Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 83: Landkreis Holzminden (2012)
Nr. 98 Ottenstein, Liebfrauen 1586 od. später
Beschreibung
Grabplatte für Maria von Bortfeld, verheiratete von Steinberg. Grauer Sandstein. Die Grabplatte ist heute im Turm der nach 1601 errichteten Kirche neben zwei weiteren Platten (vgl. Nr. 99 u. 100) in die Wand eingelassen; wahrscheinlich lagen oder standen sie ursprünglich im Vorgängerbau, einer Kapelle.1) Inschrift A umlaufend um den Stein, erhaben in vertiefter Zeile; die über die Zeile hinausreichenden Ober- und Unterlängen der Buchstaben in Kontur. Die Inschrift ist an der oberen Seite durch ein Wappenfeld unterbrochen, unten rechts und unten links zwei Schadstellen. Im Innenfeld ist die Verstorbene in einer Rollwerkarkade stehend dargestellt. Sie steht unter dem genannten Wappenfeld, in dem die beiden Elternwappen (ohne Beischriften) von einem knienden Putto gehalten werden. Links und rechts der Verstorbenen innerhalb von Beschlagwerkornamenten je drei Wappen mit den eingehauenen Beischriften B. Die Inschrift weist Interpunktionszeichen (Kommata, Punkt) auf der Grundlinie auf.
Maße: H.: 221 cm; B.: 107,5 cm; Bu.: 4,8 cm (A), 1,6 cm (B).
Schriftart(en): Fraktur mit schrägliegender Kapitalis (A), Kapitalis (B).
- A
ANNO // DOMI/NI · 1568 · den 16 DECEMB(RIS) ist die Edle vnd vieltugentsamea) Frauw[e M]aria geb/orn vo(n) Bortffelt, des Oberste(n) Adr[i]a(n) / vo(n) Steinbergh Ehliche huisfrauwea), in Christo seliglich entslaffen . d(er) seele gott g(nade)
- B
VON . SAL/DER VON . GARS/ENBVTTEL VON . RE/DEN DIE . BAR/NER VON . DER SC/HVLENBORG VON . HOL/TE
Bortfeld2) | Barvelde6) |
Saldern3) | Garssenbüttel7) |
Reden4) | Barner8) |
Schulenburg5) | Holte9) |
Textkritischer Apparat
- Über den u zwei Striche.
Anmerkungen
- Zum Kirchenbau vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 403 u. 404. Freist, Ottensteiner Chronik, S. 140f.
- Wappen Bortfeld (zwei gekreuzte Lilienstäbe). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 18 u. Tafel 43.
- Wappen Saldern (Rose). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 50 u. Tafel 29.
- Wappen Reden (dreimal geteilt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 319 u. Tafel 373.
- Wappen Schulenburg (drei Greifenklauen 2:1). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 9, Tafel 7.
- Wappen Barvelde (Hirschgeweih, unten mit abgerissenem Stück der Hirnschale); Lüneburger Adel. Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 6, S. 15: Anmerkung zum Artikel Berwalde!
- Wappen Garssenbüttel (gespalten, rechts ein halber Adler, links leer). Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 573 u. 602 (dort: links geteilt). Ebenso: Meding, Nachrichten, 2. Tl., S. 172f.
- Wappen Barner (zwei gekreuzte Feuerhaken). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 11,2, S. 8.
- Wappen Holte (drei Flügel 2:1). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 11,2, S. 74, Tafel 50.
- Zu den Eigentümlichkeiten der Schrift bei Ebert Wolf d. J. vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), S. XXXIX u. Nr. 629; DI 58 (Stadt Hildesheim), Einleitung S. 65 u. 68 sowie Nr. 480 (1588) und 484 (wohl vor 1588).
- Vgl. bereits Findel, Bildhauerfamilie Wulff, S. 3 u. 17f. Findel nimmt einen Auftrag des August von Steinberg kurz vor dessen Tod an.
- Behrens, Steinberg, S. 62. Vgl. die Wappenbeischriften auf der Grabplatte ihres Sohnes August: Nr. 99.
- Freist, Ottensteiner Chronik, S. 12. Samse, Zentralverwaltung, S. 27, 30, 252. Angermann, Georg von Holle, bes. S. 213–219, aber auch S. 50, 100, 106, 128, 151, 157, 203f., 221, 235 u. 247. Behrens, Steinberg, S. 60f.
- Vgl. Mithoff, Kdm. Göttingen und Grubenhagen, S. 116.
- Vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 602.
Nachweise
- Kdm. Kr. Holzminden, S. 408f.
Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 98 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0009805.
Kommentar
Die Ausführung der Grabplatte ähnelt derjenigen für den Sohn der Verstorbenen, August von Steinberg, die der Hildesheimer Bildhauer Ebert Wolf d. J. (1560/65–1609) angefertigt hat. Für einen Werkstattzusammenhang sprechen der Putto als Wappenhalter und die Frakturschrift der Inschrift A mit den charakteristischen Versalien. Werkstattypisch sind zudem die zwei schmalen Striche über dem u, kleine Dreiecke an den Schäften von l, h und b sowie des langen s. Bei der schrägliegenden Kapitalis fallen als Eigenheiten auf die Häkchen am oberen Bogenende von C, G und S, das E mit einem kurzen Mittelbalken und langem unteren Balken, der zusätzlich durch einen Sporn betont wird.10) An den schrägliegenden Ziffern ist bemerkenswert der hochangesetzte Bogen der 5, bei der 6 füllt der eingerollte Bogenanteil die ganze Zeile aus. Auch die 1 und die als Schlaufe gestaltete 8 entsprechen den Ziffern auf der von Ebert Wolf signierten Grabplatte für den Sohn August von Steinberg; vgl. Nr. 99. Diese Indizien lassen es als sicher erscheinen, daß die vorliegende Grabplatte erst nach dem Tod des August von Steinberg im Jahr 1586 von der Familie in Auftrag gegeben wurde.11)
Maria von Bortfeld, Tochter von Aschwin von Bortfeld und einer geborenen Barvelde,12) war die Ehefrau von Adrian von Steinberg (1516–1582), der wie sein Freund Georg von Holle (vgl. Nr. 71) seit den 1540er Jahren einer der großen Kriegsobersten, vor allem im dänischen und sächsischen Dienst, war. Wie Holle und Fritz von der Schulenburg in Hehlen (vgl. Nr. 67 u. ö.) als Söldnerführer reich geworden, war Adrian von Steinberg seit 1563 Pfandinhaber des Amtes Ottenstein und seit 1569 Rat des Herzogs Julius.13) Er selbst ist begraben in der Kirche des von ihm ausgebauten Besitzes Imbshausen (Stadt Northeim).14)
Auf dem Epitaph der 1586 in Braunschweig unverheiratet gestorbenen Armgard von Bortfeld entsprechen die vier Ahnenwappen der väterlichen Seite den vier großelterlichen Wappen der Maria von Bortfeld (Bortfeld – Barvelde – Saldern – Garssenbüttel).15)