Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 24 Holzminden, Durchgang des Torhauses Katzensprung 1. H. 15. Jh.

Beschreibung

Doppelter Kreuzstein. Roter Sandstein. Der Stein wurde zeitweise im Stadthaus aufbewahrt und später im Durchgang des Torhauses am Katzensprung angebracht, in dem sich früher das Stadtmuseum befand.1) Die Platte zeigt auf der Vorderseite in den oberen beiden Dritteln in vertieft ausgehauenen Feldern nebeneinander zwei symmetrische nasenbesetzte Scheibenkreuze auf Bogensockeln. Neben dem Kreuzesstamm außen jeweils eine Pflugschar, innen ein Sech (Pflugmesser, vgl. Nr. 23) in gespiegelter Anbringung. Außen rechts, in der Mitte zwischen den Feldern und außen links Stege mit den eingehauenen, von oben nach unten laufenden, heute stark verwitterten Inschriften A–C. Die obere Rahmenleiste ist abgeschlagen, offenbar mit weiterem Inschriftenverlust; das ursprünglich eingegrabene untere Drittel der Vorderseite ist glatt. Auf der Rückseite des Steins zwei heute nicht zugängliche Scheibenkreuze in gleicher Anordnung, nur schlichter in der Ausführung und ohne Nasen.2)

Maße: H.: 131 cm; B.: 99,5 cm; Bu.: 4,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/1]

  1. A

    [svi.]a) [sifr](idus) [fil](iu)sb) d(i)ct(us)c) scapers +

  2. B

    R(equiescat) in pace ame(n)d) +

  3. C

    [hic uicerse in alta]e) pace +

Übersetzung:

... Sohn Siegfried, genannt Schapers. (A)

Er ruhe in Frieden, Amen. (B)

... zu Wickensen3) (?) in tiefem Frieden. (C)

Kommentar

Die schwer zu lesenden Inschriften zeigen ein doppelstöckiges a, bei dem der linke Teil des oberen gebrochenen Bogens nicht ganz geschlossen ist. Neben Schaft-s im Wortinneren tritt ein rundes s mit zwei senkrechten Bogenabschnitten am Wortende (fil(iu)s, scapers) und am Anfang von sifr(idus). Das Schaft-r zeigt eine Fahne in Form eines großen Quadrangels; e ist mit einem offenen gebrochenen Bogen ausgeführt, dessen oberster Teil fast waagerecht ist, der Balken ist zu einem Strich reduziert. Das p hat einen großen gebrochenen Bogen, der oben offen ist. Der Versal R ist mit gewölbter Cauda, die am Bogen ansetzt, ausgeführt und, wie das runde s, mit Anstrichen versehen. Es wurden auffallend viele Kürzungszeichen verwendet, zumeist in Form von an die Buchstaben angesetzten Bögen und Häkchen, wie bei sifr(idus) und fil(iu)s.

Der Stein wurde möglicherweise für den gewaltsamen Tod von zwei Personen aufgestellt.

Textkritischer Apparat

  1. [svi.]] Lesung unsicher; am Ende ein Kürzungszeichen?
  2. [sifr](idus) [fil](iu)s] Lesung unsicher; r mit bogenförmigen Kürzungszeichen an der Fahne, l mit Kürzungszeichen in Form von zwei Häkchen.
  3. d(i)ct(us)] Kdm. erwägen det oder der.
  4. ame(n)] Am Ende Kürzungszeichen in Form einer 9? Oder ein ornamental gestrecktes N mit lang ausgezogenem, waagerechten Balken?
  5. [hic uicerse in alta]] Lesung unsicher.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 82. Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 199.
  2. Zur Rückseite vgl. Kdm. Kr. Holzminden, S. 82.
  3. Der Ortsname Wickensen ist bisher zuerst im frühen 16. Jahrhundert (1510) belegt; vgl. Casemir/Ohainski, Ortsnamen Lkr. Holzminden, S. 218f.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 82.
  2. Kreuzsteine und Steinkreuze, S. 199f.
  3. Ruhlender, Denksteine3, S. 163 (mit Abb.); ders., Denksteine4, S. 218 (mit Abb.).
  4. Görlich, Kreuzsteine, S. 29.
  5. Müller, Scheibenkreuzstein II, S. 13 (Abb. 4).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 24 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0002404.