e] Platz für zwei Schäfte oder zwei Bögen. Da e und r in der Inschrift in sehr ähnlicher Form ausgeführt sind, ist auch die Lesung seni[o]r nicht auszuschließen
  5. [cui(us)]] Ein Rest des c ist zu erkennen; außerdem Platz für zwei weitere Buchstaben.
  6. req(ui)escat] Das t hochgestellt.
  7. Reitemeyer gibt für den Schluß der Inschrift eine völlig unzutreffende, ihm allerdings selbst unsichere Lesung an: Margarete pro nos ora (?).
  8. mi[serere]] Zur Lesung vgl. Photo NLD Hannover.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Ps. 50,3: Miserere mei Deus.
  3. Vgl. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 22. Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 177.
  4. Als Grabstein angesehen von Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 177; Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 22. Metzler, Inventarisation, S. 14, Text zur Abb.: Kreuzstein.

Nachweise

  1. NLD Hannover, Photo IFDN 2113 (Aufnahme von 1912) u. 2132.
  2. Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 177.
  3. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 22 u. Tafel 25.
  4. Metzler, Inventarisation, S. 14 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 19 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0001900.