Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 16 Kemnade, Klosterkirche St. Marien 1. V. 15. Jh.

Beschreibung

Altarretabel, Triptychon. Holz. Im Mittelschrein sind von links nach rechts dargestellt: der heilige Adrian von Nikomedien, die Geburt Christi, die Verkündigung an die Hirten und der Apostel Petrus. Auf dem linken Flügel die Verkündigung an Maria, auf dem rechten Flügel die Darbringung Jesu im Tempel. Inschrift A auf der Konsole des heiligen Adrian. Innerhalb der Verkündigung an Maria Inschrift B auf dem Spruchband des Engels, Inschrift C auf dem aufgeschlagenen Buch der Maria. Eine weitere nicht mehr lesbare Inschrift auf dem Spruchband des Engels bei der Verkündigung an die Hirten. Alle Inschriften sind gemalt, der Versal und die kreisförmigen Trennungspunkte in Inschrift C rot hervorgehoben. Die Schrift ist, wie das ganze Retabel, stark überarbeitet. Das heutige Retabel, im Kern wohl von einem Künstler aus dem Weserraum geschaffen, wurde 1964 von Kurt Mannig (Göttingen) unter Verwendung des Figurenschmucks eines älteren Altaraufsatzes hergestellt. Dabei wurde die Anordnung der Figuren verändert. Im Mittelstück befanden sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts zwischen der Geburtsszene und dem rechten Heiligen, bei dem nur das Buch, das zweite Attribut aber nicht mehr vorhanden war – der Schlüssel Petri ist demnach ergänzt –, die Darbringung im Tempel. Auch diese Anordnung war nach Ansicht Steinackers nicht die ursprüngliche. Die Flügel des älteren Retabels waren nicht mehr vorhanden, die Verkündigungen an Maria und an die Hirten sowie die Frauenfigur (Magd), die heute die Darbringung Jesu auf dem rechten Flügel ergänzt, standen als Einzelfiguren über dem Mittelschrein. Noch 1884 befanden sie sich „in einem Schrein von gleicher Höhe“.1)

Maße: H.: 131 cm; B.: 192 cm (Mittelstück), 95 cm (Seitenflügel); Bu.: 1,4 cm (A), 1,7 cm (B), 1 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/3]

  1. A

    S(anct)(us) adrian(us)

  2. B

    Ave · [gratia] · plena2)

  3. C

    Ecce · / anci/la · do/min/i · fia/t · mi//chi ·/ secu/ndu/m v/erb/u(m) tuu(m)3)

Übersetzung:

Gegrüßt seist du, voll der Gnade. (B) Siehe, ich bin des Herrn Magd, mir geschehe, wie du gesagt hast. (C)

Kommentar

Die Ansicht Steinackers, daß die Gruppenreliefs im Gegensatz zu den Einzelfiguren erst um 1500 geschnitzt worden seien, wird von der späteren Literatur nicht geteilt, die eine Entstehung im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts bzw. „um 1410–20“ annimmt.4)

Der heilige Adrian ist der Patron des Benediktinerinnenklosters Lamspringe, mit dem Kemnade zeitweise in enger Verbindung stand.5)

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 383–385. Mit Photos des älteren Mittelschreins (Abb. 215) und der Einzelfiguren (Abb. 216). Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 194–196 (mit Abb. des Mittelschreins auf S. 195). Kat. Kunst und Kultur, Bd. 2, Nr. 59, S. 361f. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 53f.
  2. Lc. 1,28.
  3. Lc. 1,38.
  4. Vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 385. Kat. Kunst und Kultur, Bd. 2, Nr. 59, S. 361 („um 1410–20“). Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 53.
  5. Vgl. Römer, Kemnade, S. 304.

Nachweise

  1. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 53f. u. Tafel 91.
  2. Kdm. Kr. Holzminden, S. 383–385.
  3. Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 194–196 (mit Abb., ohne Inschriften).
  4. Kat. Kunst und Kultur, Bd. 2, Nr. 59, S. 361f. (mit Abb. 115).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 16 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0001602.