Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 83: Landkreis Holzminden (2012)
Nr. 113 Hannover, Privatbesitz 1589
Beschreibung
Gemälde. Öl auf Leinwand, die direkt auf die Rückseite des Zierrahmens genagelt ist. Die ganzfigurige Darstellung des Fritz von der Schulenburg, in schwarzer Hofkleidung auf einem Fliesenboden stehend, befand sich bis zum Verkauf des Schlosses in den 1950er Jahren in Hehlen. Neben dem Kopf zwei Vollwappen, links mit der Beischrift A, rechts mit der Beischrift B. Um den Hals trägt der Dargestellte zwei schwere, bis an den Bauch reichende Goldketten, an denen Medaillen hängen. An der kürzeren Kette eine Medaille mit einem nach links sehenden Männerkopf mit Topfhut, Feder und der umlaufenden Inschrift C, an der längeren Kette drei Medaillen: links mit einem nach rechts sehenden, bärtigen Männerkopf und der umlaufenden Inschrift D, bei der mittleren ist die Oberflächenstruktur nur angedeutet, rechts eine rhombenförmige Medaille mit zwei, hintereinander gestaffelten nach rechts sehenden Köpfen (des Herzogs Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und seiner Frau Hedwig von Brandenburg) und der auf den vier Seiten umlaufenden Inschrift E. Auf dem schwarzen Leistenrahmen eine weitere, vermutlich aus dem 18. Jahrhundert stammende Inschrift.1) Gegenstück ist das Gemälde der Ilse von Saldern, Ehefrau des Dargestellten; vgl. Nr. 114.
Maße: H.: 216 cm; B.: 107 cm; Bu.: 2,3 cm (A, B), 0,19 cm (C, D), 0,18 cm (E).
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
V(ON) D(ER) SCHV/LENBORG.
- B
V(ON) BVLAW.
- C
SIGIS(MVND) · ARCHIEP(ISCOPVS) · MAGDEBVRG(ENSIS) · MARCH[IO]a) BRAN(DENBVRGENSIS)b) · MD[L]Xc)2)
- D
IOACH(IM)· 2 · D(EI) · G(RATIA) · MARG(RAVIVS) · BRAN(DENBVRGENSIS) · SAC(RI) · RO(MANI) · IMP(ERII) · E(T) P(RINCEPS)d) · 1561 ·3)
- E
VON · G(ODES) · GNAD/EN · I(VLIVS) H(EDWIG)e) · HER(ZOG) · / [Z](V)f) BRVN(SWIG) · / VND · LVN(EBVRG) ·4)
Übersetzung:
Sigismund, Erzbischof von Magdeburg, Markgraf von Brandenburg. 1560. (C)
Joachim II., von Gottes Gnaden Markgraf von Brandenburg, auch (Kur-)Fürst des Heiligen Römischen Reiches. 1561. (D)
Schulenburg5) | Bülow6) |
Textkritischer Apparat
- MARCH[IO]] Buchstaben vom Maler teilweise nur undeutlich ausgeführt, [IO] fast vollständig vom Kragen der Figur verdeckt.
- BRAN(DENBVRGENSIS)] BR unten vom Kragen der Figur verdeckt.
- MD[L]X] L ist nur undeutlich zu erkennen, ist aber auf dem Original der Medaille (vgl. Anm. 2) enthalten.
- E(T) P(RINCEPS)] Möglich wäre auch die Ergänzung E(LECTOR) P(RINCEPS); vgl. Anm. 3.
- I(VLIVS) H(EDWIG)] Befund: IH.
- [Z](V)] Z nur undeutlich ausgeführt.
Anmerkungen
- Ach du gerechter Gott, hilf mir armes bludt, durch deine heilige fünf wunden rot.
- Zum Original, einer von Hans Schenk (um 1500–um 1572) geschnittenen Medaille, vgl. Habich, Schaumünzen, Bd. 2.1, S. 327, Nr. 2266 u. T. CCXXX, 8. Die Verteilung der Buchstaben auf dem Bild ist gegenüber der Originalmedaille leicht verschoben. Der Text entspricht dem Bild mit einer Ausnahme: auf der Medaille heißt es ARCHIEP(ISCOPV)S. Zu Hans Schenk vgl. Steguweit/Kluge, Suum cuique, S. 31.
- Zum Original, einer von Hans Schenk geschnittenen Medaille, vgl. Habich, Schaumünzen, Bd. 2.1, S. 328, Nr. 2271 u. T. CCXXXI, 12. Auf der Originalmedaille steht am Ende E(T) P(RINCEPS) ELEC(TOR); wie hier aufgelöst ausgeschrieben auf einer Medaille von 1560; vgl. ebd., S. 326, Nr. 2263 u. T. CCXXX, 10.
