Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 231† Stadtoldendorf, St. Dionys 1626

Beschreibung

Grabplatte für Johannes Pressunius. Der Stein, der sich nach Angabe Eggelings auf der Nordseite des Chores befand, war in den 1920er Jahren bereits nicht mehr vorhanden.

Inschrift nach Eggeling.

  1. Anno Domini MDCXXVI obiit hic pie reverendissimus ac doctissimus Johannes Pressunius scholae Amelunxbornensis coenobii ad VIII annum Rector fidelissimus postmodum usque ad annum XXVIII pastor Elershusanusa) et biennium Primarius Ecclesiastes Oldendorfiensis dexterrimus anno aetatis LXII Cujus animam divina recreet misericordia, corpus vero in requie placidissima exspectat magnum illum adventum Domini Jesu Christi

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1626 starb hier fromm der sehr ehrwürdige und hochgelehrte Johannes Pressunius, bis zum achten Jahr ein überaus treuer Rektor der Amelungsborner Klosterschule, bald darauf bis zum 28. Jahr Pastor von Ellensen und zwei Jahre lang ein sehr geschickter Erster Pfarrer von Stadtoldendorf, im 62. Lebensjahr. Seine Seele möge die göttliche Barmherzigkeit wiedererwecken, der Leib aber erwartet in friedlichster Ruhe jene gewaltige Ankunft des Herrn Jesus Christus.

Kommentar

Johannes Pressunius wurde um 1564 in Stadtoldendorf geboren und war später Klosterschüler in Amelungsborn; 1583 wurde er unter dem Namen Johannes Brasun als Stipendiat des Herzogs in Helmstedt immatrikuliert.1) Hans Prassun – Vater oder ein Onkel des Verstorbenen? – war für den Pfandinhaber Adrian von Steinberg 1589 Amtmann von Ottenstein.2) Etwa 1591 wurde Johannes Pressunius Leiter („Präzeptor“) der Klosterschule; 1599 heiratete er eine Tochter des Abtes Anton Georgii von Amelungsborn (amtierte 1598–1625), mit der er mindestens zwei Söhne hatte. Von 1594 bis 1598 war Pressunius gleichzeitig Diakon an der Kirche St. Pauli in Holzminden, anschließend von 15983) bis 1624 Pastor in Ellensen (bei Einbeck), bevor sein Schwiegervater ihn nach dem Tod des Georg Krebs am 6. August 1624 (vgl. Nr. 215 u. 223) zum Primarius in Stadtoldendorf machte (dem Kloster stand das Patronat zu). Johannes Pressunius wurde am 25. August 1624 ordiniert und starb bereits am 4. Juni 1626.4) Sein Tod war, wie sein Nachfolger notierte, eine Folge des Krieges. Während der monatelangen Besatzung durch Soldaten Tillys (seit Juli 1625) waren bei dem Pastor ein „Kornett mit einer Soldatendirne, bösem Gesinde und 10 Pferden auf den Pfarrhof“ einquartiert worden. „Da er im Pfarrhaus keinen Raum und keine Ruhe mehr hatte, hielt er sich einige Nächte in der Kirche auf, während seine Frau und Kinder auf bloßem Stroh krank zu Hause lagen. Darüber wurden ihm die Sinne verwirrt, daß er von Dorf zu Dorf lief, bis er zusammenbrach und Gottes Gericht über die herabrief, die an seinem Tode schuldig waren.“5) Sein gleichnamiger Sohn wurde 1615 in Helmstedt immatrikuliert;6) er dürfte vor einem Abschluß verstorben sein. Ein weiterer Sohn, Anton Brandanus Pressunius (geb. in Ellensen, gest. 1670 in Golmbach), ist von 1639 bis 1642 in Stadtoldendorf Rektor der Stadtschule und anschließend Pastor in Golmbach, wo er 1646 entlassen wird.7)

Mit Johannes Pressunius zusammen beerdigt lag, so Eggeling, Christoph Wilhelm Pressunius (Bressunius), möglicherweise ein weiterer Sohn, der von 1640 bis ca. 1652 Schulrektor in Gandersheim und Subprior des Klosters Amelungsborn war. Er starb demzufolge mit 69 Jahren, vielleicht im Jahr 1676.8) Weitere Träger des auffälligen Namens Prasuhn finden sich 1678 in den unweit von Stadtoldendorf gelegenen Orten Vorwohle, Eimen und Wangelnstedt.9)

Textkritischer Apparat

  1. Elershusanus] Von Eggeling mit Allersheim übersetzt. Da aber Ellensen richtig ist (vgl. Kommentar), könnte hier eine Abschreibefehler von Eggelings Quelle vorliegen.

Anmerkungen

  1. Oldendorpius, immatrikuliert am 25. Mai 1583; vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 41, Nr. 43.
  2. HStAH Cal. Or. 32, Nr. 22 (zit. nach Findbuch).
  3. Johannes Pressunius, ordiniert am 25. Dezember 1597 in Ellensen; vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 136, Nr. 9.
  4. Vgl. Rauls, Klosterschule, S. 15. Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 2, S. 240 (Nr. 3093); Bd. 1, S. 118 (St. Pauli/Holzminden) u. 180 (Stadtoldendorf). Kieckbusch, Bürgerleben, S. 163. Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 249 (Ellensen). Mahrenholz, Abtsliste III, S. 212 (mit Anm. 92). Eggeling, Chronik, S. 219; zur Korrektur Eggelings vgl. Anm. a. Die Ordination ist genannt in der Anm. zum Immatrikulationseintrag seines Sohnes Joannes Pressunius junior vom 6. Juli 1615; Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 243, Nr. 206.
  5. Zit. bei Rauls, Stadtoldendorf, S. 79f. Eggeling, Chronik, S. 219f.
  6. Joannes Pressunius junior, Ellensis; vgl. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, Abt. 1, S. 243, Nr. 206.
  7. Vgl. Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 2, S. 240 (Nr. 3094). Eggeling, Chronik, S. 220.
  8. Vgl. Goetting, Gandersheim. S. 525. Eggeling, Chronik, S. 220; Eggeling zufolge ist C. W. Pressunius ebenfalls 1626 gestorben, was aber ausgeschlossen ist; möglicherweise wurde eine 7 als 2 verlesen.
  9. Vgl. Kopfsteuerbeschreibung 1678, S. 471, 472 u. 477.

Nachweise

  1. Eggeling, Chronik, S. 220.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 231† (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0023109.