Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 83: Landkreis Holzminden (2012)
Nr. 99 Ottenstein, Liebfrauen 1586 od. später
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Grabplatte für August von Steinberg. Grauer Sandstein. Zeitweise im Kirchenschiff, heute in die Turmwand der seit 1601 errichteten Kirche eingelassen neben Nr. 98 und 100; wahrscheinlich lagen oder standen sie zuvor im Vorgängerbau, einer Kapelle.1) Die Inschrift A umlaufend um den Stein, erhaben in vertiefter Zeile gehauen, die über die Zeile hinausreichenden Ober- und Unterlängen der Buchstaben in Kontur. Die Inschrift ist an der oberen Seite durch eine Wappentafel unterbrochen; auf dieser die beiden Elternwappen des Verstorbenen, gehalten von einem stehenden Putto. Im Innenfeld ist der Verstorbene stehend in Rüstung dargestellt, Helm und Handschuhe zu seinen Füßen. Rechts und links von ihm je sieben Wappen mit den Beischriften B; die Wappen der rechten Seite sind gewendet. Die Künstlersignatur des Ebert Wolf d. J. (C) vor dem linken Fuß des Verstorbenen. Inschriften B und C eingehauen. Die Inschrift weist Interpunktionszeichen (Punkte, Komma) auf der Grundlinie auf.
Maße: H.: 221 cm; B.: 103 cm; Bu.: 4,7 cm (A), 1,5 cm (B), 2,3 cm (C).
Schriftart(en): Fraktur (A), Kapitalis (B, C).
- A
An(n)o · Do//minj 15/86 . den 3 Martij morgens zwissche(n)a) 4 vnd 5 vhr(n)b) . ist der Edler vnd Ernuhesterc) / Augustusc) vo(n) Steinbergh . des Obe/rsten seliger Sohn, in Christo seliglich entslaffe(n) . des seelen Gott genedich sei .
- B
V(ON) HANSTEI(N) V(ON) BARVELDE V(ON) HARDENBERGE SALDERd) V(ON) HANSTEI(N) V(ON) GARSENB(VTTEL) V(ON) RVTENBERGE V(ON) REDEN V(ON) MESENBOG BARNER V(ON) RORINGEN V(ON) D(ER) SCH(V)LENB(VRG) V(ON) BODENHVSE(N) V(ON) HOLTE - C
EB(ERT) : W(OLF) .
Steinberg2) | Bortfeld9) |
Hanstein3) | Barvelde10) |
Hardenberg4) | Saldern11) |
Hanstein3) | Garssenbüttel12) |
Rautenberg5) | Reden13) |
Meysenbug6) | Barner14) |
Roringen7) | Schulenburg15) |
Bodenhausen8) | Holte16) |
Textkritischer Apparat
- zwissche(n)] Störung über dem e, daher fehlt vermutlich der bei entslaffe(n) gehauene Kürzungsstrich.
- vhr(n)] Über dem r ein Kürzungsstrich.
- Ernuhester, Augustus] u mit zwei darübergesetzten Strichen, bei Augustus nur die ersten beiden u.
- Der Arm des Dargestellten ragt in die Wappenzeile, daher fehlt das V(ON).
Anmerkungen
- Zum Kirchenbau vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 403 u. 404. Freist, Ottensteiner Chronik, S. 140f.
- Wappen Steinberg (steigender Steinbock), vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 121; Bd. 2, Tafel 305.
- Wappen Hanstein (drei Mondsicheln 2:1), gewendet. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 8 u. Tafel 9.
- Wappen Hardenberg (Eberkopf), gewendet. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 8 u. Tafel 9.
- Wappen Rautenberg (acht Rauten 5:3). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 102, Bd. 2, Tafel 253.
- Wappen Meysenbug (Vogelbein), gewendet. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 31 u. Tafel 33.
- Wappen Roringen (schrägrechtsliegender Pfeil), gewendet. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 135 u. Tafel 88.
- Wappen Bodenhausen (drei Mondsicheln 2:1), gewendet. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 4 u. Tafel 3.
- Wappen Bortfeld (zwei gekreuzte Lilienstäbe). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 18 u. Tafel 43.