- Zum Original, einer gegossenen Medaille des Herzogpaares, vgl. Leschhorn, Münzen und Medaillen, S. 134 (mit Abb.). Auf der Rückseite der Medaille steht: GODES · VORSEH(VNG)E · WIRT · GESCHE(HE)N; ebd.
- Wappen Schulenburg (quadriert, 1 u. 4 drei Greifenklauen 2:1, 2 u. 3 schreitender Ochse). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 15 u. Tafel 17.
- Wappen Bülow (14 Kugeln 4:4:3:2:1). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 11,2, S. 15 u. Tafel 14.
- Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 621.
- Bereits Paul Jonas Meier hat vermutet, daß es sich bei den Gemälden um Teile eines Epitaphs handelt; seine Annahme, daß Adam Offinger der Maler war, ist angesichts der gegenüber den Porträts des Heinrich von Saldern und seiner Frau (vgl. Nr. 86, 87) deutlich abfallenden Qualität allerdings nicht haltbar; vgl. Meier, Offinger, S. 147.
- Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 621.
- Vgl. Neukirch, Adelskultur, S. 153 (Abb. 62 u. 61). Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 145–147 (mit Abb. 3 u. 4).
- Roth, Auswertungen, Bd. 1, Nr. 864.
- Zu Erzbischof Sigismund vgl. ADB 34, 1892, S. 294–297.
- Vgl. Leschhorn, Münzen und Medaillen, S. 134. Die Originalmaße sind 35 x 25 mm.
Nachweise
- Kdm. Kr. Holzminden, S. 357 (A, B).
- Neukirch, Adelskultur, S. 124, Abb. 38 (A, B).
- Kat. Kultur und Geschichte, Nr. 128, S. 40 (ohne Inschriften) – Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 144 (nur Abb.).
Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 113 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0011306.
Kommentar
In der 1784 zerstörten Braunschweiger St. Johannis-Kapelle, die zu dem Prioratshof des Deutschen Ordens gehörte, den Fritz von der Schulenburg (1518–1589) 1567 zur Hälfte gekauft hatte, befanden sich drei Grabdenkmäler für den dort beigesetzten Mann. Zu diesen gehörte ein nur kopial überliefertes hölzernes Epitaph von Ebert Wolf für Fritz von der Schulenburg und seine Frau Ilse von Saldern, dessen Mittelteil aus drei hochrechteckigen Gemälden des aus Antwerpen stammenden Braunschweiger Malers Floris van der Mürtel (gest. 1609) bestand. Rechts und links neben einer Kreuzigungsszene waren die beiden Verstorbenen stehend in Lebensgröße dargestellt.7) Bei diesen Gemälden dürfte es sich um das vorliegende und sein Gegenstück handeln, die beide mit überproportional langen Beinen auf Untersicht hin angefertigt wurden.8) Das Grabmal wird beim Abbruch der St. Johannis-Kapelle zerstört worden sein. Das herausgelöste Gemälde wird in diesem Zusammenhang den heutigen Rahmen mit der darauf angebrachten, für das Epitaph nicht überlieferten Inschrift9) erhalten haben.
Im Aufbau parallele Werke mit zwei Ganz- bzw. Dreiviertelbildnissen, die eine zentrale biblische Szene flankieren, sind die wohl ebenfalls von Ebert Wolf stammenden Epitaphien für Achaz von Veltheim (gest. 1588) in Harbke (östlich von Helmstedt in Sachsen-Anhalt) und Ludolf Klencke (gest. 1588) in Schlüsselburg (Petershagen im Kreis Minden), die mit Ilse von Salderns Schwestern Margarethe (1545–1615) und Sophie (1546–1620) verheiratet waren.10) Die Leichenpredigt, die 105 adelige Teilnehmer an dem Begräbnis des in seinem Pfandschloß Vienenburg gestorbenen Fritz von der Schulenburg auflistet, verfaßte der bedeutende lutherische Theologe und (von 1587 bis 1593/94) Stadtsuperintendent von Braunschweig, Polycarp Leyser (1552–1610).11)
Joachim II. (1505–1571), der Stifter der Medaille mit der Umschrift C, war seit 1535 Kurfürst von Brandenburg. Sein Sohn Sigismund (1538–1566), der die Medaille mit der Umschrift D prägen ließ, war seit 1552 Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt.12) Die rhombenförmige Medaille mit der Inschrift E, die im Original etwas schmaler ist, wurde 1582 oder 1583 gegossen. Sie zeigt den bereits älteren Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (1528–1589) gemeinsam mit seiner Frau Hedwig von Brandenburg (1540–1602), der Tochter des Kurfürsten Joachim II.13) Mit den drei identifizierbaren Medaillen will Fritz von der Schulenburg, dessen Vorfahren und Brüder in der Altmark begütert waren, auch die enge Beziehung zu den brandenburgischen Kurfürsten hervorheben.