Inschriftenkatalog: Landkreis Hersfeld-Rotenburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 91: Hersfeld-Rotenburg (2015)
Nr. 221 Wehrda (Haunetal), Evangelische Kirche 1590
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Epitaph für Veronika von Thüngen. Das dreiteilige Denkmal aus rotem Sandstein steht heute an der Westwand des Chores. Vor einer mit Beschlagwerk verzierten Rundbogennische kniet die Verstorbene nach links gewendet vor einem Kreuz. Auf den rahmenden Pilastern sind jeweils vier Allianzwappen angebracht. In dem mit zwei Löwenköpfen und Rollwerk geschmückten Sockel ist das Grabgedicht in zwei Spalten angebracht, die durch einen senkrechten Strich getrennt und dadurch kenntlich gemacht sind; auf der linken Seite ist eine rudimentäre Interpunktion zu erkennen. Nach oben wird das Denkmal von einem mit Löwenköpfen und Blüten verzierten Aufsatz abgeschlossen. Der Sockel weist in der rechten Hälfte einen senkrechten Riß auf; die Fugen des Nischenbildes sind klar erkennbar.
Maße: H. 233, B. 149, Bu. 3,2 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
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Versmaß: Deutsche Reimverse.
Datum: Datum: 25. September 1590.2)
auf dem linkem Pilaster: | Thüngen3); Berg gen. Schrimpf |
Truchseß von Pommersfelden4); Raueneck5) | |
Sützel von Mergentheim6); Reitzenstein oder Stein von Ostheim(?)7) | |
Bibra8); Liechtenstein9). | |
auf dem rechten Pilaster: | Thüngen; Grumbach |
Voit von Rieneck10); (Grafen von) Wolfstein11) | |
Rüd von Collenberg12); Hutten13) | |
Truchseß von Wetzhausen14); Schaumberg15). |
Textkritischer Apparat
- Beim R fehlt die Cauda.
- Sic!
Anmerkungen
- Markt Burgsinn, Landkreis Main-Spessart, Bayern.
- Hier muß trotz des Heiligentags der Alte Stil vorausgesetzt werden, woraus sich der 25. September ergibt, nicht wie nach dem neuen Stil 28. September 1590. Ein Tag Abweichung zur auf der Grabplatte gelesenen Ziffer 6 ist tolerabel. Außerdem zeigt der Liedtext auf der Grabplatte protestantischen Einfluß.
- In Silber ein (hier) 5mal im Wellenschnitt golden-rot gespaltener Balken, vgl. Siebmacher 1, Taf. 100 (6mal gespalten, bzw. in Silber ein goldener Balken, belegt mit drei ausgebogenen roten Pfählen); vgl. auch Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch 124 mit Taf. 2, I, 1.
- In Silber ein blauer, golden gekrönter Löwe, von zwei roten Leisten (ggf. auch Balken) überdeckt, vgl. Siebmacher 1, Taf. 101; Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, 154 mit Taf 40, I, 1, hier gewendet.
- In Silber ein grüner Schrägbalken, vgl. Siebmacher 2, Taf. 77; Siebmacher, Thüringen 104 mit Taf. 82, hier gewendet.
- Von Schwarz und Silber schräggeteilt, vgl. Siebmacher 2, Taf. 74; Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch Taf. 225 mit Taf. 10, III, 5.
- Hier hat Schmidt Stein von Ostheim (Schrägbalken = Siebmacher 1, Taf. 103) statt Reitzenstein (Schrägbalken = Siebmacher 1, Taf. 102; Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch 188 mit Taf. 11, I, 5). Die Wappen unterscheiden sich nur in den Farben, die Version Stein bei Siebmacher stimmt nicht mit Wappen von fränkischen Grabmälern überein, da dort auch ein geöffneter Flug, die Richtung des Balkens dort auch zumeist schrägrechts.
- In Gold ein schwarzer Biber mit geschupptem Schwanz, vgl. Siebmacher 1, Taf. 100; Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch 211 mit Taf. 50, I, 5, hier gewendet.
- Von Rot und Silber im Zackenschnitt (Spitzenschnitt) geviert, hier schräggeviert, vgl. Siebmacher 1, Taf. 100; Siebmacher, Bayern 44 mit Taf. 45.
