Inschriftenkatalog: Landkreis Holzminden

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 83: Landkreis Holzminden (2012)

Nr. 10 Amelungsborn, Kloster 2. H. 14. od. 15. Jh.

Beschreibung

Türstock. Holz. Die Inschriften A und B sind auf den Ständern eines spitzbogigen gotischen Türstocks am Zugang zum heutigen Kapitelsaal im sogenannten „Stein“ angebracht. Oberhalb des Bogenansatzes auf den Ständern je drei durch ein verschlungenes Band verbundene runde Medaillons. In dem untersten links sind nach dem Euklidischen Modell sieben, einander überlappende Kreise (einer zentral) des halben Durchmessers eingeschrieben, so daß sich ein Muster von Hexagrammen ergibt. In dem rechten Gegenstück ein Pentagramm, in dessen Mitte ein kleineres eingeschrieben ist. Die beiden mittleren Medaillons sind angefüllt mit einem Muster von Fischblasen und Kugeln, die jeweils in zwei größeren und zwei kleineren Kreisen gegenläufig angeordnet sind; die großen Kugeln bilden ein Dreieck. In den obersten Medaillons vertieft geschnitzte Inschriften, auf dem linken Ständer Inschrift A, die dunkel gefaßte Inschrift B auf dem rechten. Über der durch ein Linienornament eingefaßten Türöffnung im stark durch Holzwurm zerstörten Bogenfeld des Sturzes rechts und links von einem (heraldisch) rechtsgeneigten Wappenschild die Reste der geschnitzten Inschrift C. Am Fuß der Ständer zwei weitere Medaillons, links mit einem dreizehn-, rechts mit einem achtzackigen Stern.

Maße: Bu.: ca. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Meike Willing) [1/2]

  1. A

    ih(esu)s

  2. B

    m(a)ri(a)a)

  3. C

    [...]b) // [viii]c)

Wappen:
Kloster Amelungsborn?1)

Kommentar

Der sogenannte „Stein,“ ein auf drei Seiten mit Hausteinen ummantelter Fachwerkbau auf einem älteren Bruchsteinkeller, stammt in der jetzigen Form aus dem frühen 16. Jahrhundert;2) er diente ursprünglich als Konversenquartier, dann als Lebensmittelspeicher.3) Der Türrahmen dürfte aus einem Vorgängerbau übernommen sein. Angesichts der Verwendung der gotischen Minuskel für die Inschriften ist deren Entstehung nicht vor 1350 anzusetzen. Inschrift C könnte der Rest einer Jahreszahl sein.

Die geometrisch gestalteten Ornamente in den Medaillons könnten, über die für die Gotik typische Freude an solchen Schmuckformen hinaus, zumindest teilweise die Funktion einer Schadensabwehr (so das Pentagramm)4) haben. Göhmann zufolge erinnern die Ornamente an Initialen aus der heute in Wolfenbüttel befindlichen Amelungsborner Bibel; demnach symbolisieren die Sterne Maria und die Herkunft Jesu aus dem Stamm Jakobs.5)

Textkritischer Apparat

  1. m(a)ri(a)] So auch Kdm. Befund: fünf Schäfte, über dem vierten ein Punkt und danach ein Kürzungshaken. Die Lesart i(esus) n(azarenus) r(ex) i(udaeorum) ist demnach nicht sehr wahrscheinlich.
  2. Befund: ein Schaft zu erkennen, danach Platz für zwei oder drei Schäfte.
  3. Zu erkennen nur unter Beleuchtung von unten; sehr deutlich sind zwei lange Schäfte. Ein mögliches x vor viii ist äußerst zweifelhaft.

Anmerkungen

  1. Wappen Kloster Amelungsborn? Zu erkennen ist ein Abtsstab, der möglicherweise mit einem zweiten gekreuzt ist. Amelungsborn führte die gekreuzten Krummstäbe bereits im 13. Jahrhundert als Klosterwappen, das mehrmals an Gebäuden angebracht wurde; vgl. Mahrenholz, Spiegel, S. 8, Anm. 4.
  2. Nach einem dendrochronologischen Gutachten von 1994 wurde das für eine Stütze in einem angrenzenden Raum verwendete Holz zwischen 1508 und 1522 gefällt; vgl. Gomolka, Gutachten, S. 3.
  3. Vgl. Göhmann, 850 Jahre, S. 91f.
  4. Vgl. LCI Bd. 3, Sp. 392f.
  5. Vgl. Göhmann, 850 Jahre, S. 92.

Nachweise

  1. Kdm. Kr. Holzminden, S. 143 (mit Abb. 87, S. 144) (nur A, B).

Zitierhinweis:
DI 83, Landkreis Holzminden, Nr. 10 (Jörg H. Lampe und Meike Willing), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di083g015k0001000.