- Wappen Barvelde (Hirschgeweih, unten mit abgerissenem Stück der Hirnschale); Lüneburger Adel. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 15: Anmerkung zum Artikel Berwalde.
- Wappen Saldern (Rose). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 50 u. Tafel 29.
- Wappen Garssenbüttel (gespalten, rechts ein halber Adler, links leer). Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 573 u. 602 (dort: links geteilt). Ebenso: Meding, Nachrichten, 2. Tl., S. 172f.
- Wappen Reden (dreimal geteilt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 319 u. Tafel 373.
- Wappen Barner (zwei gekreuzte Feuerhaken). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 11,2, S. 8, Tafel 7
- Wappen Schulenburg (drei Greifenklauen 2:1). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 9, Tafel 7.
- Wappen Holte (drei Flügel 2:1). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 11,2, S. 74, Tafel 50.
- Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), S. XXXIX u. Nr. 621 (1589), 624 (1589) u. 629 (1589). DI 58 (Stadt Hildesheim), Einleitung S. 65 u. 68 sowie Nr. 480 (1588) und 484 (wohl vor 1588).
- Vgl. bereits Findel, Bildhauerfamilie Wulff, S. 3 u. 17f.
- Behrens, Steinberg, S. 62. Freist, Ottensteiner Chronik, S. 12.
Nachweise
- Kdm. Kr. Holzminden, S. 409.
Addenda & Corrigenda (Stand: 05. Juli 2021):
Die Heirat von August von Steinberg und Ursula von Plato war im Jahr 1583, nicht 1573 (siehe letzter Absatz Kommentar).
Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 99 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0009905.
Kommentar
Die Urheberschaft des Ebert Wolf d. J. (1560/65–1609) aus Hildesheim, der sich auf der Platte als Bildhauer nennt (C, Abb. 111), wird augenfällig durch charakteristische Eigentümlichkeiten, von denen vor allem der Putto hervorzuheben ist, der wie bei der ähnlichen Grabplatte für die Mutter des Verstorbenen (Nr. 98) die Elternwappen hält. Putten spielen auch bei drei nach 1588 bzw. 1589 in Hildesheim und Braunschweig aufgestellten Epitaphien und Grabplatten des Ebert Wolf eine große Rolle. Charakteristisch ist auch die – hier schrägliegende – Fraktur der Inschrift A mit ihren aufwendig gestalteten Versalien; auffallend sind zudem die zwei schmalen Striche über dem u und die kleinen Dreiecke am Schaft l, h und b sowie dem langem s. Das A ist ausgeführt mit gebrochenem Mittelbalken und einem nach links ausgezogenen, nach unten gebogenen Deckbalken. Die in einer schrägliegenden Kapitalis ausgeführte Signatur (C), bei der der rechte Schrägschaft des W mit einer Schleife geziert ist, die über die beiden vorangehenden Buchstaben geführt wird, hat eine Entsprechung auf der Braunschweiger Grabplatte für Ludolph Schrader, bei der die Schleife von dem linken Schrägschaft des W ausgeht; dort ist die Kapitalis allerdings linksgeneigt. Das E der Kapitalis zeigt den für Ebert Wolf typischen langen, durch einen Sporn betonten unteren Balken.17) Die 6 ist mit eingerolltem Bogen gestaltet, der die gesamte Zeile ausfüllt. Es ist davon auszugehen, daß Adrian von Steinberg d. J., der Bruder und Nachfolger August von Steinbergs als Pfandinhaber von Ottenstein, den Auftrag für die offenbar zeitgleich entstandenen Grabplatten seines Bruders, ihrer Mutter und des Ernst Bickhaber (Nr. 100) erteilt hat. Die drei Platten gehören zu den frühesten Arbeiten des Ebert Wolf d. J.18)
August von Steinberg war seinem Vater, dem Obersten Adrian von Steinberg (1516–1582), als Pfandinhaber von Ottenstein nachgefolgt. Er war seit 1573 verheiratet mit Ursula von Plato, die 1623 in Magdeburg starb. Das Paar hatte keine Kinder. Mit seinem Bruder Adrian dem Jüngeren starb dieser Zweig der Steinbergs 1591 aus.19)