Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 21† Kirchbrak, St. Michaelis 1447

Beschreibung

Glocke. Inschrift umlaufend. Am Glockenmantel auf der einen Seite der Gekreuzigte, an der anderen Maria mit dem Kind. Die Glocke ist am 19. November 1751 geborsten und wurde umgegossen.1)

Inschrift nach Kdm. und Corpus bonorum.

  1. Mester didreck me fecit mccccxlviia) ante Michaelis2)O rex gloriae veni cum pace amenb) St. Maria

Übersetzung:

Meister Dietrich hat mich 1447 am Tag vor Michaelis gemacht. Oh König der Ehre, komm mit Frieden! Amen. Heilige Maria.

Kommentar

Das Gebet O rex glorie veni cum pace ist bereits auf einer im Jahr 1200 gegossenen Glocke in St. Martin am Ybbsfeld (Niederösterreich) angebracht worden. Es wurde zu der wohl häufigsten Glockeninschrift. Das Gebet leitet sich aus dem liturgischen Formular der Kirchweihe her, die der Glockensegnung nahe steht, da beide liturgische Handlungen dem Bischof vorbehalten waren. Rex glorie wird in Ps. 23,7–10 als Ehrentitel Gottes gebraucht und ist zusammen mit anderen Elementen dieses Psalms in eine Wechselrede zwischen Bischof und Diakon eingegangen, die beim Einzug des Bischofs während der Kirchweihe gesprochen wurde.3) Diese Wechselrede endet mit dem bischöflichen Friedenswunsch nach Lc. 10,5: Pax huic domui, ‚Friede sei diesem Haus‘. Das Gebet O rex gloriae leitet auch den mittelalterlichen Wettersegen gegen Blitze (Benedictio contra fulgura) ein.4)

Meister Dietrich hat 1459 noch eine Glocke für Hohnsen bei Coppenbrügge mit fast der gleichen Inschrift gegossen.5)

Textkritischer Apparat

  1. mccccxlvii] So Kdm. in Anpassung an die vorauszusetzende Minuskelschrift; M CCCC XLVII Corpus bonorum. Auf der 1459 für Hohnsen gegossenen Glocke verwendet der Meister die gotische Minuskel auch bei den Zahlzeichen; wie Anm. 5.
  2. amen] Verbesserung durch Steinacker in Kdm.; nomen Corpus bonorum.

Anmerkungen

  1. Vgl. LkAW, Corpus bonorum von Kirchbrak (1751), S. 50. Danach Kdm. Kr. Holzminden, S. 309.
  2. 28. September.
  3. Zum Text vgl. Steffens, Kirchweihe und Glockensegnung, S. 42–45. Siehe auch Poettgen, Theologie früher Glockeninschriften, S. 75f. Die Ausführungen zur Textgeschichte folgen dem Kommentar von Christine Wulf zu einer Glocke in Nettlingen von 1302, in: DI 88 (Lkr. Hildesheim; in Vorbereitung).
  4. Vgl. Franz, Die kirchlichen Benediktionen, Bd. 2, S. 87.
  5. Vgl. Mithoff, Kdm. Calenberg, S. 102. Kdm. Lkr. Hameln-Pyrmont, S. 314f.

Nachweise

  1. LkAW, Corpus bonorum von Kirchbrak (1751), S. 49.
  2. Kdm. Kr. Holzminden, S. 309 (nach Corpus bonorum).
  3. Hölscher, Kirche und Pastoren, S. 22.

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 21† (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0002103.