Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 13(†) Holzen, Kapelle St. Nicolai 1404

Beschreibung

Kreuzstein. Roter Sandstein. Aufgestellt vor der Kapelle in Holzen. 1982 wiederentdeckt, nachdem er bis dahin als Brücke über den Mühlenbach gedient hatte.1) Auf der heutigen Frontseite ein nasenbesetztes Scheibenkreuz in vertieftem Feld; auf der Gegenseite, der ursprünglichen Vorderseite, ein Scheibenkreuz. Die eingehauene Inschrift A im Scheibenring, stark verwittert und abgetreten, Wortrenner in Form von Quadrangeln. Eine vermutlich kurz nach der Mitte des 17. Jahrhunderts angefertigte Zeichnung zeigt diese Seite als ein Radkreuz auf einem Hügel, links vom Kreuzesstamm ein Sech (Pflugmesser), rechts eine Pflugschar (vgl. Nr. 23). Aufgestellt war der Stein neben dem Dorfe Holtensen (Holzen) unterm Rothen-Stein grund vor dem letzten Haus am Weg nach Eschershausen.2) Es dürfte sich um einen der beiden von Hassel bereits 1775 als verschollen genannten Kreuzsteine bei Holzen handeln.3)

Inschrift ergänzt nach StAW 2 Alt, Nr. 2781.

Maße: H.: 135 cm; B.: 88 cm; Bu.: 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/2]

  1. [+ · ANNO DO(MIN)Ia)] · [M] · CCCC · IIII · [IIIb) · YDc) NOV(EMBRIS)d)4) · TORTU(RI)Se) · DAM(N)A(TUS)f) · O(BIIT) · ]

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1404, am 3. Tag vor den Iden des November, ist der zur Folter Verurteilte gestorben.

Kommentar

Die Schrift ist anhand der Abzeichnung des 17. Jahrhunderts (vgl. Abb. 57) eindeutig als gotische Majuskel zu identifizieren. Die keilförmigen Verbreiterungen an die Schäften der erhaltenen I werden in der Abzeichnung als Serifen wiedergegeben; da diese regelmäßig an den Schaftenden erscheinen, dürften die keilförmigen Verbreiterungen allgemein vorauszusetzen sein. Das spitze A erscheint in ANNO und beim zweiten A in DAM(N)A(TUS) mit, sonst ohne Deckbalken. Bei dem links geschlossenen M in DAM(N)A(TUS) ist das offene Ende hochgebogen; N ist rund.

Der Berichterstatter des 17. Jahrhunderts überliefert auch eine Geschichte zu dem Stein: Die Tradition lautet von diesem Steine, daß jemand Feldfrüchte gestohlen. Sey er also niedergeworfen und solchergestalt in der [d. h. die] Erde u(nd) todtgepflüget worden.5)

Textkritischer Apparat

  1. DO(MIN)I] Der Schaft des I ist am Original schwach zu erkennen.
  2. III] Die oberen verbreiterten Schaftenden sind am Original noch zu erkennen.
  3. YD] VD StAW 2 Alt, Nr. 278; vermutlich wurde ein gebogenes Y mit zwei gleichlangen Schenkeln zu V verlesen.
  4. NOV(EMBRIS)] StAW 2 Alt, Nr. 2781: Nach NO ein unziales V mit Kürzungsstrich und einem linksschrägen, geschwungenen Kürzungszeichen.
  5. TORTU(RI)S] Reste der Buchstaben, insbesondere vom S, am Original noch zu erkennen. StAW 2 Alt, Nr. 2781: T mit unten nach links umgebogenem Schaft; das offene R ähnelt in der Abzeichnung dem N in NOV; TU: unziales U mit T ligiert.
  6. DAM(N)A(TUS)] Der Schaft des D und Teile des ersten A sind am Original noch zu erkennen. StAW 2 Alt, Nr. 2781: Der letzte Buchstabe in der Abzeichnung wiedergegeben in Form eines griechischen Omega; vermutlich hat nach dem zweiten A ein Buchstabe, möglicherweise ein T mit unten nach links umgebogenem Schaft (vgl. die vorige Anm.), mit Kürzungszeichen vorgelegen.

Anmerkungen

  1. Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 195. Leiber, Kreuzstein, S. 196.
  2. StAW 2 Alt, Nr. 2781, vor Bl. 4r.
  3. Vgl. Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 195. Nach Hassel auch Kdm. Kr. Holzminden, S. 299.
  4. 11. November.
  5. StAW 2 Alt, Nr. 2781, vor Bl. 4r. Zu entsprechenden Sagen vgl. Görlich, Kreuzsteine, S. 17.

Nachweise

  1. Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 195 (Nr. 40248).
  2. StAW 2 Alt, Nr. 2781, vor Bl. 4.
  3. Leiber, Kreuzstein, S. 195f.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 13(†) (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0001301.