Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)
Nr. 260 Bad Hersfeld, Museum, aus Stiftskirche/Stiftsruine (?), aus Ev. Stadtkirche o. Friedhof (?) 1601 (o. 1607?)
Beschreibung
Grabstein der Else Kleinschmidt. Die Platte aus rotem Sandstein steht im obersten Stockwerk des Museums und wurde von Herrn Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur, zur Kenntnis gebracht; seine Autopsie und Fotodokumentation liegen hier zugrunde. Das Mal ist beidseitig bearbeitet, stand also frei im Boden, was auch an der groben Bossierung des unteren Viertels zu erkennen ist. Es zeigt auf der Vorderseite eine oben ausgekerbte Nische mit Kruzifix links, vor dem rechts eine Frau kniet. Man erkennt trotz der starken Abwitterung noch langes Haar, primitiv gestalteten Faltenwurf, den Übergang zum Vordergrund und unter dem Kreuz noch Reste abgegangener Darstellung. Die Rückseite ist lediglich mit einer siebenzeiligen Inschrift ohne weiteres Beiwerk beschriftet. Oberfläche abgewittert und vom Rand und unten her Ausbrüche. Ein unspezifischer Worttrenner.
Maße: H. 74, B. 32, Bu. ca. 3 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
ALHIE RAVWET / ELS KLEINSCH/MIDTENa) DIE IST / IN GOTT SEELICH / ENTSCHLAFFEN / A(NNO) ∙ D(OMINI) 160[1]b) / DEN 28 IVNIc)
Textkritischer Apparat
- Irritierende Beschädigungen bei den Buchstaben LE, ggf. infolge einer Korrektur.
- Nach der 0 scheinbar ein großer Abstand zur Füllung der Zeile bis zu einem Schaft, der als 1 gedeutet werden kann. Auch die Ergänzung zu einer 7 ohne das künstliche Spatium erscheint möglich, aber weniger wahrscheinlich.
- Einer Lesung IVL]II vorzuziehen, da N hier gegenüber allen anderen zwar schmal ist, aber doch den Ansatz eines Schrägschafts erkennen läßt.
Anmerkungen
- Vgl. Gundlach, Zentralbehörden III 130.
- Etwa zu 1639, HStA Marburg, Best. 17e, Nr. Hersfeld 145, siehe auch Demme, Nachrichten II 45. Die Familie ist übrigens bei den jüngeren Grabplatten der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts reich vertreten. Schultheiß 1639 bis 1666, vgl. Witzel, Hersfeld 302 nach Ziegler, Territorium 177 ff.
- Kirchenbuch Hersfeld 1/1611.
Nachweise
- Azzola/Azzola/Schmidt, Grab-Kreuzsteine, Ms. S. 347 f.
Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 260 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0026004.
Kommentar
Die Verteilung der Schrift ist nicht gleichmäßig. Es überwiegen schmal gestaltete Buchstaben.
Kleinschmidts standen nicht nur in landgräflichen Diensten,1) ein Johann Kleinschmidt war, wenn auch deutlich später, Stadtschultheiß in Hersfeld.2) Die verstorbene Else Kleinschmidt dürfte noch unverheiratet gewesen sein; ihr Verwandtschaftsverhältnis zum Schultheißen ließ sich auch nicht annähernd bestimmen; nach Kleinschmidts ersten Karriereschritten mutet das Fehlen entsprechender Angaben befremdend an. Die Größe und Ausstattung des Mals weisen allerdings auf einen älteren Kindergrabstein hin. Daraus und aus dem folgenden ergibt sich ein neuer Zusammenhang, da gemäß dem 1611 einsetzenden Kirchenbuch von Hersfeld ein Hans Kleinschmidt am 18. März 1627, eine Tochter des Henn Kleinschmidt am 21. Februar 1628 und die Ehefrau des Henn Kleinschmidt am 18. April 1611 starben.3) Das paßt zum Todestag der Else Kleinschmidt, die eine unverheiratete Tochter des vorgenannten Ehepaares gewesen sein muß, in der ersten Dekade des 17. Jahrhunderts.