Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 15 Kemnade, Klosterkirche St. Marien 1400–1410

Beschreibung

Marienfigur. Dolomitgestein. Die Madonna steht im nördlichen Querhaus auf einer achteckigen Konsole vor einer geborstenen Säule; unter der Konsole die einander zugewandten Büsten des Stifterpaares. Der Abschluß der Säule besteht aus zwei, eine Krone haltenden Putten. Die erhaben ausgeführte Inschrift ist auf der Krone angebracht.

Maße: H.: 159 cm; Bu.: 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/2]

  1. ghegroteta) sist tu mariab)1)

Kommentar

Die Inschrift auf der Krone ist die erste ausgeprägte gotische Minuskel im Bestand. Die eindeutig fehlerhafte Lesung dieser Inschrift als ave mater beatae mariae (Gegrüßt seist du, Mutter der heiligen Maria) hat Hermann Braun die nicht haltbare Behauptung aufstellen lassen, daß vor der Säule ursprünglich eine Skulptur der heiligen Anna gestanden habe.2)

Die künstlerisch hoch bewertete Madonna gehört mit großer Wahrscheinlichkeit in den Zusammenhang des Ausbaus der Grabkapelle der Homburger um oder bald nach 1400. Bei den Stifterfiguren unter der Konsole dürfte es sich um Porträts des Siegfried von Homburg und seiner Frau handeln, deren Grabtumba ursprünglich in der Mitte des nördlichen Querhauses stand; vgl. Nr. 14. Der Bildhauer wird, wie derjenige der Tumba und der Stifterfiguren, neuerdings der niederländischen Schule zugeschrieben, und sein Werk der Zeit um 1400.3) Die Madonna wurde im 15. Jahrhundert zeitweise als wundertätiges Bild verehrt.4)

Textkritischer Apparat

  1. ghegrotet] ghegroset Kdm. Kr. Holzminden.
  2. ave mater beatae mariae Kdm. Bodenwerder/Pegestorf.

Anmerkungen

  1. Mariengebet nach Lk. 1,28.
  2. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 55f. Als „Annensäule“ danach auch bei Karrenbrock, Steinskulptur, S. 168.
  3. Vgl. Karrenbrock, Steinskulptur, S. 168. Kat. Die Parler, S. 228.
  4. Vgl. Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 193.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 385f. mit Tafel XIII.
  2. Reitemeyer, Kulturgeschichtsbild, S. 192f. (ohne Inschrift).
  3. Kdm. Bodenwerder/Pegestorf, S. 55f. mit Tafel 99 u. 100.
  4. Bode, Bodenwerder, S. 44 (nur Abb.).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 15 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0001505.