Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 190 Bodenwerder, St. Nicolai 1612

Beschreibung

Steinquader im Laibungsbogen des ersten westlichen Jochs des südlichen Querschiffs. Grauer Sandstein. Die erhaben gehauene und in dunkler Farbe gefaßte Inschrift verläuft in vertieften Zeilen über den Stein, darüber Voluten. Unter der Inschrift zwei Wappenschilde. Die heutige farbige Textfassung läßt sich in weiten Teilen nicht mit dem noch erkennbaren originalen Textbefund in Einklang bringen.1) Die Edition des Textes folgt daher ausschließlich den erhaben gehauenen Buchstaben.

Inschrift ergänzt nach Kdm.

Maße: Bu.: ca. 9 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. ANNO · 1612 / MEINEM ERLOSER VND / HEILANDT JESV CHRIS[T] / HABE ICH EWICH ZV / EHREN GESTIFT / EIN BRENNEND WACKS/LICHD AN DIESEN ORT / WELCHES SOL [BRE]/NEN VND LEVCHTEN [F]OR[T] / IN ALLEN FRV[.....]/ GEN DEN WIND[T ..] / SOL AVCH BEVORDER[...] / WERDEN ON ALLEN [ ...INDES] /WELCHES SICH EIN ERBAR / RADT HADT VER[PFLI]CHT / BEI DER SCHNEIDERGIL/DE IST DER BERICHT// MELCHOR / KVLEMAN // ANNA / FALKEN

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
Kulemann2)Falken3)

Kommentar

Schäden durch aufsteigende Feuchtigkeit und Hochwasser (vgl. Nr. 248) sowie die heutige farbige Fassung lassen nur wenige Angaben über die Schrift zu, bei der die breiten, fast quadratischen Formen der Buchstaben mit zwei senkrechten Schäften auffallen. K zeichnet sich durch zwei gebogene Schrägschäfte mit einem waagerechte Mittelteil aus, der Schrägschaft des N scheint geschwungen zu sein. Die 6 ist offen, die schaftförmige 1 mit einem kurzen Anstrich versehen.

Melchior Kulemann wird im Kontributionsregister von 1608/09 genannt.4) 1615 scheint er tot zu sein; im Schatzregister für die Türkensteuer vom 14. März erscheint er nicht mehr, dafür aber Anna Falken.5) Die Familien beider Stifter waren schon länger in Bodenwerder ansässig. Ein Schneider Hermann Falcken gehörte 1585 zu den wohlhabendsten Bürgern der Stadt; Hans Falcken war, ebenso wie der etwa sechzigjährige Lorenz Kulemann, Schneider und Ratsherr.6) Bei der Inschrift soll es sich um die früheste Erwähnung der Schneidergilde in Bodenwerder handeln.7) Bemerkenswert ist die Stiftung eines „ewigen Lichts“ für eine evangelische Kirche.

Anmerkungen

  1. Der farbig gefaßte Textbefund lautet: ANNO . 1612 / MEINEM ERLO8[.]R VN / HDILANO [– – –] / HABE ICH EWIG IN [.]V / EHREN GESI[– – –] / MN BHEN EID WACKS/LICHD ANOESEN OR / [– – –] / NE N VND LEVCHT [– – –] / IN ALLEN FRV [– – –] / GEN DEN WIN [– – –] / SOL AWH REVOR / WERDEM ON AL [– – –] / WELCHES S[.]CH E[.]N EHBAR / BAT HA[– – –] / BEI DER SCHNELDERGIL/DE IST DER BERICHT // MELCHOR / KVLEMAN // ANNA / FA[.]KEN.
  2. Wappen Kulemann (MK: Hausmarke H5, darüber senkrecht gestellter Doppelhaken).
  3. Wappen Falken (zwei ins Andreaskreuz gestellte Stangen, endend in Halbkreisen: Hausmarke H6).
  4. HStAH Dep. 55, Acc. 2007/009, Nr. 106, Bl. 2. In das Neubürgerregister zahlt Melchior Kulemann 2 Taler; HStAH Dep. 55, Acc. 2007/009, Nr. 87. 1611 ist er Holzgeschworener; HStAH Dep. 55, Acc. 2007/009, Nr. 107.
  5. HStAH Dep. 55, Acc. 2007/009, Nr. 17; ebd. weitere Mitglieder der Familien Kulemann und Falken.
  6. Vgl. Burchard, Bevölkerung, S. 103f.
  7. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 23.

Nachweise

  1. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 23 u. Tafel 26.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 190 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0019006.