Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 127 Kemnade, Klosterkirche St. Marien 1592

Beschreibung

Epitaph für das Kind Katharina Bickhaber. Grauer Sandstein. Das Epitaph ist außen an der Südwand des Querhauses in eine zugemauerte rundbogige Tür eingesetzt.1) Die hochrechteckige Platte mit geschweiftem Aufsatz ist umgeben von der umlaufenden Inschrift A, erhaben in vertiefter Zeile. Im oberen Teil des Innenfeldes in einer Nische Christus am Kreuz mit dem Titulus B, erhaben in vertiefter Zeile, vor dem Kreuz kniend die Verstorbene in betender Haltung. Rechts und links des Gekreuzigten je zwei Wappen. Im unteren Teil des Innenfeldes in einer Rollwerkkartusche die Inschrift C, erhaben vor vertieftem Feld.

Maße: H.: 162 cm; B.: 99,5 cm; Bu.: 6,7 cm (A), 1,8 cm (B), 2,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis (A, B), Kapitalis mit Versal (C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. A

    ANNO DOMINI 15 · 92 / DEN 8 APRILIS · IST KTRINA BVHK/[H]AVERS SELIHLICH / ENTSEAFFENa) · IM ALTER 43 WOHEN :

  2. B

    · I(ESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDAEORVM) ·2)

  3. C

    MARZŸ 10 / LASSET DIE KINDER ZV MIR KOMEN VND WERT / IN NICHT DEN SOLCHER IST DAS REICH GOTTE(S)b)3)

Wappen:
Bickhaber4)Bortfeld6)
Scinel5)?7)

Kommentar

Die Schaft- und Bogenenden der Kapitalis sind mit Sporen in Serifenform ausgeführt. Auffällig sind ein oben spitzes, zweistöckiges Z sowie das Ÿ, das der Form nach aus zwei verbundenen Minuskel-Buchstaben besteht: an das linke i in der Form eines rechtsschrägen Kurzschaftes, der oberhalb der Mittellinie endet, schließt sich mit linksschrägem Anstrich eine i-longa mit nach rechts durchgebogenem Schaft an (vgl. Nr. 129). Der Schrägschaft des N ist leicht geschwungen und rechts und links über die Schäfte hinausragend (ANNO), die Cauda des R und die Schrägbalken des K sind geschwungen. Die E sind mit verkürztem Mittel- und verlängertem unteren Balken ausgeführt, der sich auch am L findet. Die 1 ist unten gespalten und links nach oben umgebogen; bei der rechtsgewendeten 5 ist der Deckbalken gebogen, bei der spitzen 2 ist der hoch angesetzte untere Balken geschwungen. Die Graphie ist über das zeittypische Maß hinaus unsicher bis fehlerhaft; zumindest die Ersetzung des L durch ein E in ENTSEAFFEN ist eindeutig als Steinmetzfehler zu werten, ebenso die Auslassung des A in KTRINA, vermutlich auch WOHEN und das V statt Y (oder I ) in BVHKHAVERS.

Die Verstorbene ist eine Tochter des 1596 gestorbenen Ernst Bickhaber d. J., der Bürgermeister von Bodenwerder war. Dies geht aus dem Epitaph hervor, das seine Frau Margaretha Scinel für sich, ihre beiden Ehemänner und die gemeinsamen Kinder errichten ließ; vgl. Nr. 194. Unter diesen wird ebenfalls eine CADTRINA genannt. Die im Alter von nicht einmal einem Jahr Verstorbene ist bereits nicht mehr als Wickelkind dargestellt.

Die Wappen auf dem vorliegenden Epitaph sind anders als üblich angebracht; über dem Kind befinden sich die Wappen der Eltern bzw. der Großväter: oben das väterliche, darunter das mütterliche. Auf der gegenüberliegenden Seite sind offenbar die Wappen der Großmütter zu sehen, oben das der geborenen von Bortfeld, die mit Ernst Bickhaber d. Ä. verheiratet war (vgl. Nr. 100), unten das nicht identifizierte der mütterlichen Großmutter (bzw. ihrer jeweiligen Väter).

Textkritischer Apparat

  1. ENTSEAFFEN] Haufehler statt ENTSLAFFEN.
  2. GOTTE(S)] Kürzungsstrich über TE nach oben ausgebuchtet.

Anmerkungen

  1. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 59. Kdm. Kr. Holzminden, S. 392.
  2. Io. 19,19.
  3. Mk. 10,14.
  4. Wappen Bickhaber (geteilt, oben vier Rosen 2:2, unten eine Rose). Identifikation nach der Beischrift in Nr. 100; dort ohne Teilung und die Rose in der anders stilisierten Helmzier (Geweih).
  5. Wappen Scinel (geteilt, oben zwei Zinnen, unten eine Rose). Identifikation nach Nr. 194.
  6. Wappen Bortfeld (zwei gekreuzte Lilienstäbe). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 18 u. Tafel 43.
  7. Wappen ? (Sparren, belegt mit zwei am Ende gespaltenen Ästen?). Bei dem Wappeninhalt könnte es sich auch um eine Hausmarke handeln.

Nachweise

  1. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 59 u. Tafel 112.
  2. Kdm. Kr. Holzminden, S. 392 (mit Abb.).
  3. Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 47 (ohne Inschrift).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 127 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0012700.