Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 204 Kirchbrak, St. Michaelis 1617

Beschreibung

Grabplatte für Heinrich von Grone. Roter Sandstein, grau bemalt, im Chorraum links. Auf der Rahmenleiste des hochrechteckigen Steins läuft erhaben in vertiefter Zeile eine Inschrift um. Im Innenfeld der Verstorbene in einer Nische, dargestellt in Rüstung, den Helm zu seinen Füßen; um den Hals des Helms ein Medaillon mit dem Wappen der Grones. In den Zwickeln der Nische rechts und links je ein von einem Engel gehaltenes Vollwappen, je sieben weitere Wappen auf den Pilastern der Nische.

Maße: H.: 203 cm; B.: 100 cm; Bu.: 4,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/2]

  1. HENRICH VON GRONE · JOHANS DES / JÜNGERN · SEHL(IGEN) · SOHN · ERBHERR THO KERK= UND WESTERBRACK SO GE/BOHRE(N) · IM IAHR CHRISTI 1512 · VND GESTORBEN A(NN)O · 161⟨7⟩ · SEINES ALTERS HUNDERT · ⟨5⟩ · IAHRE = MONATE = TAGE ·

Wappen:
Grone1)Hake9)
Hohnhorst2)Pladise10)
Wendt3)Frenke11)
Ludolfshausen?4)Amelunxen12)
?5)Stockhausen13)
Hodenstorf?6)Rehbock14)
Spiegel7)Knigge15)
Bothmer8)Lüchtringen16)

Kommentar

Die Kapitalis weist serifenartige Sporen an Schaft-, Bogen- und Balkenenden auf, die besonders bei L, E, C, S und G ausgeprägt sind. Die nach rechts eingerollte Cauda des G reicht, wie die Unterlänge des J, hinunter in den Rahmen. Ein Wechsel von Haar- und Schattenstrichen wird angestrebt, bei dem die linken Schäfte von H, V, N (und der rechte Schaft des N in GRONE), der linke Bogen des O, der rechte Schrägbalken des M, sowie die die Ober- und Unterlinie berührenden Balken und Bogenabschnitte als Haarstrich gestaltet sind; dies gilt voll ausgeprägt allerdings nur für die obere Schmalseite der Platte. Das R zeigt eine geschwungene, über den kleinen Bogen hinaus ausgestellte Cauda. Die schaftförmige 1 mit Anstrich ist unten gespalten, wobei der linke Haken an den Jahrhundertziffern nach unten in den Rahmen reicht; bei der spitzen 2 ist der Schrägschaft und der untere Balken zu einem nach links durchgebogenen Bogen umgeformt, die geschlossene 6 ist mit großem Bogen ausgeführt. Die beiden rechtsgewendeten 5 sind unterschiedlich gestaltet. In der Jahreszahl 1512 erscheint die 5 mit einem nach links ausgezogenen Bogen und gebrochenen Deckbalken, in der Altersangabe dagegen mit eingerolltem Bogen, der nicht über den Schaft hinausreicht, sowie durchgebogenem Deckbalken.

Mehrere Indizien sprechen dafür, daß Heinrich von Grone seine Grabplatte bereits zu Lebzeiten, vermutlich nach seinem hundertsten Geburtstag, in Auftrag gegeben hat; so ist nach der 5 ein großer Abstand zu dem folgenden Wort (IAHRE) geblieben, die Angabe der Monate und Tage ist nicht bzw. nur durch Striche ausgefüllt worden. Die Schrift und die Nischenarchitektur zeigen eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Epitaph, das für den 1610 gestorbenen Großneffen des Verstorbenen, Simon von Grone, errichtet wurde; diese reicht für die Zuschreibung an denselben Steinmetzen aber nicht aus; vgl. Nr. 182.

Heinrich von Grone hatte als kaiserlicher Rittmeister sieben Kriegszüge nach Ungarn mitgemacht.17) Aber auch in der Nähe trat er bei wichtigen Ereignissen in Erscheinung. 1588 war er in Amelungsborn bei der Wahl des Nachfolgers von Abt Andreas Steinhauer anwesend.18) 1605 leiht er Herzog Heinrich Julius 1000 Taler.19) Zwei Jahre vor seinem Tod war er offenbar nicht mehr handlungsfähig; 1615 unterschreibt sein Sohn Heinrich Albrecht einen Lehnsbrief für Besitzungen, die die Familie in der Nähe Göttingens hatte.20) Nach seinem Tod wurden die bis dahin von den männlichen Familienmitgliedern gemeinsam verwalteten Besitzungen aufgeteilt und die Linien Oberhof und Unterhof in Kirchbrak sowie Westerbrak entstanden.21)

Heinrich von Grone, der ein wahrhaft biblisches Alter erreichte und doch noch an der Pest gestorben sein soll, war zweimal verheiratet.22) Seine erste Frau war Elisabeth von Helversen (1541/42–1581), deren Epitaph sich heute neben seiner Grabplatte befindet. Vier Söhne aus der ersten Ehe sind jung verstorben, von überlebenden Kindern aus dieser Verbindung ist nichts bekannt. Der Siebzigjährige ging daher 1582 noch eine zweite Ehe mit Anna Maria Hake ein, die eine Mitgift von „2000 Joachimsthaler“ erhielt.23) Heinrich von Grone war 1580 beim Tod ihres Vaters Hartung Hake in Halle anwesend gewesen.24) Auch aus dieser Ehe sind mindestens zwei Kinder 1588 und 1590 jung verstorben; vgl. Nr. 105 u. 117.

