Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 88 Hehlen, Schloß 1579

Beschreibung

Fries über dem südwestlichen Tor. Stein. Inschrift A im linken, Inschrift B im rechten Teil des Frieses, dazwischen eine leere, von zwei Blättern flankierte rechteckige Tafel. Im Giebelfeld darüber ein rechteckiges Feld mit zwei Vollwappen, gerahmt von vegetabil ornamentierten Pilastern und Feldern sowie einem geflügelten Engelskopf im Giebel. Die Inschriften sind erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt.

Maße: H.: ca. 500 cm; B.: ca. 480 cm; Bu.: ca. 6–10 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Julia Zech) [1/3]

  1. A

    FRITSE · VAN · DER · SCH/VLENBVRGa) · ALBRECH · S(ELIGEN) · / SONE ·

  2. B

    JLSE · VAN · SALDER · FRIT/SEN · VANb) · D(ER) · SCHVLENBV/(R)Ga)b) · E(HELIGE) · HVSFRAWE · 1579

Wappen:
Schulenburg1)Saldern2)

Kommentar

Bemerkenswert ist das wie R erscheinende B in SCHVLENBVRG (A, B), das durch die Abschneidung des unteren Bogenabschnitts entsteht. In Inschrift B finden sich zwei retrograde N sowie I-longa in Versalposition bei JLSE; die 1 ist ebenfalls als I-longa gestaltet, das untere Schaftende ist eingerollt.

Die Inschrift zeigt den Beginn der fünfjährigen Bauphase des Schlosses an, von der die spätere Gedenkinschrift für Fritz von der Schulenburg berichtet; vgl. Nr. 144 (C). Am 28. November 1564 hatte Herzog Heinrich d. J. seinem Rat die Erlaubnis zum Bau eines festen Hauses erteilt. Zwar gab es bereits 1568 einen Wohnhoff und adelige(n) Sitz in Hehlen,3) das eigentliche Gebew, Schlosz, Graben4) entstand aber erst ab 1579 in fünf Jahren.5) Vorbilder für den Bau wird man bei fürstlichen Schlössern, vor allem aber bei den Adelsburgen Westfalens suchen müssen. Stilistisch steht das Wasserschloß Hehlen als Vierflügelanlage mit spärlichen Schmuckformen, die sich vor allem auf die Portale beschränken, zwischen jenen und den Hochformen der Weserrenaissance, wie sie in Bevern oder Hämelschenburg verwirklicht sind. In seiner wehrhaften Gestalt drückt es den Anspruch seines kriegserfahrenen Erbauers auf Macht und Ansehen kongenial aus.6) Hinzu dürfte das Bestreben kommen, eine gewisse Unabhängigkeit vom Landesherren zu erlangen und zu demonstrieren, wozu nicht zuletzt die Erfahrung der zahlreichen Konflikte beigetragen haben wird, welche die Saldernsche Familie mit Herzog Julius austrug. Heinrich von Saldern (vgl. Nr. 86), der Schwager Fritz von der Schulenburgs, baute mit der stilistisch verwandten Anlage des Schlosses Henneckenrode (Lkr. Hildesheim) ebenfalls ein immer noch wehrhaftes „festes Haus“.7)

Textkritischer Apparat

  1. SCHVLENBVRG, SCHVLENBV(R)G] Der untere Bogenabschnitt des B ist abgeschnitten, so daß der Eindruck eines R mit geschwungener Cauda entsteht; R sonst aber mit gerader Cauda.
  2. VAN, SCHVLENBV(R)G] N retrograd.

Anmerkungen

  1. Wappen Schulenburg (quadriert, 1 u. 4 drei Greifenklauen 2:1, 2 u. 3 schreitender Ochse). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 15 u. Tafel 17.
  2. Wappen Saldern (Rose). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 50 u. Tafel 29.
  3. Lent, Hehlen, S. 10f.
  4. Vgl. Nr. 144 (C).
  5. So auch Lent, Hehlen, S. 11. Kreft/Soenke, Weserrenaissance, Beischriften zu Abb. 74–78. Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 148.
  6. Vgl. Neukirch, Adelskultur, S. 123. Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 147–150. Allgemein: Borggrefe, „Die vom Adel“, S. 10 u. 16. Hufschmidt, „Von uraltem Adel“, S. 38.
  7. Vgl. Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 151f. Zu Henneckenrode vgl. Neukirch, Adelskultur, S. 129f. u. 141.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 351.
  2. Neukirch, Adelskultur, S. 149 (Abb. 57).
  3. Hufschmidt, Ilse von Saldern, S. 148 (ohne Inschrift).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 88 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0008808.