Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 34 Ammensen, Kirche 15. Jh., 17. Jh.

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Über Standring und Zarge ein Sechspaßfuß, auf dem ein sichtlich späteres Kruzifix in frühbarocken Formen aufgenietet ist. Am Kreuz der Titulus A auf einem Schriftband, erhaben in vertiefter Zeile gegossen. Rechts und links neben dem Kreuz eine Meistermarke (M2) sowie das Einbecker Beschauzeichen.1) Auf den sechsseitigen Schaftstücken unterhalb des stark abgeflachten Nodus Inschrift B (eine Seite ist mit einem vegetabilen Ornament gefüllt), oberhalb des Nodus Inschrift C. Beide Inschriften sind glatt vor schraffiertem Hintergrund graviert. Der Nodus ist mit Maßwerk geschmückt, an den Rotuli später angebrachte geflügelte Engelsköpfe. Die schlichte Kuppa ist schalenförmig.

Maße: H.: 19 cm; Dm.: 14 cm (Fuß), 11,3 cm (Kuppa); Bu.: 0,3 cm (A), 0,9 cm (B, C).

Schriftart(en): Kapitalis (A), gotische Minuskel (B, C) mit Versal (C).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/2]

  1. A

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)2)

  2. B

    maria

  3. C

    J h e s v s

Kommentar

Die gotische Minuskel auf den Schaftstücken läßt sich als Goldschmiedeminuskel des 15. Jahrhunderts charakterisieren, an der vor allem die vor das untere Schaftende gelegten Quadrangeln auffallen, die einen plastischen Eindruck erzeugen. Neben Schaft-s mit Fahne tritt am Wortende ein rundes s mit durchgezogenem Abschlußstrich.

Die Schaftstücke, vermutlich auch der Fuß und möglicherweise der Nodus wurden bei der Umgestaltung zu einem Gemeindekelch nach der Reformation wiederverwendet; das Kruzifix, die Engelsköpfe und die Kuppa wurden hinzugefügt. Das Meisterzeichen ist, wie das hier vorliegende Einbecker Beschauzeichen, nur durch diesen Kelch belegt. Alle bekannten Einbecker Meister wirkten erst im 18. und 19. Jahrhundert (frühester Beleg 1698).3)

Anmerkungen

  1. Die gestempelte Meistermarke HH rechts, das Einbecker Beschauzeichen (E mit Krone) links des Kreuzstammes; vgl. Scheffler, Goldschmiede, Bd. 1, S. 295 (einziger Beleg). Abb. der Meistermarke auch: Kdm. Kr. Gandersheim, S. 478, Tafel XXI, Nr. 8; Steinacker liest aus dem Meisterzeichen I-H; ebd., S. 421.
  2. Io. 19,19.
  3. Vgl. Scheffler, Goldschmiede, Bd. 1, S. 292–296, bes. S. 295.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Gandersheim, S. 421.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 34 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0003400.