Unterhalb der beiden Vollwappen des Verstorbenen und seiner zweiten Ehefrau finden sich die jeweiligen Ahnenproben. Die Identifizierung wird teilweise ermöglicht durch die mit Beischriften versehenen Wappen auf dem (später umgestalteten) Epitaphaltar, den Anna von Wechsungen 1634 für ihre beiden Ehemänner errichten ließ; einer von diesen war ein Sohn Heinrich von Grones; vgl. Nr. 241. Im Hinblick auf die Vorfahren des Verstorbenen läßt sich nur sagen, daß das erste Wappen der Ahnenprobe für seine Mutter Anna von Hohnhorst steht, die mit Johann von Grone verheiratet war.25) Behrens ordnet dem Großvater Dietrich und dem Urgroßvater Johann Ehefrauen aus den Familien v. Weende (tatsächlich wohl Wendt) und v. Lülfshausen (Ludolfshausen) zu; vermutlich stützte er sich dabei allein auf die mit Beischriften versehenen Wappen auf dem Epitaphaltar.26) Die Eltern der Anna Maria Hake waren Hartung Hake (gest. 1580) und Walburga von Pladise (gest. 1566), deren Mutter wiederum aus der westfälischen Familie von Stockhausen stammte;27) vgl. Nr. 89 u. 70. Die weiteren Wappen stehen für ihre Großmutter Anna von Frenke, verheiratet mit Heinrich Hake (gest. 1541), sowie für dessen Mutter Anna von Amelunxen, die Ehefrau von Ernst Hake (gest. 1505).28) Die Rehbock, Knigge und Lüchtringen gehören nicht in die Linie der Hakeschen Vorfahren, sondern in die der Anna von Frenke und der von Stockhausen.29)

Anmerkungen

  1. Wappen Grone (aufgerichtete gerautete Wecke). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 5 u. Tafel 3.
  2. Wappen Hohnhorst (drei Rosen an schräggelegtem Zweig). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 6 u. Tafel 4.
  3. Wappen Wendt (drei Eisenhüte 2:1). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 129.
  4. Wappen Ludolfshausen? (Schild geteilt, davor ein Stechpalmblatt). Vgl. Nr. 241 (D2 u. Anm. 35).
  5. Wappen ? (drei senkrecht gestellte, nach links gekehrte Schlüssel). Vgl. Nr. 241 (D2 u. Anm. 36).
  6. Wappen Hodenstorf? (Andreaskreuz, bewinkelt von 4 Ringen). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 8 u. Tafel 8. Hier abweichend: (Kreuz, bewinkelt von vier Ringen). Vgl. Nr. 241 (D2).
  7. Wappen Spiegel (drei runde Spiegel 2:1). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 119; Bd. 2, Tafel 301.
  8. Wappen Bothmer (Boot). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 4 u. Tafel 4.
  9. Wappen Hake (zwei senkrecht gestellte, auswärts gekehrte Haken). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 5 u. Tafel 4.
  10. Wappen Pladise (drei Stechpalmblätter). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 99; Bd. 2, Tafel 244.
  11. Wappen Frenke (drei lange Kesselhaken). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 56 u. Tafel 131.
  12. Wappen Amelunxen (zwei mit je fünf Eisenhüten belegte Pfähle). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 4 u. Tafel 6.
  13. Wappen Stockhausen (gestümmelter Eichenstamm mit zwei Blättern). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 122; Bd. 2, Tafel 309.
  14. Wappen Rehbock (Rehbock). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 103; Bd. 2, Tafel 253.
  15. Wappen Knigge (geteilt, oben oberhalber Löwe, hier unkenntlich ausgeführt, unten viermal geteilt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 10 u. Tafel 10/11.
  16. Wappen Lüchtringen (gespalten, links halber mit Kerzen besteckter Leuchter). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 84; Bd. 2, Tafel 202, dort: mit Kerzen besteckter Leuchter.
  17. Vgl. Behrens, Grone, S. 13.
  18. Vgl. Mahrenholz, Abtsliste III, S. 192.
  19. Vgl. StAW 1 Alt 26, Nr. 90 (zit. nach Findbuch).
  20. Vgl. HStAH Dep. 51 A, Nr. 87 (zit. nach Findbuch).
  21. Hölscher, St. Michael, S. 12.
  22. Vgl. Behrens, Grone, S. 13.
  23. Vgl. Hake, Familiengeschichte, S. 175f. Irrtümlich wird dort das Todesdatum ihrer gleichnamigen Tochter (14. April 1590) als ihres angegeben; vgl. Nr. 117. Vgl. auch Hölscher, St. Michael, S. 13.
  24. Hölscher, Hakes in Bodenwerder, S. 42f.
  25. Vgl. Samse, Zentralverwaltung, S. 271. Letzner, Dasselische Chronica, 4. Buch, fol. 57.
  26. Vgl. Behrens, Grone, Stammtafel I.
  27. Vgl. Hake, Familiengeschichte, S. 156.
  28. Vgl. ebd., Tafel II sowie S. 142 u. 115.
  29. Zu den Rehbock vgl. allgemein Kieckbusch, Bürgerleben, S. 26–28.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 311, mit Abb. 173, S. 310.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 204 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0020402.