Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)
Nr. 288 Neukirchen (Haunetal), Evangelische Kirche E. 16.–1. Dek. 17. Jh.
Beschreibung
Grabkreuzstein. Die Platte aus rotem Sandstein ist im Boden des Langhauses auf der Südseite eingelassen. Der beschnittene und geglättete Stein zeigt noch vor einem geschroteten Hintergrund ein lateinisches Kreuz über einer geglätteten Fläche mit einer noch vierzeiligen Inschrift. Die Personendaten der Rückseite sind nicht erreichbar.1)
Maße: H. 58, B. 56, Bu. 3,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
APOCALYP(SIS) 2 [– – –] / DAS SAGT DER ER[STE] / VND DER LETZTE D[ER] / TODT WAR VND IS[T] / [LEBENDIG GEWORDEN]2)
Anmerkungen
- Die Deutung als Gruftplatte bei Sabo widerspricht dem Typus einer Platte mit Kreuz und Leichtext.
- Offb 2,8.
- Zum kalvinistischen Schwenk in Hessen-Kassel vgl. Menk, Zweite Reformation und ders., Konfessionalisierung sowie Menk/Kümmel, Einführung. Azzola machte die neue Konfessionspolitik verantwortlich für die Dezimierung des traditionellen Denkmalbestandes mit Kreuzverzierungen. Eine Moritz zugeschriebene Streitschrift gegen Johannes Vietor benennt die verbotenen Darstellungen nicht konkret genug, vgl. Kümmel, Ikonoklast 24–29 u. dieselbe, in: Moritz der Gelehrte 95: „3. Bilder so zur verehrung vnd anbetung dienen oder dazu occasion vnd anlaß geben können“. Wenig Einfluß wird der Umgang des hessischen Landgrafenhauses mit seinen eigenen Denkmälern auf das Land gehabt haben, vgl. Lehmann, Reformierter Bildersturm.
- Vgl. mit weiterer Literatur Menk, Zweite Reformation 170 f.; auch ders., Hersfelder Widerstände.
- Vgl. Nr. 280 und Einleitung Kap. 5.2.
Nachweise
- Azzola, Drei Grabsteine 44 m. Abb.
- „Unbekannte Person, um 1600, Neukirchen“, in: Grabdenkmäler <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1068> (Stand: 3. 7. 2006, Bearb. Otto Volk, HLGL).
- Sabo, Buchonia 361, 478 (Abb.).
- Azzola/Azzola/Schmidt, Grab-Kreuzsteine, Ms. S. 353 f.
Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 288 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0028802.
Kommentar
Das vorliegende Mal gehört zu einem in der Niedergrafschaft langsam verschwindenden Typus von kreuzverzierten Denkmalen, da dieser Typ mit der Reformation des Landgrafen Moritz in den sogenannten Verbesserungspunkten von 1605 unter die inkriminierten Darstellungen und damit verbotenen Bilder gerechnet werden konnte. Das langsame Verschwinden des Typs ist wohl eher auf ein Ausweichen als auf strenge Normierung zurückzuführen;3) außerdem muß man in verschiedenen Gegenden Niederhessens, vor allem an der Werra, damit rechnen, daß sich die Ablehnung der zweiten Reformation auch in konkretem Ungehorsam äußerte.4)
Mit diesem Datierungsansatz, den man freilich nicht aufs Jahr genau hinnehmen darf, stimmt die Beobachtung zur Schrift überein, denn das spitze kapitale A mit Deckbalken verschwindet ebenfalls in der ersten Dekade des 17. Jahrhunderts aus dem Bestand.5)