- In Rot ein schreitender silberner Widder, vgl. Siebmacher 1, Taf. 103; Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch 124 mit Taf. 48, I, 2, hier gewendet.
- In Gold zwei rote schreitende Löwen, vgl. Siebmacher 1, Taf. 19; 6, Taf. 12; Siebmacher, Bayern, Abgestorbene 1, 63, Taf. 63.
- In Rot nach links ein silberner Rüdenrumpf mit goldener Zunge und goldenem oder schwarzem (Stachel)-Halsband, vgl. Siebmacher 1, Taf. 124; Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch 211 mit Taf. 49, III, 3.
- Zwei Schrägbalken, hier anders als Siebmacher 1, Taf. 100 und Siebmacher, Bayern 41 mit Taf. 39 schrägrechts, hier also gewendet.
- In Gold zwei in zwei Reihen silbern-rot geschachte Balken, vgl. Siebmacher 1, Taf. 101; Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch 209 mit Taf. 7, II, 1.
- Geviert: 1./4. Schaumberg (von Silber, Rot und Blau halbgespalten und geteilt, Farben wechselnd); 2./3. Sonneberg (gespalten von schwarzer Schafschere in Silber und rotem Sparren in Silber), vgl. Siebmacher 1, Taf. 100, hier gewendet. Nach Siebmacher, Bayern 55 mit Taf. 58 die Schere im 1. Platz, das Bild stamme von dem † fränk. Geschlecht von der Deck / ebd. der Hinweis, daß Schaumberg in 1 und 4 stehen müßte.
- Thüngen, Freiherrn von Thüngen I 348 f. und Tafeln; Biedermann, Geschlechtsreg. Rhön und Werra, Taf. CCI, führt Veronika nicht auf und nennt als Gattin Bernhards Anna Fuchs von Dornheim.
Nachweise
- Sturm, Bau- und Kunstdenkmale des Fuldaer Landes II 437.
- „Veronika von Thüngen (Epitaph) 1590, Wehrda“, in: Grabdenkmäler <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/1054> (Stand: 7. 12. 2006, Bearb. Andreas Schmidt, HLGL).
Addenda & Corrigenda (Stand: 17. Oktober 2022):
Hinweis zum Kommentar: Zum Hersteller ist festzuhalten, dass Übereinstimmungen in der Modellierung des Gesichts, in der Haartracht und der Kompositkapitelle zum Denkmal des Philipp Konrad von Viermund von 1596 festgestellt wurden, das von dem Kasseler Bildhauer Andreas Herber signiert ist, vgl. Sonja Herrmann, Das Epitaph für Philipp Konrad von Viermund von 1596 im Paderborner Stadtmuseum. Ein bislang unbekanntes Werk des Kasseler Bildhauers Andreas Herber, in: Westfälische Zeitschrift 169 (2019), 235‒255, hier 242. Obwohl Übereinstimmungen der Schrift des Thüngen-Denkmals zu Produktionen Herbers in der Umgebung (Nr. 217), etwa beim leicht nach rechts geneigten A und bei der kurzen Cauda des G, festzustellen sind, raten die wenig gleichmäßigen und eher schlanken Buchstaben beim Denkmal Thüngen zur Vorsicht bei der Zuschreibung.
Zitierhinweis:
DI 91, Hersfeld-Rotenburg, Nr. 221 (Sebastian Scholz und Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di091mz14k0022101.
Kommentar
Die stark gedrängte Schrift läßt neben spitzem A ein leicht trapezförmiges erkennen, das zudem leicht nach rechts geneigt ist; beim G steht eine gedrungene Cauda eingestellt auf einem dünnen Bogenende. Hierin stimmt die Schrift mit jener der Grabplatte so auffällig überein, daß leichte Unterschiede im Duktus nicht ins Gewicht fallen und von einem identischen Hersteller auszugehen ist.
Veronika war die Tochter des 1575 verstorbenen Bernhard von Thüngen zu Burgsinn und der Anna von Thüngen.16) Zusammen mit dem Epitaph blieb auch die Grabplatte Veronikas erhalten (vorangehende Nr.). Ihre Konfession und die Gründe für ihr Begräbnis in der seinerzeit schon evangelischen Kirche von Wehrda liegen (noch!) im Dunkeln. Der hölzerne Kruzifixus könnte die Reparatur eines Bildersturms sein.